Neuer Hangar für Luftschiff „Theo“
Am Flughafen Essen/Mülheim hat die WDL mit einem neuen Hangar nicht nur eine Station für das Luftschiff „Theo“ errichtet. Das Bauwerk dient auch als Eventlocation der besonderen Art. Von außen macht der Hangar mit einer silbernen Gebäudehülle aus Aluminiumstehfalzprofilen auf sich aufmerksam.
Als eines von sechs Luftschiffen weltweit darf das Luftschiff „Theo“ inzwischen seinen wohlverdienten Ruhestand genießen. Nach wie vor in voller Größe zu besichtigen ist das Luftfahrzeug nun in seinem neuen Hangar an einem kleinen Flughafen in Essen/Mülheim. Mit dem Bau des Hangars hat die Westdeutsche Luftwerbung Theodor Wüllenkemper GmbH & Co. KG (WDL) aus Mülheim an der Ruhr ein ungewöhnliches Projekt in Auftrag gegeben: Der riesige Luftschiffgarage wurde als besonders nachhaltiges Gebäude konzipiert. Dabei wurden zum Teil recycelte Materialen des alten Hangars für den Neubau wiederverwertet und natürliche, regional verfügbare Baustoffe genutzt. Außerdem kamen für den Neubau des Hangars Produkte zum Einsatz, die sortenrein rückbaubar und recyclingfähig sind, wie die Gebäudehülle aus Aluminium von Kalzip.
Auch bei Sonnenuntergang bietet der neue Luftschiffhangar einen faszinierenden Anblick
Foto: Kalzip GmbH
Beim Rückbau des alten, teilweise maroden Hangars wurde darauf geachtet, altes Material auf Wiederverwendbarkeit zu prüfen. So wurde zum Beispiel Material, das bei der Aushebung des alten Fundaments anfiel, direkt vor Ort beim Neubau des Hangars mit eingebunden. Außerdem wurden rund 557 t Holz aus deutschen Wäldern genutzt, um das Tragwerk der Halle zu errichten. Selbst die Knotenpunkte der insgesamt 15 Zweigelenkbögen des Tragwerks wurden mit Holzverbindungen erstellt, um eine sortenreine Rückbaubarkeit zu gewährleisten. Die Fachwerkkonstruktion erstreckt sich über eine Breite von 42 m und erreicht eine Höhe von 26 m. Zudem wurde auch die Tragschale aus 110 mm starkem Brettsperrholz erstellt. Die gesamte, hölzerne Dachunterkonstruktion des Hangars ist von innen vollständig sichtbar und verleiht dem Raum, der auch als Veranstaltungsraum genutzt wird, ein besonderes Ambiente.
Außenhülle aus Aluminiumstehfalzprofilen
Der ursprüngliche Entwurf sah vor, den neuen Hangar, wie auch schon seinen Vorgängerbau, mit einer Folie abzudichten. Doch um dem Nachhaltigkeitsaspekt treu zu bleiben, wurden auch andere Optionen erwogen, wie WDL-Geschäftsführer Frank Peylo erklärt: „In der Planungsphase hat uns Prof. Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne beraten, der als Professor im Lehr- und Forschungsgebiet Nachhaltigkeit im Metallleichtbau an der RWTH Aachen unterrichtet. Er hat uns überzeugt, stattdessen eine Gebäudehülle aus Aluminium zu nutzen, die allein im Hinblick auf die Lebensdauer nachhaltiger ist.“
Bei der Verkleidung der Außenhülle des Hangars kamen mobile Arbeitsbühnen zum Einsatz
Foto: Kalzip GmbH
Mit den Stehfalzprofilen von Kalzip wurde ein Produkt für die Außenhülle des Hangars gefunden, das laut Hersteller bis zu 95 Prozent aus recyceltem Material besteht. Im Vergleich zu einer Folie sind die Profiltafeln widerstandsfähiger und langlebiger und verursachen einen deutlich geringeren Wartungsaufwand. Zudem lassen sich die Stehfalzprofile nach Ablauf des Lebenszyklus' des Gebäudes mit geringem Aufwand zurückbauen und für andere Projekte erneut nutzen. Alternativ können die Aluminiumtafeln nach dem Rückbau auch in den Recyclingkreislauf zurückgeführt werden.
Vom Entwurf zum Bau
Der Entwurf des Architekturbüros Smyk Fischer aus Mülheim orientierte sich an der Form des ursprünglichen Luftschiffhangars. Wie eine längs halbierte, silberne Kapsel schließt das Tonnendach zu beiden Seiten mit einer halben Kuppel ab. Während das Tor des alten Hangars sich wie ein Garagentor nach oben aufklappen ließ, musste beim Neubau aufgrund der massiveren Gebäudehülle eine andere Lösung gefunden werden: Hinter der nach Osten ausgerichteten Kuppel verbergen sich zwei riesige Torflügel, über die das Luftschiff den Weg in und aus dem Hangar findet. Vor allem bei größeren Veranstaltungen, wie Konzerten oder Festivals, kann die Halle so als offene Bühne genutzt werden.
