Vernünftig durchdacht
Als Dachhandwerker oder Zimmermann sind Sie vor allem eines: Profi auf dem Dach. Bei der Installation von PV-Anlagen sollten Sie sich darüber hinaus theoretisches und praktisches Wissen aneignen. Der Bericht stellt einen Leitfaden zum Einstieg in die Solarbranche dar.
Rationell bedeutet im eigentlichen Sinne: zweckmäßig, effektiv, vernünftig. Das Wort Montage, aus dem Französischen stammend, meint den Zusammenbau vorproduzierter Teile vor Ort. Eine rationelle Montage im Bereich der Photovoltaik ist demnach das vernünftige, durchdachte und sichere Aufbauen einer Anlage vor Ort beim Kunden. Um rationell montieren zu können, benötigt man neben handwerklichem Geschick vor allem eine sehr gute Planung. Das beginnt schon bei der Auswahl des geeigneten Montagesystemherstellers – bei den derzeit rund hundert verschiedenen Anbietern von Montagesystemen am Markt kein leichtes Unterfangen.
Ein Vergleich der Montagesysteme lohnt sich
Auf Ziegeldächern werden Anlagen mit Dachankern oder Dachhaken befestigt, allgemein erhältlich in Edelstahl oder Aluminium. Mal verstellbar, mal fix. Fixe Anker sind etwas günstiger als variable Anker, bedeuten bei Unregelmäßigkeiten im Dach aber Mehrarbeit. Die Verwendung von Edelstahl kann je nach Anlagentyp und Bauort durchaus Vorteile haben. Im Aufdachbereich ist jedoch Aluminium zu empfehlen, was ähnlich stabil und korrosionsbeständig wie Edelstahl ist, zudem aber deutlich leichter. Mit Blick auf die Tragfähigkeit des Daches ist weniger Belastung mehr. Verzichten Sie auf jegliche Verwendung von verzinktem Stahl. Bei direkter Berührung mit Komponenten aus Aluminium, wie es üblicherweise die Modultrageschienen sind, kann es zu Kontaktkorrosion kommen. Auch die Holzbauschrauben sollten, da diese den Anker im Holzbalken des Daches befestigen, aus Edelstahl sein. Finger weg auch von Dachankern, die nur in die Dachlatten gehängt werden. Damit aufkommende Lasten ohne Ziegelbruch in die Sparren abgeleitet werden können, sollten Dachanker mit mindestens 3 bis 5 mm Abstand zum Ziegel verschraubt werden. Dachlattenanker hingegen bauen einen Kontakt zu umliegenden Ziegeln auf, der unter einer Last wie Schnee zum Ziegelbruch führen kann. Blechdächer-Befestigungen erfolgen je nach Profil wahlweise in die Dachunterkonstruktion oder direkt an der Dachhaut. Im Trapezblechbereich ist die Direktbefestigung bei dachparalleler Montage bereits seit Jahren üblich. Ob Nieten oder Schrauben, um eine langlebige Verbindung zu schaffen, achten Sie bei dieser Variante unbedingt auf die geforderte Stahlblechdicke des Herstellers.
Flachdachanlagen werden in der Regel aufgeständert. Konventionelle Systeme arbeiten hier mit Ballast oder Dachdurchdringung. Inzwischen gibt es aber auch Systeme die durch ihre besondere Bauweise mit weniger Auflast auskommen. Bei diesen neueren Systemen sind inzwischen sogar variable Neigungswinkel erhältlich.
Auch die Art der Modulklemmung kann entscheidend sein. Neben der weit verbreiteten Variante, die Mittel- und Endklemmen mit Inbusschraube und Hartplastikflügelmutter ins Schienenprofil einzubringen, gibt es Hersteller, die hier gänzlich ohne Kunststoff auskommen und ihr Schienenprofil einfach an das handelsübliche Hammerkopfschraubenprofil angepasst haben. Damit werden eine höhere Witterungsbeständigkeit und mehr Verbindungsmöglichkeiten geschaffen. Bestehen Sie auf vormontierten Mittel- und Endhalter. Das spart viel Zeit auf der Baustelle. So genannte Einlege- oder Einschiebsysteme, die ganz ohne Klemmwinkel auskommen, sind ebenfalls am Markt erhältlich. Deren Klemmbereich ist aber meist nicht für jeden Modultyp geeignet. Generell sind immer die Modulherstellerangaben zur Befestigung zu prüfen. Einige Module dürfen nur an der langen Seite geklemmt werden, andere ausschließlich in einem bestimmten Klemmbereich. Auf dem Datenblatt des Moduls müssen diese Angaben klar gekennzeichnet sein.
