Der „ID.Buzz Cargo“ von VW im Praxistest

Der VW-Bus, häufig nur „Bulli” genannt, und die verschiedenen anderen Transportermodelle von VW erfreuen sich nach wie vor einer großen Fangemeinde – gerade bei Handwerkern und Gewerbetreibenden. Mit dem „ID.Buzz Cargo“ hat VW den ersten Kastenwagen als Stromer an den Start gebracht.

Wir haben den blauweißen Elektro-Bulli getestet und sind von der Optik begeistert. Doch wie bei vielen ­E-Transportern, auch anderer Hersteller, machen der Preis und die geringe Nutzlast Sorgen. 

Außen chic, innen hart

Der zehn Zoll große Touchscreen ist mittig montiert, was die Bedienung etwas erschwert Der Touchscreen im Innenraum ist rechts neben dem Lenkrad montiert, was die Bedienung des Bildschirms etwas erschwert
Foto: Michael Sudahl

Der Touchscreen im Innenraum ist rechts neben dem Lenkrad montiert, was die Bedienung des Bildschirms etwas erschwert
Foto: Michael Sudahl
Auf den ersten Blick sieht der „ID.Buzz Cargo“ schon schick aus, mit seinem tellergroßen ­Marken-Logo auf der Frontpartie, der zweifarbigen Lackierung und der kubischen Form. Dass er nicht zu knuffig wirkt, dafür sorgen die „IQ.Lights“ (LED-­Matrix-Scheinwerfer). Diese sind aber nicht ganz billig, sondern für einen Aufpreis von 1475,60 Euro (inkl. Mehrwertsteuer) zu haben, dafür aber inklusive Fahrlichtschaltung und Schlechtwetterlicht. Unser Testwagen, der in der Kurzversion daherrollt, ­erinnert gewollt an den VW-Bulli aus den 1950er Jahren. Ansonsten hat der Elektrotransporter aber wenig gemeinsam mit seinen Vorgängern –  außer die Innenraumhaptik, die nicht ganz zum Verkaufspreis passen will: Sie besteht aus hartem Kunststoff. Fahrer von VW-T-Modellen sind das aber ­gewohnt und wahrscheinlich wären für ein Arbeitsgerät wie den Transporter geschäumte Armaturen zu stoß- und kratzempfindlich.

Das Assistenzpaket lohnt sich

Das Cockpit des „ID.Buzz“ ist übersichtlich, hat zahlreiche Ablageflächen, Stecker fürs Handy sowie eine induktive Ladefunktion, die für einen Aufpreis eingebaut wird. Der zehn Zoll große Touchscreen im Cockpit ist mittig montiert, was die Bedienung etwas erschwert. Eine leichte Neigung des Bildschirms in Richtung des Fahrers wäre komfortabler. In der Basisversion ist eine Doppelsitzbank im „ID.Buzz Cargo“ montiert. Im Testwagen waren zwei Einzelsitze verschraubt, was Raum für eine abnehmbare Mittelkonsole schafft.


Foto: Michael Sudahl

Foto: Michael Sudahl
Praktisch ist das Assistenzpaket (1993,25 Euro Aufpreis) mit Spurwechselhilfe und automatischer Distanzregelung sowie Rückfahrkamera. Diese überträgt ein gestochen scharfes Bild – was bei der Cargo-Version auch nötig ist. Denn trotz Trennwand mit festem Fenster (Sonderausstattung) ist die Umsicht nach hinten – wie bei allen Kastenwagen – mäßig bis nicht vorhanden.

Der „ID.Buzz“ hört gut zu

Die zweite Schiebetür macht das Handling im Laderaum nutzerfreundlicher. Das Ladekabel ist hinter einer Klappe in der rechten Schiebetür-Schwelle versteckt Die zweite Schiebetür erleichtert das Handling im Laderaum. Das Ladekabel ist hinter einer Klappe unten in der rechten Schiebetür-Schwelle versteckt
Foto: Michael Sudahl

Die zweite Schiebetür erleichtert das Handling im Laderaum. Das Ladekabel ist hinter einer Klappe unten in der rechten Schiebetür-Schwelle versteckt
Foto: Michael Sudahl
Beeindruckend ist die gut funktionierende Sprachbedienung (226,10 Euro Mehrpreis). Das Radio, Navigationssystem und die Klimaanlage lassen sich mit Sätzen wie: „Innenraumtemperatur auf 22 Grad“ oder „Fahre nach München“ regeln. Auch die zweite Schiebetür links am Auto macht sich bezahlt. Das Handling im 3,9 m³ großen Laderaum wird dadurch nutzerfreundlicher. Zwei Euro-Paletten passen in den Laderaum, also die Hälfte dessen, was ältere VW-Transportermodelle aufnehmen können. Deren Ladevolumen reicht bis zu 6,8 m³. Für große Menschen ideal ist die hoch öffnende Heckklappe. Apropos Platz: Geschickt versteckt ist das Ladekabel hinter einer Klappe an der rechten Schiebetür-Schwelle – ein Ort, der immer gut zugänglich ist.

