Regenwasser-Logistik 4.0

Regenwasser-Rückhaltung und verzögerte Ableitung über unterirdische Speicherbehälter

In Zeiten des Klimawandels können Starkregenfälle zum Problem für die städtische Kanalisation werden. Viele Kommunen reagieren darauf mit Einleitbeschränkungen. Die Regenspende, die auf dem Dach eines über 20 000 m² großen Logistikzentrums in Herford aufläuft, fließt zuerst in ein Rückhaltebecken.

Das Unternehmen SK Pharma Logistics ist ein Logistikdienstleister der medizinisch-pharmazeutischen Industrie. Mit einem Investitionsvolumen von etwa 20 Mio. Euro entstand in Herford ein Ableger des Unternehmens, dessen Hauptsitz sich in Bielefeld befindet. In dem neuen Logistikzentrum mit zukunftsorientiertem Lagertechnologiekonzept wurde Raum für rund 25 000 Paletten und etwa 40 neue Arbeitsplätze geschaffen. Hier werden Medikamente kommissioniert, gelagert und bei Bedarf gekühlt, die dann an Großhändler geliefert werden.

 

Logistik-Riese



Das Unternehmen SK Pharma Logistics hat eine neue Lagerhalle in Herford gebaut. Die Halle ist 192 m lang und 108 m breit. Unter dem Parkplatz wurde eine Rigolen-Anlage eingebaut, die Regenwasser speichert und langsam wieder an die Umgebung abgibt
Foto: Sita



Das Unternehmen SK Pharma Logistics hat eine neue Lagerhalle in Herford gebaut. Die Halle ist 192 m lang und 108 m breit. Unter dem Parkplatz wurde eine Rigolen-Anlage eingebaut, die Regenwasser speichert und langsam wieder an die Umgebung abgibt
Foto: Sita
Das neue Gebäude hat eine beeindruckende Größe: Es ist 192,6 m lang, 108,6 m breit und 10 m hoch. Der imposante Neubau mit zwei Etagen verfügt über ein etwa 21 000 m² großes Flachdach. Neben Lagerflächen befinden sich in dem Logistikzentrum auf rund 1400 m² Fläche auch Büro- und Sozialräume. Bei einem Bemessungsregen können auf dem Gebäudedach bis zu 660 Liter Re­genwasser pro Sekunde auflaufen – eine zusätzliche Regenwassermenge, welche die vorhandene Kanalisation der Stadt Herford stark belasten würde. Hier galt es, eine Regenrückhaltung zu installieren, die den Wasserabfluss verzögert weiterleitet. „Der öffentliche Mischwasserkanal, in den eingeleitet wird, war bereits an der Kapazitätsgrenze. Die Stadt erteilte die Bau­genehmigung daher nur in Verbindung mit einer gedrosselten Ableitung“, erklärt Dipl.-Ing. Sebastian Staubach von der SM Ingenieurplan GmbH aus Bielefeld. Da das Unternehmen über genügend Platz auf dem Gelände verfügt, wurde für den Bemessungsregen eine Rückhaltung im Erdreich gewählt.

 

Gedrosselte Wasserabgabe

Unterirdisch platziert: Die Füllkörperrigolen aus Kunststoff sind mit einer wasserundurchlässigen Folie ummantelt
Foto: Sita

Unterirdisch platziert: Die Füllkörperrigolen aus Kunststoff sind mit einer wasserundurchlässigen Folie ummantelt
Foto: Sita
Ein alternatives Regenwassermanagement war also gefragt. Gefunden wurde es in Form von unterirdisch platzierten Füllkörperrigolen aus Kunststoff, die nachträglich mit einer wasserundurchlässigen Folie ummanteltet wurden. Das Speichervolumen der Behälter beträgt etwa 760 m3. Jeder Wasservolumenbehälter kann bis zu 400 Liter Regenwasser zurückhalten und verzögert in die öffentliche Kanalisation einspeisen. Die Entleerungszeit beträgt dabei sechs Stunden.

„Das System hat viele Vorteile“, erklärt Dipl.-Ing. Sebastian Staubach. „Wir halten das Fremdwasser aus dem Kanal heraus. Und wir haben eine gedrosselte Abgabe, die die Hydraulik des öffentlichen Kanals bei einem Regen­ereignis nicht negativ beeinflusst. Die Gefahr der Überlastung wird reduziert. Das schützt auch vor Überflutungen im öffentlichen Bereich. So wurde eine saubere Lösung für den Baugrund gefunden, die auch der Allgemeinheit dient.“

 

Verrohrtes Druckströmungssystem

Durch die deckennahe, horizontale Verlegung der Rohre, die zu den Fallrohren führen, ist das Druckströmungssystem gut für große Lagerhallen geeignet
Foto: Sita