Montagefreundlichkeit wird immer wichtiger
Seit einiger Zeit haben die Systemhersteller auch verstärkt die Montagefreundlichkeit auf dem Schirm. So gibt es inzwischen immer mehr Gestelle, bei denen die Hauptkomponenten von der Sichtseite aus befestigt werden können. Die Schiene wird nicht mehr mit Hammerkopfschraube und Sperrzahnmutter von unten mit dem Dachanker verschraubt, sondern über eine Nut an der Schiene von oben mit einem Winkel auf den Dachanker geklemmt. Zubehör wie Schienenverbinder werden ebenfalls nicht mehr von unten angeschraubt, sondern können in das Schienenprofil eingeschoben werden. Nicht nur die Montagezeit lässt sich mit diesen Systemen deutlich verkürzen, auch das Arbeiten mit Handschuhen in kälteren Jahreszeiten verliert ein wenig seinen Schrecken. Bei der Planung setzen einige Hersteller in Bereich der Beratung auf Auslegungstools. Es ist hier aber dringendst anzuraten, die AGBs zum Punkt Reklamation und Haftung genau zu studieren. Andere Hersteller hingegen liefern dem Kunden stattdessen ab Werk ausgelegte, statisch berechnete Angebote. Auf Anfrage oft gern auch samt Dach-, Verlege- und Schaltplan. Egal, ob Sie Ihre Anlage selbst auslegen oder vom Lieferanten auslegen lassen, gerüstet mit diesen Angaben (siehe Infokasten) werden Sie schnell alle nötigen Pläne, Materialstücklisten und Preise in den Händen halten. Prüfen Sie sämtliche Unterlagen nochmals eingehend, bevor Sie den Auftrag erteilen (gibt es zum Beispiel Montagegänge für Wartungsarbeiten?). Auch sollten Sie darauf achten, dass die Module nicht über den Dehnungsfugen der Montageschienen, wo verstärkt Materialspannungen auftreten, geplant wurden. Das Generatorfeld sollte zum Schutz vor zu hohen Windlasten so positioniert sein, dass auf allen Seiten ein Mindestabstand von 1 m zum Dachrand gegeben ist. Auch der Hinweis, dass der Auslegung des Montagegestells die DIN 1055 – „Lastannahmen an Bauten“ – als Berechnungsgrundlage diente, darf nicht fehlen.
Arbeitssicherheit beachten
123 Arbeitsunfällen im Jahr 2010 meldete die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM). Die überwiegenden Ab- und Durchstürze, zwei davon tödlich, ereigneten sich bei Aufbau oder Wartung von Photovoltaikanlagen. Der Verband hat zum Thema „Gefährdungen bei der Montage von Photovoltaikanlagen“ eine Infobroschüre herausgegeben, sie ist downloadbar unter www.bg-etem.de.
Die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen
Fazit – Beratungsangebote und Schulungen
sind unerlässlich
Auch wenn das Gestell nur drei bis fünf Prozent der Gesamtkosten der Anlage ausmacht, es trägt die wichtigsten Komponenten, die Module. Und das soll es möglichst 20 bis 25 Jahre lang tun. Kunden werden in Zukunft immer zertifizierte Montagesysteme bevorzugen. Lassen Sie sich bei der Planung vom Lieferanten unterstützen und halten Sie sich strikt an die Vorgaben der Montageanleitung. Nutzen Sie die Hilfe und Beratungsangebote der Profis, besuchen Sie Fachtagungen und Schulungen, kurz: halten Sie sich auf dem Laufenden. Da sich der Stand der Technik in unserer noch jungen Branche auch mal schnell selbst überholt, ist regelmäßig fachliche Weiterbildung Pflicht.
Judith Engelmann hat bis Sommer letzten Jahres als Technische Fachwirtin und Produktmanagerin die Montagesystemabteilung bei der Firma FR Frankensolar GmbH geleitet.
Hinweis
Der veröffentlichte Fachartikel wurde bereits in der ηgreen
Solarteur® Special Ausgabe 1/2011 veröffentlicht und von der Zeitschrift dach+holzbau nachträglich redaktionell überarbeitet.
Wichtige Daten zur Planung des Montagegestells
Prüfen Sie den Bauort, die Höhe über NN (z.B. über Google Earth), die Schneelastzone, Windzone, Geländekategorie (auf den Seiten der DIN 1055, www.DIN1055.de), Gebäudehöhe, Gebäudemaße, Dachform, Dachmaße Eindeckung, Abstand Sparren/Pfetten, Dachneigung Modultyp (Maße, Gewicht) und die geplante Anzahl Module in einer Reihe / übereinander. Der Besuch auf dem Dach vor einer Montage bleibt aber Pflicht. Sichten Sie unbedingt den Zustand des Daches und der Dachhaut. Überprüfen Sie die Konstruktionsabstände, messen sie die Balkenstärke nach. Auch ein paar Bilder könnten spätere Fragen unter Umständen schneller beantworten.