„Nur das Leuchtmittel zu ersetzen ist unsinnig!“ Konzepte für mehr Licht am Arbeitsplatz
Gutes und ausreichend viel Licht beim Arbeiten ist wichtig für das Wohlbefinden, die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Im Interview spricht Lichtplaner Till Schmeling über gesundheitliche Aspekte von Licht und die Kosten, die bei einem Austausch von alten Röhren gegen LEDs entstehen.
dach+holzbau: Herr Schmeling, wie muss ein guter Arbeitsplatz ausgeleuchtet sein?
Die Beleuchtungsgüte zeichnet sich durch verschiedene Merkmale aus. Zunächst einmal muss ein ausreichendes Beleuchtungsniveau – also eine angemessene Helligkeit – im Raum gegeben sein. Eine gleichmäßige und ausgewogene Ausleuchtung des Arbeitsplatzes, von der Arbeits- und Umgebungsfläche, ist ebenfalls wichtig. Ungünstig ist dabei sowohl ein zu hoher Kontrast als auch ein „Lichtbrei“, also fehlende Schattigkeit, in dem alles versinkt. Wir brauchen Schattierungen für das räumliche Sehen, um uns zu orientieren.
Welchen gesetzmäßigen Verpflichtungen müssen Arbeitgeber bei der Beleuchtung von Arbeitsplätzen nachkommen?
Bei der Planung der Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen gelten die Vorgaben der DIN EN 12464. Darüber hinaus sind die Arbeitsstättenverordnung und die Arbeitsschutzrichtlinien richtungsweisend. In der Industrie sind oftmals spezielle Vorschriften der Unfallversicherungen zu berücksichtigen, um den Versicherungsschutz aufrechtzuhalten. Dabei geben die gesetzlichen Vorgaben nur Untergrenzen an. Eine gute Beleuchtung ist damit noch nicht erzielt.
Kann Kunstlicht denn Tageslicht ersetzen, das hat ja auch gesundheitliche Aspekte?
Kunstlicht kann Tageslicht nicht ersetzen. Der Mensch braucht Tageslicht, um etwa Vitamin D zu produzieren. Ein Fünftel an Vitamin D nimmt er über die Nahrung auf, den Rest über UV-B-Strahlung. Diese macht zwei bis zehn Prozent der gesamten UV-Strahlung der Sonne aus, der Rest besteht aus UV-A-Strahlung. UV-A-Strahlung bräunt die Haut, führt aber nicht zur Vitamin D-Produktion. UV-B-Strahlung sorgt hingegen für Sonnenbrand, dafür aber auch für die Produktion von Vitamin D. Generell ist zu sagen: Nicht genügend Tageslicht führt zu einem Vitamin D-Mangel. Es gibt zwar sogenannte Lichtduschen oder Lichttherapien mit einer Beleuchtungsstärke von 10 000 Lux und UV-B-Strahlung, aber das hat nichts mehr mit konventioneller Beleuchtung zu tun. Künstliche Lichtquellen haben in ihrem Spektrum kein UV-B, diese Strahlung kommt auch nicht durch das Fenster.
Sind Sie bei einer Lichtplanung vor Ort im Betrieb und schauen sich die Gegebenheiten an?
Die Lichtplanung beginnt – ganz richtig – mit einer Begehung vor Ort. Bei einem Neubau mache ich mir
anhand der Pläne ein Bild von der Raumsituation. Wichtig ist immer die Installationstechnik, es muss geklärt werden, wo der Strom für die Beleuchtung herkommt.
Wie gehen Sie als Lichtplaner vor? Wägen Sie ab, ob gegebenenfalls ein Dachfenster besser wäre als zwei Leuchten?
Im Prinzip ja, aber in unseren Breitengraden ist das eher schwierig. Bei der Lichtplanung muss ich von den Lichtverhältnissen bei Nacht ausgehen. Ein Muss ist die Regelung beziehungsweise Steuerung der Beleuchtung, zum Beispiel durch das Dimmen der Helligkeit. Das ist nicht nur angenehm für den Nutzer, sondern auch aus energetischer Sicht sinnvoll. Die Nutzungsanforderungen und die Vorstellungen des Kunden sind maßgeblich – was sind die Arbeitsinhalte, von wie vielen Personen wird der Raum genutzt und wie sind die Sehanforderungen an die Aufgabe. Ganz wesentlich ist die Umgebung und die Frage: Welche Farben haben Wände, Möbel, Fußboden, Decken und Oberflächen? Diese Parameter bilden die Grundlage für das Beleuchtungskonzept und die Auswahl der Leuchten.
Sind LED-Röhren per se besser zu bewerten als herkömmliche Leuchtstoffröhren?
Nein, wenn Sie einfach die Leuchtstoffröhre gegen eine LED-Röhre austauschen, ist das Ergebnis unterm Strich nicht besser, aber teurer. Die Leuchtstoffröhre ist günstig und hocheffizient, was den Stromverbrauch angeht. Die LED-Röhre, die oft als Austausch verwendet wird, wenn die Leuchtstoffröhre kaputt ist – das bezeichnet man als Retro-Fit – kostet bisweilen das 10fache. Sie hat aber meist keine so hohe Lebensdauer und liefert weniger Licht.
Wie soll ich mich als Verbraucher dann verhalten?
Entweder Sie bleiben dabei und ersetzen – wenn mal ein Austausch ansteht – eine gewöhnliche Leuchtstoffröhre gegen die alte, oder sie setzen eine speziell für LEDs geeignete, neue Leuchte ein. Beratung holen Sie sich hier am besten von einem Fachmann. In Arbeitsstätten, in denen das Licht zwischen zehn oder 20 Stunden am Tag brennt, lohnt sich in jedem Fall ein Austausch von alten Leuchten (also die Vorrichtung, in der das Leuchtmittel eingebaut ist d.Red.) gegen energieeffizientere Lösungen.
Was kostet der Austausch von alten Röhren gegen moderne LED-Lampen?
Das lässt sich pauschal nicht sagen. Um ein Zwei-Mann-Büro mit rund 20 m2 ansprechend auszuleuchten, sind rund 2000 Euro einzukalkulieren. Das ist aber abhängig davon, wie komfortabel es sein soll. Von der einfachen Rasterdecke bis zu teuren Designerleuchten ist alles möglich. Da kommt es auf die Anforderungen an die Tätigkeiten und Bedürfnisse des Bauherrn an. In der Industrie ist eher intelligente Steuerungstechnik als Design gefragt.