Feuchtigkeit kontrolliert abführen
Altbauten sind undicht und doch gibt es keine GebäudeschädenIn unserer Serie „Bauphysik“ beleuchten wir Baumängel, Ursachen und zeigen, wie man Fehler vermeidet. In Teil 4 beschäftigen wir uns mit der Frage, warum in alten, luftdurchlässigen Gebäuden oft keine Feuchteschäden enstehen – und wie man sie bei Neubauten vermeidet.
Bei älteren Gebäuden, kann Wasserdampf meist über eine Vielzahl an großen und direkten Leckagen zügig nach außen entweichen. Aufgund der starken Durchströmung mit warmer Luft erwärmen sich auch die Durchströmungswege (man spricht von Wärmeleckagen). Die Hintergründe für dieses Phänomen sind vor allem Art, Größe und Verteilung der Leckagen in der luftdichten Gebäudehülle.
Hinzu kommt, dass sich die Luftdurchströmung auf eine große Anzahl an Leckagen verteilt, was die punktuelle Feuchtebelastung reduziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei Tauwasser entsteht, ist gering.
Moderne Gebäude reagieren sensibler
Heutzutage hat sich die luftdichte Bauweise durchgesetzt. In der Baupraxis lassen sich Leckagen jedoch oft nicht ganz ausschließen. Durch die weitestgehend luftdichte Ausführung konzentriert sich die Luftdurchströmung aber auf wenige, kleine Leckagen.
Gefache werden voll mit Wärmedämmung ausgefüllt und außen mit einer Winddichtung abgedeckt. Dadurch muss die Luft unter Umständen lange und verwinkelte Wege zurücklegen, die nach außen hin zunehmend kälter werden. Hier ist die Gefahr, dass Kondensat entsteht, deutlich höher als bei großen, direkten Öffnungen. Man spricht dann von Feuchteleckagen. Das bedeutet, dass moderne, weitestgehend luftdichte Gebäude sensibler auf einzelne Leckagen reagieren als alte Gebäude mit siebartiger Luftdichtung.
Nun könnte man natürlich auf die Idee kommen, Gebäude wie früher so luftdurchlässig zu bauen, dass keine Feuchteschäden durch Tauwasser entstehen. In solchen zugigen Häusern möchte jedoch niemand wohnen. Heute gibt es andere Maßstäbe und Erwartungen an Behaglichkeit und Energieeinsparung und im Übrigen auch baurechtliche Anforderungen (EnEV, Regeln der Technik), die das luftdichte Bauen verbindlich erfordern. Es macht aber natürlich Sinn, einen Luftaustausch zu ermöglichen, um Feuchtigkeit nach außen abzuführen. Dann aber nicht unkontrolliert durch die Gebäudehülle, sondern kontrolliert durch lüftungstechnische Maßnahmen wie geplante Luftdurchlässe oder Lüftungsgeräte – idealerweise mit Wärmerückgewinnung. Zusätzliche Sicherheit bieten „feuchtetolerante“ Aufbauten und Materialien. Materialien wie Lehmputze und Holzfaserwerkstoffe als Innenraumdämmung und -oberflächen sind sorptionsfähig: Sie können Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben.
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AutorStefan Hückstädt ist Anwendungstechniker bei Pro Clima in Schwetzingen.