Die Aluminiumprofiltafeln wurden im Werk passend geformt, zugeschnitten und auf die Baustelle geliefert
Foto: Kalzip GmbH
Für die besondere Form der Gebäudehülle wurde bei Kalzip zunächst eine 3D-Planung erstellt. Eine Berechnung zur Ökobilanz eröffnete zudem die Wahl eines Systems, das mit größeren Stützweiten und entsprechend weniger „E-Klipps“ auskommt. Für die Außenhülle des Hangars kam das Profil „Kalzip 65/400“ zum Einsatz. Die im Koblenzer Werk gefertigten Stehfalzprofile wurden zum Großteil mithilfe eines Rollformers in die richtige Rundung für die seitlich verlaufenden Flächen gebracht. Bereits aus der 3D-Planung wurde ersichtlich, dass die Profiltafeln für die Halbkuppel sowie für die gerundeten Tore der Halle zusätzlich konisch geformt werden mussten. Rund 7000 m2 Kalzip-Profile wurden an die Baustelle geliefert, inklusive Nummerierung und einer exakten Aufbauplanung.
Mobile Hubarbeitsbühnen und Seilsicherung
Mit dem Aufbau der Gebäudehülle war die Firma B. Schlichter GmbH & Co. KG aus Lathen beauftragt. Da keine Möglichkeit bestand, an dem kuppelförmigen Bau ein Gerüst zu errichten, mussten die Monteure an der Seite des Gebäudes von mobilen Arbeitsbühnen aus arbeiten. Auf der Kuppel selbst bewegten sich die Fachhandwerker mit einer Seilsicherung.
Auf den Rohrpfetten befestigten die Monteure die „E-Klipps“ entsprechend der Profilabmessungen der Stehfalzprofiltafeln
Foto: Kalzip GmbH
Für den Aufbau als Standard-Warmdach verlegten die Monteure auf den Brettsperrholzplatten des Daches zunächst eine vollflächige Dampfsperre, welche die Fachwerkkonstruktion abschließt. Um die Form der Halbkuppeln abbilden zu können, wurden Rohrpfetten montiert. Anschließend befestigte das Team der Firma Schlichter die „E-Klipps“ in gleichmäßigen Abständen entsprechend der Profilabmessungen der Stehfalzprofiltafeln. Die „E-Klipps“ bestehen aus einem Metallkern, der mit einem glasfaserverstärkten, UV-beständigem Polyamid ummantelt ist, und sorgen für eine besonders geringe Wärmeleitfähigkeit. Die Höhe der Befestiger ermöglicht zudem, dass zwischen der Tragschale und der Dachhaut ausreichend Platz bleibt für die Dämmschicht aus Mineralwolle. Auf den herausstehenden Klippköpfen wurden die Aluminiumprofiltafeln aufgesetzt und an den Stehfalzen maschinell verbördelt.
Neuer Hingucker im Ruhrgebiet
Im Frühjahr 2023 konnte der Hangar fertiggestellt werden. Er ist nicht nur ein architektonisches Aushängeschild für das Ruhrgebiet, er beweist auch, dass nachhaltige Bauweisen in großen Dimensionen realisierbar sind, wie Frank Peylo erklärt: „Durch den Einsatz der recycelten und nachhaltigen Baustoffe konnten wir allein beim Bau rund 156 t CO2 einsparen. Neben dem Einsatz nachhaltiger Materialien machen die besondere Kubatur des Hangars, die gewaltigen Torflügel sowie das massive, sichtbare Holztragwerk das Bauwerk einzigartig.“
Der Luftschiffhangar mit innen sichtbarer Holzkonstruktion bietet genügend Platz für das Luftschiff „Theo“ und für Events der besonderen Art
Foto: Kalzip GmbH
Dass die Funktion eines solchen Gebäudes sich nicht nur auf die Unterbringung eines Luftschiffes beschränkt, wird spätestens bei einer Besichtigung des Innenraums klar: Die Grundfläche des Hangars ist mit etwa 3500 m² deutlich größer angelegt als das Luftschiff an Platz benötigen würde. Zudem lässt die Fensterfront an der westlichen Seite des Baukörpers ausreichend Tageslicht in den Innenraum und erlaubt einen Ausblick auf die Start- und Landebahn. Als Eventlocation der besonderen Art wird der Raum für Veranstaltungen genutzt und bietet Platz für bis zu 1500 Personen. Im September 2024 wurde im neuen Luftschiffhangar erstmals der „Kalzip Architekur Award“ verliehen. Der Neubau des Luftschiffhangars wurde außerdem bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, unter anderem dieses Jahr mit dem Holzbaupreis NRW und dem Ernst & Sohn Ingenieurbaupreis.
Ralf Gossel ist Gebietsverkaufsleiter für die Region Nordwest/Osnabrück bei der Kalzip GmbH.
Bautafel (Auswahl)
Bauherrin Westdeutsche Luftwerbung Theodor Wüllenkemper (WDL) GmbH & Co. KG
Projektleitung Bauherrenvertretung und Brandschutzplanung: Ingenieurbüro IB Römling, Essen, www.ibroemling.de
Architektur Entwurf und Genehmigungsplanung: Smyk Fischer Architekten GbR, Mühlheim an der Ruhr, www.s-f-architekten.de;
Ausführungsplanung und Bauleitung: Gronau Plan GbR, Wegberg, www.gronau-bau.de
Tragwerksplanung Ripkens Wiesenkämper Beratende Ingenieure PartGmbB, Essen,
www.rw-ingenieure.de, Marx Krontal Partner, Hannover, www.marxkrontal.com
Holzbau Werkplanung, Abbund, Montage: Derix-Gruppe, W. u. J. Derix GmbH & Co, www.derix.de
Dacharbeiten B. Schlichter GmbH & Co. KG, Lathen, www.schlichter.biz/dach-fassade