Ungewöhnliches Bürogebäude mit flachen und steil geneigten Gründachflächen

Neubau für das Unternehmen Farming Agricola in der spanischen Region Tierra de Campos

Das Bürogebäude des Unternehmens Farming Agrícola in der spanischen Region Tierra de Campos verfügt über rund 1000 m² begrünte Dachflächen. Für die unterschiedlichen Dachneigungen kamen Zinco-Systemaufbauten zum Einsatz. So können Pflanzen gedeihen, die an das heiße Klima am Standort angepasst sind.

Die Firmengeschichte von Farming Agrícola beginnt in den 1980er Jahren, als Luis Delgado, Vater des heutigen Inhabers Juan Carlos Delgado, begann, die deutschen Landmaschinenmarken Krone und Amazone nach Spanien zu importieren und zu verkaufen. Weitere Marken kamen über die Jahrzehnte hinzu und heute gilt Farming Agrícola als eine der modernsten Firmen im Landwirtschaftssektor in Spanien und Portugal. Die Firmenzentrale des Unternehmens liegt 17 km von Palencia entfernt, im Herzen der nordspanischen Region Tierra de Campos (span. „Land der Felder“) in der autonomen Gemeinschaft Kastilien und León. Tierra de Campos war und ist die Kornkammer Spaniens, gekennzeichnet durch eine nahezu ebene und regenarme Landfläche. Auf dem 32 Hektar großen Firmengelände von Farming Agrícola sind die Bereiche Logistik, Technik und Vertrieb, ein Vorführbereich sowie ein neues Schulungszentrum untergebracht. Das eigene Personal, Händler und auch Landwirte sowie Studierende zu schulen, ist dem Unternehmen ein zentrales Anliegen. Zwischen den großen Lagerhallen von Farming Agrícola und den umgebenden Getreidefeldern erhebt sich das neue Bürogebäude, in dem sich die Verwaltung und das Management des Unternehmens befinden.

Dächer bis zum Boden

Architektonisch lässt sich das zweistöckige Bürogebäude der Kategorie „Nur-Dach-Haus“ zuordnen, da seine Dachflächen bis zum Boden reichen und senkrechte Seitenwände nur auf den beiden Stirnseiten existieren. Der langgezogene Baukörper ist zudem zweigeteilt – neben dem Hauptgebäude liegt seitlich ein kleinerer, einstöckiger Gebäudeteil (siehe Bild links). Eine lange Treppe führt vom Boden aus auf die Dachterrasse des eingeschossigen Gebäudeteils. In das Dach des Hauptgebäudes ist ein Balkon integriert, dafür wurde die Dachschräge als Stufe ausgebildet. Diese Freifläche ist vom Obergeschoss aus zugänglich. Passend zu den bodentiefen Glasfassaden des Gebäudes erhielten auch der Balkon und die Dachterrasse Glasgeländer. Das Glas lässt viel natürliches Licht in die Räume und schafft eine Verbindung zwischen Innen und Außen. Die großen Fenster sorgen für einen Panoramablick und gute Belüftung. 

Inmitten der Getreidefelder wächst das Bürogebäude von Farming Agrícola in Spanien förmlich aus dem Boden
Foto: Farming Agrícola

Inmitten der Getreidefelder wächst das Bürogebäude von Farming Agrícola in Spanien förmlich aus dem Boden
Foto: Farming Agrícola
Das offensichtlichste Verbindungselement zur umliegenden Natur ist die Dachbegrünung. Diese wirkt temperaturausgleichend – also kühlend im Sommer und wärmedämmend im Winter – und verlängert damit die Lebensdauer der Dachabdichtung. Außerdem filtert sie Staub und Schadstoffe und erhöht den Schallschutz.

Begrünt bis in die steilste Lage

Grundsätzlich sind Dachbegrünungen bis zu einer Dachneigung von rund 35° bei fachgerechter Planung und Ausführung immer möglich. Wenn es allerdings noch steiler wird, ist die Machbarkeit objektspezifisch exakt zu prüfen und weitere Maßnahmen hinsichtlich Schubabtragung und Erosionsschutz sind erforderlich. Die Dächer des Bürogebäudes von Farming Agrícola lassen sich in drei Teilflächen untergliedern: zunächst die 540 m² große Dachfläche mit 4° Neigung (Flachdach). Daneben gibt es eine 50 m² große Fläche mit 20° Neigung (Schrägdach) sowie insgesamt 420 m² Flächen mit 40 bis 45° Neigung (Steildach). Letztere stellten die größte technische Herausforderung bei der Begrünung dar. 

