Zimmerei baut einen Keller aus Holz
Ökologische Holzhäuser baut Günther Wolff schon lange. Aber beim Keller gab es bislang keine Alternative zu Stahlbeton. Sein neuestes Projekt ist nun ein Holzkeller aus vorgefertigten Elementen, das macht das Bauen noch ökologischer und schneller. Allerdings kann nicht überall ein Holzkeller gebaut werden.
Als die Handwerker anrücken lüftet sich das Geheimnis. Die große weiße Folie wird an den Kran gehängt und weggezogen. Zum Vorschein kommt eine Bodenplatte, das Fundament. Aber nicht aus Beton. Zwei Tage zuvor wurden große Holzelemente in die vorbereitete Baugrube gesetzt und zusammengeschraubt. Heute werden die Wände gestellt und das Bauwerk bekommt einen Deckel, auch aus Holz. Am Abend soll der Holzkeller dann stehen. Das ist schon der zweite, der von der Staudenschreiner Holzbau GmbH aus Schwabmünchen bei Augsburg erbaut wird.
Holzwurm durch und durch
Auf die Frage, wie man denn darauf kommt, einen Keller aus Holz zu bauen, hat Geschäftsführer Günther Wolff zunächst einmal eine eher flapsige Antwort. „Ich bin ein Holzwurm durch und durch, ich würde am Liebsten alles in Holz bauen.“ Er grinst, denn er weiß natürlich, dass das Grenzen hat. Und aus seiner Sicht sind die dafür da, überwunden zu werden. Deshalb hat er auch vor einigen Jahren einen Auftrag angenommen, einen Schwimmteich aus Holz zu bauen. Von außen war der mit einer Synthese-Kautschukbahn abgedichtet, Wasser konnte so also nicht aus dem hölzernen Teich herausfließen. „Ich habe mir gedacht, was so rum funktioniert, funktioniert auch in die andere Richtung.“ Die Idee für einen Holzkeller war geboren. „Holz ist ein wunderbarer Werkstoff, er darf nur nicht dauerhaft nass werden oder feucht sein“, sagt Wolff. Die Abdichtung muss also stimmen, dann ließe sich alles in Holz bauen, so seine Überzeugung.
Der erste hölzerne Keller ließ aber dann doch fünf Jahre auf sich warten. So lange galt es Kompromisse zu finden, denn ein Keller aus Stahlbeton war Wolff wegen der schlechten Energiebilanz von Beton schon immer ein Dorn im Auge. „Die kurzfristige Lösung war für uns, Häuser ohne Keller zu bauen und wenn, dann nur mit Streifenfundamenten zu arbeiten“, sagt er. Im Frühjahr 2017 war es dann soweit. Er baute seiner Tochter ein Haus an einem Hanggrundstück und konnte so seine Idee das erste Mal umsetzen. Er errichtete mit seinem Betrieb – der sich auf das ökologische Bauen spezialisiert hat und jährlich etwa acht Holzhäuser baut – ein Holzhaus mit einem Holz-Wohnkeller mit rund 85 m² Grundfläche.
Bauen mit Brettsperrholz-Elementen
Zurück auf der Baustelle, kaum ist die Plane entfernt, die das Holz der Bodenplatte vor der Witterung geschützt hat, hängt auch schon das erste Wandelement am Haken, drei Meter breit, 2,40 m hoch. Das Brettsperrholz wurde bei Binder Holz industriell vorgefertigt. Das Material ist bekanntlich statisch hoch belastbar und ist in der mehrgeschossigen Holzbauweise nicht mehr wegzudenken. Bei dem Keller sind die Wände 12 Zentimeter stark, da wo es keine Druckbelastung gibt nur zehn Zentimeter. Wand- und Türöffnungen sind schon ausgefräst und auch Fräsungen für die Elektroinstallation sind möglich. „Die Vorfertigung solcher großen Holzelemente hat es uns erst möglich gemacht an den Bau eines Kellers zu denken“, sagt Günther Wolff. Dabei ist ein Kellerentwurf auch nichts anderes als der Entwurf eines Holzhauses. Nach Vorgaben des Statikers, der unter anderem den Erddruck berücksichtigen muss, wird am Computer geplant. Die Daten für den Abbund schickt der Handwerker danach zum Brettsperrholz-Hersteller und der produziert nach den statischen Berechnungen. Dann kommen die Bauteile just in time und millimetergenau zugeschnitten auf die Baustelle – in diesem Fall aus Österreich. „Ich hätte gerne mit einem lokalen Anbieter gearbeitet, aber Züblin-Timber aus Aichach wollte den Auftrag wegen Bedenken zu Regressansprüchen nicht annehmen (siehe auch Interview in der dach+holzbau 10/11.2017).
