Akku-Nagler ohne Gaskartuschen im Praxistest

Der Akku-Nagler „NR1890Dbcl“ ist eine Alternative zu Gasnaglern und druckluftbetriebenen Nagelgeräten, denn er hat ein eingebautes Druckluftsystem. Wir wollten wissen, wie sich das Gerät im Baustellenalltag macht und haben den Akku-Nagler von Zimmerern und Dachdeckern testen lassen.


Im vergangenen Jahr hat der Hersteller Hikoki (ehemals Hitachi) eine Reihe von fünf Akku-Stift- und Streifennaglern als Alternative zu üblichen Gas- und Druckluftnaglern auf den europäischen Markt gebracht. Alle fünf Nagler haben ein eingebautes Druckluftsystem, das so genannte „Air-Spring-System“. Das System erzeugt den Druck, der nötig ist, um die Nägel einzutreiben. Dadurch braucht man weder Gaskartuschen noch einen Druckluftschlauch, um die Nagler zu betreiben. Das spart auf der Baustelle Zeit und Platz.

Für Zimmerer eignet sich von den fünf Naglern vor allem der Akku-Streifennagler „NR1890Dbcl“ mit 34° Magazinneigung. Er lässt sich zur Montage von Dachlatten ebenso  einsetzen wie zum Befestigen von Schalungsbrettern. Mit dem Nagler lassen sich papiergebundene D-Kopf-Nägel mit 50-90 mm Länge einschießen. Für unseren Praxistest stellte uns der Hersteller Hikoki einen Akku-Nagler zur Verfügung.

Bis zu 700 Nägel mit einer Akkuladung

Was als erstes an dem Nagler auffällt ist sein relativ hohes Gewicht. 4,8 kg bringt der Nagler laut Hersteller auf die Waage. Das Gewicht beurteilten die Handwerker im Test unterschiedlich, doch dazu später mehr. Betrieben wird der Nagler mit 18 V Li-Ion-Akkus. Laut Hersteller lassen sich bis zu 700 Nägel mit einer Akkuladung einschießen. Das sind bei 40 Nägeln pro Magazin etwas mehr als 17 Nagelstreifen mit einer Akkuladung. Handwerker haben beim Einschießen die Wahl zwischen zwei Einstellungen: der Einzelauslösung bei Schalterbetätigung oder der Kontaktauslösung bei gehaltenem Schalter. Die Tiefeneinstellung des Naglers lässt sich werkzeuglos über ein Rad an der Naglerspitze einstellen (siehe Bild oben).

Dachstuhl ausbauen und Bohlen laschen

Für unseren Test besuchten wir zunächst die Zimmerer des Dachdecker- und Zimmereibetriebs ZEP-Team auf einer Baustelle in Halle (Westfalen). Hier bauten sie das Dachgeschoss eines Einfamilienhauses zu Wohnzwecken aus und dabei eine Zwischensparrendämmung ein. Um für die Montage von Trockenbauplatten eine ebene Unterkonstruktion zu schaffen, befestigten die Zimmerer Holzbohlen seitlich an den unregelmäßig geformten Dachsparren. Bevor sie die Bohlen mit einem größeren Druckluftnagler mit längeren Nägeln befestigten, montierten die Zimmerer sie in einem ersten Durchgang mit 90 mm Nägeln mit dem Akku-Nagler. Normalerweise nutzen die Zimmerer für solche Arbeiten einen Gasnagler. Mit dem Hikoki-Nagler kam Zimmerer Max May auf der Baustelle aber auch gut zurecht. Besonders die Möglichkeit, zwischen Einzel- und Kontaktauslösung umzuschalten, gefiel ihm: „Das kann auf der Baustelle sehr nützlich sein und einen Coilnagler ersetzen.“ Ein Coilnagler hat ein rundes Magazin, das bis zu 300 Nägel umfasst – deutlich mehr als die meisten Akku-Streifennagler. Solche Coilnagler nutzen Zimmerer unter anderem, um Holzschalungen zu vernageln. Für den Betrieb eines Druckluft-Coilnaglers muss aber in der Regel ein Kompressor mit auf die Baustelle genommen werden. Das ist bei dem Hikoki-Akku-Nagler nicht nötig.

„Ruhiges Schießverhalten, wenig Rückschlag“

Das hohe Gewicht des Naglers störte Zimmerer Max May bei der Arbeit nicht. „Der Nagler hat ein sehr ruhiges Schießverhalten und wenig Rückschlag“, sagt er, „das liegt vielleicht an seinem Gewicht.“ Positiv fand er dass die Bestückung mit Nagelstreifen schnell geht und dass der Schieber am Magazin leichtgängig läuft. In einem Video auf unserem YouTube-Kanal sieht man, wie Max May den Nagler auf der Baustelle testet und ausführlich bewertet. Den Link zum Video finden Sie auf der nächsten Seite.