Schubabtragung und Erosionsschutz sind die wichtigsten Aspekte bei der Begrünung von Steildächern
Foto: Zinco GmbH

Schubabtragung und Erosionsschutz sind die wichtigsten Aspekte bei der Begrünung von Steildächern
Foto: Zinco GmbH
Gerade in den Steildachbereichen ist es wichtig, die extrem hohen Schubkräfte über stabile Widerlager sicher in die Dachkonstruktion abzuleiten. Zu diesem Zweck wurden die Dachränder ausreichend hoch und stabil ausgebildet sowie zusätzliche Schubschwellen innerhalb der einzelnen Dachflächen verankert. Die Höhe (etwa 30 cm) und Abstände der Schubschwellen zueinander (2,50 m und 4,35 m) sind infolge einer statischen Berechnung exakt auf die Schubkräfte ausgelegt. Um den Ablauf von Überschusswasser von den Dachflächen zu gewährleisten, sind die Schubschwellen über die gesamte Dachbreite von etwa 9 m in regelmäßigen Abständen unterbrochen. Diese Dachkonstruktion, einschließlich aller Schubschwellen, erhielt als erstes eine wurzelfeste, bituminöse Abdichtung und darauf eine Dämmung aus XPS-Dämmplatten. Dieser Umkehrdachaufbau erfordert nach oben wasserdurchlässige Schichten. Daher stellt die diffusionsoffene Trennlage „TGV 21“ von Zinco die erste Schicht im Begrünungsaufbau dar.

Stabil auf dem Steildach

Die Steildächer erhielten stabile, eingedichtete Schubschwellen, eine XPS-Wärmedämmung und  einen Gründachaufbau auf Basis von „Georaster“-Elementen
Foto: Zinco GmbH

Die Steildächer erhielten stabile, eingedichtete Schubschwellen, eine XPS-Wärmedämmung und  einen Gründachaufbau auf Basis von „Georaster“-Elementen
Foto: Zinco GmbH
Für die Lagesicherung ist nicht nur die beschriebene Unterkonstruktion mit Schubschwellen relevant, sondern auch der verwendete Gründachaufbau in der Fläche. In diesem Fall fiel die Wahl auf den Zinco-Systemaufbau „Begrüntes Steildach“ mit „Georaster“-Elementen. Die zusammensteckbaren, 54 x 54 cm großen Elemente aus Recycling-Kunststoff bilden nach dem Verlegen einen stabilen, flächigen Verbund, der Schubkräfte bis etwa 800 kg/lfm aufnehmen kann und das Substrat vor dem Abrutschen schützt. Dank des geringen Eigenvolumens der Elemente verbleibt ein vergleichsweise großer durchwurzelbarer Raum – das ist wichtig, denn je besser die Bepflanzung Wurzeln ausbilden kann, desto geringer ist die Erosionsgefahr.

Die Verlegearbeit startete am unteren Dachrand und setzte sich Reihe für Reihe nach oben fort. Die „Georaster“ wurden innerhalb der Begrenzungen durch die seitlichen Dachränder und die Schubschwellen sorgfältig eingepasst. Da die Elemente 10 cm hoch sind und mit Substrat zugedeckt werden, steht bei der anschließenden Bepflanzung genau diese Substrattiefe zur Verfügung. Die Systemerde „Dachgarten“ von Zinco wurde in Big Bags angeliefert, per Kran auf das Dach gehoben und von Hand in den „Georaster“-Elementen verteilt. Nach Verlegung einer Tröpfchenbewässerung war alles für die Bepflanzung vorbereitet.

Lösungen für jede Dachneigung

Auf den Dächern mit 20° Neigung kam ein Gründachaufbau von Zinco mit „Floraset FS 75“-Elementen (hinten) zum Einsatz, auf den Flachdächern wurden „Floradrain FD 25“-Elemente verlegt (vorne)
Foto: Zinco GmbH