Lego für Große
Während das erste Holzelement mit einer Strebe fixiert wird, schwebt schon das zweite am Kranhaken ein und wird in einen drei Zentimeter tiefen Falz quer zum ersten gesetzt. Doch es scheint noch nicht zu passen. „Nochmal hoch“, ruft Zimmermann Uli Angele seinem Kollegen Bernd Holl zu, der den Kran bedient. Der fährt wenige Millimeter nach oben. Dann wird mit ein wenig Körpereinsatz gegen das Wandelement gedrückt und das rund 400 kg schwere Seitenteil abgesetzt. Angele setzt im Abstand von 40 cm große Scheibenkopfschrauben, die die Holzelemente schließlich aneinanderziehen und so fest miteinander verbinden. Dann werden die Seitenteile noch mit der Grundplatte verschraubt, die Schrauben versenkt, fertig Ein prüfender Blick und das obligatorische Befühlen der Verbindung folgt – alles passt. „Das ist wie Lego-Bauen für Erwachsene“, sagt Wolff, der diesen Vergleich noch ein paar Mal an diesem Tag heranzieht. Leichtfüßig bewegt sich der 59jährige auf der Baustelle, ist überall zur Stelle und freut sich über jede passende Verbindung – und alle passen. Die kindliche Freude über das Bauen ist ihm in seinen 30 Berufsjahren noch nicht abhanden gekommen. Es ist ein Spiel mit großen Bauklötzen, einem Kran und Bauarbeitern. Und er ist mitten drin.
Seit knapp 30 Jahren baut er Holzhäuser, inzwischen ist sein Betrieb so aufgestellt, dass er sämtliche Arbeiten anbieten kann. Vom Ausheben der Baugrube über die Verlegung von Sole-Leitungen für die spätere Heizungsanlage, bis hin zur Elektrik und dem Innenausbau. Auch die Außenanlage übernimmt der Betrieb.
Jetzt muss aber erst einmal der Keller gebaut werden und das geht fix. Innerhalb von vier Stunden stehen an diesem Tag die Seitenwände. Bis zum Abend werden auch die Deckenelemente auf dem Keller sitzen und die Baustelle kann regensicher gemacht werden. In den nächsten Tagen kommen dann noch die wichtigen Abdichtungsarbeiten. Unter dem Keller liegt großflächig eine EPDM-Abdichtungsbahn von Carlisle, ein Synthesekautschuk, also Gummi. Das Material wird gewöhnlich für Dachabdichtungen verwendet, aber auch für Schwimmteiche. Eine hohe Alterungsbeständigkeit und eine sehr hohe Reißfestigkeit zeichnen es aus. „Das ist quasi unzerstörbar“, sagt Wolff und unterstreicht seine Aussage mit einem kräftigen Zug an der elastischen, schwarzen Bahn. Das 1,5 mm dicke Material zeigt sich unbeeindruckt. „An den Hangseiten wird die Bahn im nächsten Schritt von außen mit einem Kontaktkleber an die Holzwände geklebt. Dann kommt nochmal eine druckfeste Perimeterdämmung für die erdberührten Bereiche und danach kann aufgeschüttet werden“, erklärt Wolff.
Umweltfreundlich, gesund und schnell
Für ein konventionell gebautes Haus sind lange Trocknungszeiten nicht so ein großes Problem, Holzhäuser allerdings werden viel schneller gebaut, der Einzug geht entsprechend schneller vonstatten. Bei einem Holzhaus rechnet Günther Wolff mit drei bis vier Monaten Bauzeit, vom Bauantrag bis zum Einzug.