Beim Druck auf das Strompedal zieht der „ID.Buzz“ munter los. Der elektrische Antriebsstrang und seine Umgebung stammen aus dem Pool des „Modularen Elektro-Baukastens (MEB)“, aus dem sich auch die ­Pkw-Modelle ID.3, 4 und 5 von VW bedienen. Die Kraft für den Heckantrieb liefert die 150 kW (204 PS) starke Permanentmagnet-Synchronmaschine. Nach WLTP liegt der Verbrauch bei 21 kWh auf 100 km und schafft so eine Reichweite von 414 km in der Energieeffizienzklasse A+++. Geplant ist eine GTX-Variante mit Allradantrieb. Übersetzt wird von einer 1-Gang-Automatik. Die 310 Nm starke Maschine benötigt keine weiteren ­Gänge. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der E-Kastenwagen in zehn Sekunden, bei 145 km/h regelt der ­Antrieb ab, das dient vor allem dem ­Energiesparen.

Schnelle Ladezeiten

Der Lithium-Ionen-Akku des „ID.Buzz“ hat eine Kapazität von 77 kWh netto, wiegt eine halbe Tonne und liegt mittig und tief im Unterboden des VWs. Somit sinkt der Schwerpunkt und der „ID.Buzz“ liegt satt auf der ­Straße, das gelingt so keinem T-Modell. Mit 650 kg Nutz- und einer Tonne Anhängelast liegt der „ID.Buzz“ deutlich hinter konventionellen Transporter-Modellen von VW, die mit bis zu einer Tonne Nutzlast aufwarten.

Ordentlich ist die schnelle Ladezeit: An AC-Lade­stationen ist der Kastenwagen in sieben Stunden voll. An öffentlichen DC-Schnellladepunkten zieht der Cargo eine Leistung von 170 kW, im Praxistest lag die Ladedauer bei einer halben Stunde. 

Der Testwagen, der in der Kurzversion daherrollt, erinnert gewollt an den Ur-Bully aus den 1950-er Jahren Der „ID.Buzz Cargo“ weckt Erinnerungen an den ursprünglichen VW-Bulli aus den 1950er Jahren
Fotos: Michael Sudahl

Der „ID.Buzz Cargo“ weckt Erinnerungen an den ursprünglichen VW-Bulli aus den 1950er Jahren
Fotos: Michael Sudahl

Beim Rangieren überzeugt der Elektro-Transporter: Bei einer Länge von 4,71 m ist der Radstand fast 3 m lang. Somit liegt der Wendekreis bei schmalen 11 m – wie beim Golf. Am Ende zählt aber der Preis und der liegt beim Testwagen bei aktuell 68 147,73 Euro brutto zum Zeitpunkt des Praxistests. Viel Geld für ein Baustellenfahrzeug. Ob das den Imagegewinn durch die Hingucker-Optik aufwiegt, muss jeder Betrieb für sich entscheiden.

 

Autor

Michael Sudahl arbeitet als freier Journalist bei der Agentur „Der Medienberater Fromm Sudahl“ in Schorndorf und testet regelmäßig Nutzfahrzeuge für die Redaktionen dach+holzbau, bauhandwerk und metallbau.

Schnell-Check

Erster Eindruck: Die „ID.Buzz“-Optik überzeugt, der E-Bulli ist ein Hingucker und kann, mit dem eigenen Firmenlogo versehen, Aufmerksamkeit erzeugen.

Fahrgefühl: Die Fahrdynamik ist für einen Kastenwagen gut. Der E-Antrieb macht Spaß und zieht gut durch – trotz oder wegen der 1-Gang-Automatik. Der Hinterradantrieb wirkt ausgleichend, die Assistenzsysteme sorgen für Fahrkomfort.

Öko-Check: Der 150 kW-Motor (204 PS) des E-Bulli sorgt für eine A+++ CO2-Effizienz. Der Strom­verbrauch liegt laut WLTP bei 21 kWh/100 km, was eine Reichweite von 414 km ermöglicht. Von Vorteil ist das schnelle Tanken an DC-Schnellladepunkten von rund einer halben Stunde.

Hands-on: Mit 650 kg Nutz- und einer Tonne Anhängelast liegt der „ID.Buzz“ deutlich hinter anderen T-Modellen von VW. Das Ladevolumen des E-Transporters beträgt nur 3,9 m³. Die Stauraumbodenlänge von der ersten Sitzreihe bis zur Heckklappe beträgt 2,20 m, die Breite zwischen den Radkästen 1,23 m.

Was haften bleibt: Der E-Kastenwagen ist kleiner als andere Transportermodelle von VW. Die Form und ­Funktion sind jedoch gut aufeinander abgestimmt. Der „ID.Buzz Cargo“ wirkt stimmig, was nachdenklich stimmt, ist aber sein Preis.

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