Auf den Dächern mit 20° Neigung kam ein Gründachaufbau von Zinco mit „Floraset FS 75“-Elementen (hinten) zum Einsatz, auf den Flachdächern wurden „Floradrain FD 25“-Elemente verlegt (vorne)
Foto: Zinco GmbH
Da es bei diesem Objekt auch flachere Teilbereiche gibt, kamen weitere Zinco-Systemaufbauten zum Einsatz. Für das 20° geneigte Dach mit 50 m² Fläche wurde das System „Begrüntes Schrägdach“ mit „Floraset FS 75“ eingesetzt. Das Substrat fügt sich in die Vertiefungen der rund 75 mm hohen Dränelemente aus EPS-Hartschaum ein und verrutscht dadurch nicht. Der flächige Verbund der Elemente nimmt Schubkräfte auf und leitet sie in die Dachkonstruktion ab. Für das Flachdach mit 4° Neigung (420 m²) nutzte man den Zinco-Systemaufbau mit „Floradrain FD 25“-Elementen. Die 25 mm hohen Dränelemente aus Kunststoff erfüllen dank ihrer oberseitigen Mulden auch eine Wasserspeicherfunktion. Sowohl Regenwasser als auch Wasser von der Tröpfchenbewässerung kann sich im Flachdachbereich in den Dränelementen sammeln. Nach der Abdeckung der Dränelemente mit einem Systemfiltervlies schlossen sich, wie in den schrägen Dachflächen, 10 cm Systemerde „Dachgarten“ für die Begrünung an.

Vegetationsmatten in Spanien vorkultiviert

Eine geschlossene Pflanzendecke bietet den effektivsten Schutz vor Erosion auf dem Gründach, weshalb für die Anwuchsphase auf Steildächern ab 30° im Prinzip nur ­vorkultivierte Vegetationsmatten und keine individuellen Bepflanzungen in Frage kommen. Damit die Pflanzen gut anwachsen und lange erhalten bleiben,  ist es außerdem ­wichtig, dass die Pflanzenarten an das Klima am Standort angepasst sind.

Die Vegetationsmatten für das Projekt wurden in Spanien vorkultiviert, sodass sie für das heiße und trockene Klima der Gegen gewappnet sind
Foto: Zinco GmbH

Die Vegetationsmatten für das Projekt wurden in Spanien vorkultiviert, sodass sie für das heiße und trockene Klima der Gegen gewappnet sind
Foto: Zinco GmbH
Für die Gründachflächen auf dem Bürogebäude von Farming Agrícola wurden die ­Vegetationsmatten daher in Spanien vorkultiviert. Die hier verwendeten Vegetationsmatten (Typ: „mediterrane Blumenwiese“ von Zinco)  sind prädestiniert für das trockene Klima Südeuropas mit hoher Sonneneinstrahlung. Dabei bilden drei Sedum-Sprossenarten und zwei Gräserarten die gemeinsame Grundlage für mehr als 20 Arten blühender, robuster ­Stauden, unter anderem der Kartäusernelke (Dianthus carthusianorum), den Gemeinen Natternkopf (Echium vulgar) oder die Strand-Grasnelke (Armeria maritima). Die auf den Dachflächen installierte Bewässerung sichert das schnelle Anwachsen der Vegetationsmatten und darüber hinaus die bedarfsgerechte Versorgung der Dachbegrünung, die übrigens zwischendurch zu mähen ist. Die reich blühende Fläche verleiht dem Gebäude seinen besonderen Charme und harmoniert mit der umliegenden Landschaft in Tierra de Campos, der sogenannten Kornkammer Spaniens – ein besonderes Gründachprojekt.

Autor

Fabian Kaiser ist Leiter des internationalen Vertriebs bei der Zinco GmbH.

Bautafel (Auswahl)

Bauherr Farming Agrícola, Villamartín de Campos, Spanien

Architekt Modos Arquitectura, Palencia, Spanien, www.modosarquitectura.es

Ausführung Jardinería Diego S.L., Puente Arce, ­Spanien, www.jardineriadiego.es

Hersteller Zinco GmbH, Nürtingen, www.zinco.de

Zinco-Seminare: Alles rund um Gründächer

Begrünte Dachflächen sind heutzutage wichtiger denn je, denn der Klimawandel bringt große Herausforderungen mit sich. Gründächer sind eine Möglichkeit, einen Ausgleich zu versiegelten Flächen zu schaffen und die Biodiversität auf dem Dach zu steigern. Wer mehr über die Lösungen von Zinco erfahren möchte, kann in der Mediathek des Herstellers kostenlos Aufzeichnungen von Seminaren zu verschiedenen Themen rund um das Gründach ansehen: angefangen beim Basiswissen über die extensive Begrünung und mögliche Aufbauten für verschiedene Dachtypen, über die Kombination von Gründach und Photovoltaikanlagen und  sinnvolle Lösungen für die  Absturzsicherung bis hin zur Intensivbegrünung und Biodiversität auf dem Gründach. Außerdem gibt es Seminare zur Nutzung von Gründächern als Wasserspeicher. Weitere Informationen finden Sie unter www.zinco.de/­mediathek/webinare

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