Durch die deckennahe, horizontale Verlegung der Rohre, die zu den Fallrohren führen, ist das Druckströmungssystem gut für große Lagerhallen geeignet
Foto: Sita
Mit einem Berechnungsregen r(5,5) von 290 l/(s x ha) und einem Jahrhundertregen r(5,100) von 533 l/(s x ha) zeigt der Standort in Herford keine Auffälligkeiten. Brian Westermann, Projektleiter Flachdachentwässerung von der Sita-Anwendungstechnik, meint dazu: „Wir haben die Haupt- und die Notentwässerung als Druckströmungssystem (DSS) ausgelegt, weil die Druckströmung mit ihrer horizontalen Leitungsführung, also minimaler Einschränkung der Raumhöhe und mit wenigen Fallleitungen, das ideale System für große, freitragende Lagerhallen ist.“ Bei dem Logistikzentrum von SK Pharma Logistics wurde auch die Notentwässerung über Fallrohre in ein eigenes Grundleitungsnetz und von dort in die Rigolen geführt. Insgesamt wurden für die Haupt- und Notentwässerung jeweils etwa 1150 m PE-HD-Rohre verbaut.

Die Druckströmung ist das ideale System, um in kurzer Zeit große Wassermassen von weitläufigen Dachflächen abzuführen. Im Bereich der linearen Tiefpunkte der Mittelkehle des Flachdachs wurden über 108,6 m Länge die Gullys der Haupt- und Notentwässerung (insgesamt 140 Stück) paarweise nebeneinander eingebaut. Bei der Hauptentwässerung fließen in jedem Tiefpunkt bis zu 80 l/s ab, bei der Notentwässerung sind es etwa 60 l/s. Pro Kehle wurden jeweils sieben Haupt- und sieben Notentwässerungsgullys verbaut. Die Abläufe führen 610 l/s im Bereich der Hauptentwässerung und 510 l/s im Bereich der Notentwässerung vom Flachdach ab – also insgesamt 1120 Liter Regenwasser pro Sekunde. Gemäß DIN 1986-100 ist dieses am Gebäudestandort anfallende Regenereignis einzuplanen. In fünf Minuten läuft dort eine Regenmenge von etwa 336 000 Liter auf, was einem Gewicht von 336 000 kg, beziehungsweise der Last von etwa 8 Lkw à 40 Tonnen entspricht. Ein weiterer DSS-Vorteil: Durch die Vollfüllung und die hohe Fließgeschwindigkeit reinigen sich die Rohre von selbst.

Gullys als Brandwächter

Sensible Ware braucht besonderen Schutz. Daher wurde die gesamte Dachfläche nach der Brandschutznorm DIN 18234 ausgeführt. Ab 2500 m² Dachfläche greift diese Industriebaurichtlinie. Sie sagt aus, dass Brandüberschläge vom Gebäudeinneren in das Dachschichtenpaket verhindert werden müssen. Das hat auch versicherungstechnische Gründe. Viele Versicherungen schreiben vor, dass der Brandüberschlag vermieden werden muss. Dies kann sich auch mindernd auf die Höhe der Versicherungsprämie auswirken. Deshalb wurden auf dem Dach des Logistikzentrums in Herford die „SitaDSS Fireguard“-Gullys verbaut. Bei dem Projekt kamen die Brandschutzgullys, bei denen das Aufstockelement und ein „SitaMore“-Verstärkungsblech direkt zum System gehören, in DN 70 zum Einsatz. Die „SitaFireguard“-Gullys vereinen vorbeugenden Brandschutz und geringen Platzbedarf. Jeder Gully ist mit einer integrierten Brandschutzmanschette ausgestattet, die bei Hitzeeinwirkung sekundenschnell aufquillt, das Anschlussrohr abdrückt und die Durchdringung im Dach verschließt. Ein Brandüberschlag auf das Dach wird damit vermieden.  

 

Autor

Cengiz Karadeniz ist Business Development Manager bei der Sita Bauelemente GmbH in Rheda-Wiedenbrück

Bautafel (Auswahl)

Objekt Neubau eines Logistikzentrums in Herford

Bauherr SK Pharma Logistics GmbH, Bielefeld

Generalunternehmer/Planer Kögel & Nunne GmbH, Horn-Bad Meinberg

Projektleitung SM Ingenieurplan GmbH, Bielefeld

Dachdecker Flachdach N + S GmbH, Bad Oeynhausen, www.flachdach-ns.de

Regenentwässerung NiRa TGA GmbH, Enger/ Herford

Materialien „SitaDSS Fireguard“, „SitaDSS PE“-Rohrsystem für die Druckströmungsentwässerung

Hersteller Sita Bauelemente GmbH, Rheda-Wiedenbrück, www.sita-bauelemente.de

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