Könnte ein Holzkeller also zukünftig Standard werden für das Bauen? Für Günther Wolff schon, für ihn passt der Werkstoff optimal in seine Philosophie, nur mit nachwachsenden Rohstoffen zu bauen. „Der Keller hat die CO2-Bilanz meiner Häuser immer verschlechtert“, sagt Wolff, der sich gelebte Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt. „Wir setzen hier nur etwa die Hälfte der Masse im Vergleich zu einem Betonkeller ein und das Material ist nachwachsend“, erklärt Wolff. Sprich, wenn der Holzkeller irgendwann einmal abgebaut werden sollte, könnte man die Teile wiederverwerten oder letztlich verbrennen und daraus wieder Energie gewinnen. Im Vergleich dazu ist die sogenannte graue Energie, also die Energie, die in einem Material steckt, bis es verbaut wird, bei Beton um ein vielfaches höher.
Experten rechnen gar vor, dass die Energiebilanz von Brettsperrholz positiv ist. Für die Produktion von einem Kubikmeter Brettsperrholz wird demnach 2,4 Kubikmeter Fichtenholz benötigt. Wird der Restholzanteil verbrannt und damit Energie gewonnen, wird der Energieverlust für die Produktion mehr als kompensiert. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die im Holzbau-Atlas zitiert wird. Herausgeber ist das Institut für internationale Architektur-Dokumentation in München.
Kein Holzkeller in Überschwemmungsgebieten
Gibt es auch Nachteile, die gegen den Bau eines Holzkellers sprechen? Nicht für den „Holzwurm“ Günther Wolff, der findet, dass auch der Endkundenpreis von 97 000 Euro für einen 170 m² großen Keller den Vergleich gegenüber einem Betonkeller nicht scheuen muss (bei 85 m2 Endkundenpreis 50 000 Euro). Eine Einschränkung muss er allerdings machen. „Wir können nur dort einen Holzkeller bauen, wo wir nicht mit aufsteigendem Grundwasser rechnen müssen. Ein Holzhaus mit Holzkeller würde schon bei einem Meter erhöhtem Grundwasserstand – zum Beispiel in Überschwemmungsgebieten – Auftrieb bekommen und aufschwimmen.“ In allen anderen Fällen baut Günther Wolff aber auf Holz.
AutorRüdiger Sinn ist Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Bau eines Effizienzhaus 40 Plus in Gablingen-Holzhausen in Brettsperrholz- /Holzrahmenbauweise mit Holzkeller
Wohnfläche 138 m²
Grundfläche Keller 170 m², davon Nutzfläche 97 m²
Fassade Lärche Natur
Keller, Holzbau, Außenarbeiten Staudenschreiner Holzbau GmbH, 86830 Schwabmünchen, www.staudenschreiner.de
U-Werte
Gebäudetechnik
Betonkeller trocknen langsam
Holz hat die Eigenschaft, Feuchtigkeit aufzunehmen und wieder abzugeben, muffiger Kellergeruch ist also ausgeschlossen, das Raumklima entsprechend gut, die Wände müssen auch nicht behandelt werden. Der Keller ist in wenigen Tagen fertiggestellt und sofort bezugsfertig. Betonkeller brauchen dagegen lange, bis sie vollends trocken sind. Das bestätigen auch ausgeprochene Beton-Kenner. Für den Bau eines Kellers aus WU-Beton („WU“ bezeichnet wasserundurchlässigen Beton) mit Decke rechnen die Experten vom Informationszentrum Beton (IZB) mit etwa zwei Wochen Bauzeit. Werden Beton-Fertigteile verwendet, sind es zwei bis drei Tage weniger.
Wird der Keller mit Ortbeton gebaut, der (vor Ort) flüssig in Schalungen eingebracht wird, braucht es allerdings Zeit, bis die Restfeuchte aus dem Keller entwichen ist und sich eine Ausgleichsfeuchte einstellt. Die Experten vom IZB empfehlen, diese beim Einzug zu berücksichtigen und erst nach etwa einem halben bis dreiviertel Jahr die Wände zu verputzen, zu tapezieren oder einen Teppich zu verlegen, je nach Umgebungsfeuchte. Man muss also wissen, dass der Keller erst nach einer gewissen Zeit in vollem Umfang bewohnbar ist. Ein Beton-Fertigteil-Keller hat hier allerdings Vorteile.