Dachlatten befestigen – hier überzeugt der Nagler

Die Zimmerer und Dachdecker des ZEP-Teams nutzen zum Einlatten normalerweise auch einen Gasnagler. Auf drei Baustellen testeten sie für uns den Hikoki-Nagler. Nach getaner Arbeit war Dachdeckermeister Max Daßler überzeugt: „Der Hikoki-Nagler ist viel leiser als die Gasnagler, die wir sonst nutzen. Er ist  schön ausbalanciert und liegt gut in der Hand.“

Der Nagler hat eine Halterung unterhalb des Akkus, sie lässt sich nach außen schwenken, um das Gerät an Gerüsten oder Balken einzuhängen. Mit der Halterung kam Max Daßler gut zurecht: „Damit konnte ich den Nagler auch an meine Arbeitshose hängen.“ Sein Kollege Benno Voigt, Tischler und Holzmechaniker, fand die Halterung hingegen nicht so praktisch, weil sie recht weit vom Gerät absteht. „Für das Einlatten von Dächern kann man den Nagler aber gut gebrauchen“, meint Voigt. Erst nach der dritten Dachbaustelle musste der Akku des Naglers zum ersten Mal aufgeladen werden. Innerhalb von 75 Minuten ist der 18 V-Akku laut Hersteller vollständig aufladen.

Halber Verbrauchspreis

Der Hikoki-Nagler hat den Vorteil, dass man mit ihm papiergebundene Nägel verschiedener Hersteller einschießen kann. Wer einen Gasnagler benutzt, muss die Nägel meist mit Gaskartuschen im Paket kaufen, was teurer ist, als nur die Streifennägel zu kaufen. „Mit dem Hikoki-Nagler hat man gegenüber einem Gasnagler nur den halben Verbrauchspreis, weil man bei den Gaskartuschen spart“, bestätigt Jens Hüllinghorst, Geschäftsführer der Hüllinghorst Maschinenhandel GmbH aus Bielefeld. Bei seiner Kundschaft komme der Akku-Streifennagler gut an,  sagt Jens Hüllinghorst, seit der Markteinführung 2018 seien die Verkaufszahlen gestiegen.

Unabhängig von Gaskartuschen

Auch der Zimmereibetrieb Holzbau Vorderwisch in Gütersloh testete den Hikoki-Nagler. Die Mitarbeiter nutzen meist Trommelnagler (Coilnagler) mit Druckluftschläuchen oder Gasnagler mit Akkubetrieb. „Wir haben oft zu viele Nägel und zu wenig Gaskartuschen“, beschreibt Hans-Peter Vorderwisch das Problem, dass Händler die Gaskartuschen meist nur im Paket mit magazinierten Nägeln verkaufen. Der Hikoki-Nagler wäre hier also eine sinnvolle Alternative. Die Mitarbeiter von Holzbau Vorderwisch nahmen ihn daher zum Praxistest mit auf eine Baustelle – allerdings gab es Probleme: „Wenn wir papiergebundene D-Kopf-Nägel mit 34° Neigung eingeschossen haben, hat sich nach wenigen Schüssen schon ein Nagel verklemmt“, sagt Vorderwisch. Die Zimmerer mussten den Nagler auseinander bauen und den verklemmten Nagel entfernen. Dazu muss man mit einem Inbusschlüssel oben an der Naglerspitze und am Magazin fünf Schrauben lösen. Dann kann man das Magazin einfach abnehmen und den Nagel entfernen. Das dauert nicht lange, ist aber eine lästige Arbeitsunterbrechung.

Schwer zu verstauen im Systainer

In weiteren Tests bei Holzbau Vorderwisch mit anderen Nägeln lief der Nagler dann ohne Probleme, doch blieb der erste, negative Eindruck bei den Zimmerern haften. „Zudem“, merkt Hans-Peter Vorderwisch an „lassen sich der Nagler, das Ladegerät und zwei Akkus nur mit viel Aufwand im Transportkoffer verstauen.“ Auch uns war das in der Redaktion aufgefallen. Ein größerer oder anders aufgebauter Transportkoffer, in dem Nagler, Ladegerät und Akkus Platz haben, wäre also für den Transport sinnvoll. Zimmermeister Hans-Peter Vorderwisch meint abschließend: „Wenn Hikoki beim Transportkoffer nachbessern würde und das Gewicht des Naglers etwas geringer wäre, dann wäre das womöglich für uns eine Alternative. Wir bleiben vorläufig bei Rundmagazinnaglern mit Druckluftschlauch.“

Fazit

Der Akku-Nagler „NR1890Dbcl“ wurde von Dachdeckern und Zimmerern im Praxistest unterschiedlich bewertet. Während die Zimmerer und Dachdecker vom ZEP-Team im Praxistest keine Probleme hatten, verklemmten sich im Test bei Holzbau Vorderwisch schon beim ersten Baustelleneinsatz Nägel im Magazin. Bei der Sortierung von Nagler, Ladegerät und Akkus im Transportkoffer gibt es Nachbesserungsbedarf. Ein großer Vorteil des Akku-Naglers, das verdeutlichte der Praxistest nochmal, ist dass er ohne Gaskartuschen auskommt. Damit müssen Handwerker keine Produktsets aus Nägeln und Kartuschen zum Nachfüllen kaufen, sondern können magazinierte Nägel verschiedener Hersteller nutzen.

Autor

Stephan Thomas ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Technische Daten „NR1890Dbcl“

Akkus 18 Volt, 5 Ah Li-Ion-Akkus

Gewicht 4,8 kg

Eintreibgeschwindigkeit 2 Nägel pro Sekunde, 700 Nägel pro Akkuladung

Material papiergebundene D-Kopfnägel, 50-90 mm Länge, 34° Neigung

Auslösung Einzel- und Kontaktauslösung

Preis 849 Euro, inklusive zwei 18 V-Akkus und Ladegerät (UVP des Herstellers)

Alle Angaben sind Herstellerangaben, mehr Informationen unter www.Hikoki-powertools.de .

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