Akkurat und scharfkantig: Neubau am Campus der Leuphana Uni in Lüneburg
Vier Baukörper erheben sich scharfkantig aus dem Erdboden, bekleidet sind sie mit Titanzink: Das ist das neue Zentralgebäude auf dem Campus der Leuphana-Universität in Lüneburg. Für aufwendige Details an der Fassade fanden Projektleiter, Fassadenbauer und Rheinzink gemeinsame Lösungen.
Das neue Zentralgebäude der Leuphana-Universität in Lüneburg steht mit seiner Titanzinkfassade im Kontrast zur übrigen Campusbebauung. Die besteht aus Backsteinbauten, die in den 1930er-Jahren als Kaserne errichtet wurden und heute als Universitätsgebäude genutzt werden. Das neue Zentralgebäude dient als Treffpunkt für Studierende, Professoren und Besucher. Das architektonische Konzept hat der US-amerikanische Architekt Daniel Libeskind zusammen mit Studierenden der Universität entwickelt. Libeskind war von 2007 bis 2016 als nebenberuflicher Professor an der Leuphana tätig. Er hat bereits das Konzept für das Jüdische Museum in Berlin entwickelt, das eine ähnliche Titanzinkfassade wie das Zentralgebäude in Lüneburg hat.
Jeder Bereich ein eigener Baukörper
Das Zentralgebäude hat eine Geschossfläche von rund 13 000 m². Darin befindet sich ein zweigeschossiges Studierendenzentrum, ein Seminarbereich, ein siebengeschossiges Forschungszentrum und das Libeskind-Auditorium. Jeder Bereich ist in einem der individuell geformten Baukörper untergebracht. Räume für Workshops und Seminare sowie ein Raum der Stille finden sich im Seminarzentrum.
Das Studierendenzentrum umfasst Arbeitszimmer, Büros und eine Cafeteria. Das Forschungszentrum bietet Labore und Arbeitsplätze für Professoren, Angestellte und Studierende. Das Libeskind-Auditorium, ein rechteckiger Saal mit geneigten Wänden und konvexem Dach, kann für Vorlesungen und Vorführungen genutzt werden.
Anspruchsvolle Details
Bekleidet ist das neue Zentralgebäude mit Titanzink. „Mit diesem Material haben wir bereits beim Jüdischen Museum in Berlin gute Erfahrungen gemacht“, sagt Matthias Reese, Projektleiter beim Architekturbüro RW+ aus Berlin. Zusammen mit dem Rheinzink-Innendienst, dem Außendienst und dem Handwerksbetrieb Blechtechnik Marco Pistorius entwickelten die Architekten konstruktive Lösungen für die zahlreichen Details.
Kaskadenartig abgeleitet
Ein Beispiel dafür ist die Ableitung des Regenwassers: Über Ablaufrinnen wird es kaskadenartig an der Außenseite der überhängenden oder steil geneigten Fassadenbekleidungen abgeleitet. Das Regenwasser läuft dabei oberhalb eines Fenstersturzes zu den Fensterseiten. Von dort läuft es senkrecht hinunter zum nächsten Fenstersturz, wird dort wieder zu beiden Seiten und nach unten abgeführt. Die Kaskade endet am Fuß der Fassade, wo eine verdeckt liegende, umlaufende Rinne das Regenwasser zur Versickerung auf das Universitätsgelände leitet.
Großrauten: geschnitten und gekantet
Die Fassade ist mit Titanzink-Großrauten bekleidet. „Das Material ist leicht formbar und die Rauten ließen sich gut an die Geometrie des Zentralgebäudes anpassen“, sagt Marco Pistorius, der die Fassadenbekleidung mit seinen Mitarbeitern erstellte. Die Großrauten produzierte Rheinzink als Parallelogramme nach den Vorgaben von Architekt Libeskind mit einer Bauhöhe von 500 mm und einer Baubreite von 1500 mm. „Wir haben die Rauten vor Ort geschnitten, gekantet und so verlegt, dass die Linien von Gebäudekante zu Gebäudekante durchlaufen“, sagt Pistorius, „die Startpunkte für die Verlegung der Rauten haben wir den Ansichtsplänen der Architekten entnommen.“ Diese Punkte liegen jeweils an den Gebäudekanten. Den Anfang und den Abschluss jeder Reihe bildet ein Eckprofil. Auf diese Weise entstanden akkurate Abschlüsse, die das Scharfkantige des Gebäudes betonen. Die Großrauten sind mit Edelstahlhaften und Haftleisten indirekt und von außen nicht sichtbar auf den Trapezblechen befestigt.
Die Großrauten sind auf folgendem Wandaufbau verlegt, von innen nach außen: Stahlbetonkonstruktion, Unterkonstruktion, Mineralwolldämmung, Abdichtung, Hinterlüftungsebene, Stahltrapezbleche. Eine besondere Herausforderung war für die Handwerker, dass die Fassade keine rechten Winkel hat. Die Fassade des Gebäudes ist im Eingangsbereich außerdem stark nach vorne geneigt (siehe Foto oben rechts). „An der geneigten Fassade mussten wir auf dem Gerüst fast im Liegen arbeiten“, sagt Pistorius.
Witterung erzeugt verschiedene Oberflächen
Die Fensterbänke und -laibungen bestehen aus Rheinzink-Tafelmaterial, das von Marco Pistorius und seinen Mitarbeitern vor Ort geschnitten und gekantet wurde. Dazu nutzten die Handwerker drei mobile Abktantmaschinen der Firmen Schechtl und Schröder.
Das verwendete Titanzink hat die Oberflächenqualität „prePatina walzblank“. Durch das Zusammenspiel von Regen und Kohlendioxid bildet das Material mit der Zeit eine schützende Patina. Dieser Prozess geschieht sehr langsam und gibt der Oberfläche ständig ein anderes Erscheinungsbild. Die unterschiedlich geneigten Fassadenflächen des Zentralgebäudes werden diesen Effekt noch verstärken. Dort, wo durch die nach vorn geneigte Fassade kein Wasser auf das Titanzink trifft, wird das Material blank bleiben. So entsteht eine vielfältige Oberfläche.
AutorBerthold Ruck ist Leiter der Anwendungstechnik und des Marketings bei der Rheinzink GmbH & Co. KG in Datteln.
Bautafel (Auswahl)
Bauherr Stiftungsuniversität Leuphana, Lüneburg, www.leuphana.de
Entwurf Prof. Daniel Libeskind, New York, www.libeskind.com/work
Ausführungsplanung und Objektüberwachung RW+ Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin, www.rwplus.de
Fassadenarbeiten Blechtechnik Marco Pistorius GmbH, Lichtentanne,