„Kaum ein Werkzeug und wenige Formate sind standardisiert.“
Einblicke in die Arbeit der Erlus-BibermanufakturFür die Neudeckung von Schloss Suresnes in München kamen maßgefertigte Biberschwanzziegel in 22 mm Dicke aus der Erlus Bibermanufaktur in Marklkofen zum Einsatz. Paul Zielinski, Leiter Technische Beratung und Produktbetreuung Dachbaustoffe bei der Erlus AG, empfahl für die Sanierung einen Handschlagbiber mit gerundeten Ecken. Im Interview berichtet er über die Arbeit der Erlus Bibermanufaktur.
dach+holzbau: Herr Zielinski, woher kommt eigentlich der Begriff „Handschlagbiber“?
Paul Zielinski: Ein Handschlagbiber in der heutigen Form ist ein maschinell gefertigter, besonders starker Biberschwanzziegel, der die Oberflächen-Rauheit eines handgeschlagenen Bibers aufweist. Historisch gesehen wurden Biberschwanzziegel früher in einem Holzrahmen mit Leisten von Hand geschlagen. Es wurde quasi ein Tonbatzen in die Form gepresst und oberseitig mit einem Brett abgezogen, so entstand die namensgebende raue Handschlagoberfläche.
Gab es bei der Anfertigung der Handschlagbiber für das Schloss Suresnes besondere Herausforderungen?
Nein, denn 22 mm starke Handschlagbiber mit Hagelwiderstandsklasse 5 gehören in der Erlus Bibermanufaktur zum Standardsortiment. Der Kunde kann in der Bibermanufaktur üblicherweise aus über 25 Grundformen und Oberflächen wählen, die dann objektbezogen angepasst werden. Der hier verwendete, 22 mm starke Biber mit zertifizierter Hagelwiderstandsklasse 5 + wird häufig bei hagelgefährdeten, südbayerischen Denkmalschutzobjekten verwendet.
Der Begriff Manufaktur weist ja auf Handarbeit hin – wie viel von den Arbeitsschritten in der Bibermanufaktur ist Handarbeit?
Die meiste Handarbeit wird heutzutage in der Werkzeugfertigung benötigt. Kaum ein Schneidwerkzeug, wenige Mundstücke und ganz wenige Formate – geschweige denn eine Ofeneinstellung für die „ofenbunten Biber“ – sind hier standardisiert. Die Produktion jedoch läuft überwiegend maschinell, um die hohen Anforderungen der europäischen Norm EN 1304 auch für historische Ergoldsbacher Dachziegel gewährleisten zu können.
Welche Ausbildung braucht man, um in der Bibermanufaktur zu arbeiten?
In unserer Bibermanufaktur arbeiten viele Experten zusammen: von Architekten über Dachdeckermeister bis hin zu Schlossern, Metallbauern und Keramikern. Jeder bewältigt seine Aufgaben in seinem Spezialbereich.
Wie gelingt es, die Ziegel genau nach dem historischem Vorbild anzufertigen?
Dafür werden in der Erlus Bibermanufaktur überwiegend Vorlagen von Original-Ziegeln abgenommen. Diese Ziegel findet man zum Teil noch im Schutt der Fußpunkte alter Dachböden. Danach werden die Zeichnungen für Mundstücke gefertigt und dann vom Auftraggeber/Denkmalschutz objektbezogen freigegeben.
In Fachkreisen wird darüber diskutiert, bei Biberschwanzziegeldächern mit einer Dachneigung von bis zu 25° eine Dreifachdeckung regensicher zu ermöglichen. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Analog zur deutsch eingebundenen Kehle, welche bis zu 25 ° Neigung regelkonform und unbestritten regensicher eingedeckt werden darf, ist es natürlich auch möglich – wenn der vierte den ersten Ziegel überdeckt (Dreifachdeckung) – auch ganze Biberschwanzflächen mit 25 ° regensicher einzudecken. Diese Deckungsart, welche in manchen Regionen im deutschsprachigen Raum historische Vorbilder hat, ist leider heute in keiner technischen Regel mehr vorhanden. Bedauerlicherweise wird bei vielen Dächern heute mehr Wert auf die Wasserführung des Unterdachs gelegt und weniger auf die Wasserführung der eigentlichen Eindeckung!
Herr Zielinski, danke für das Gespräch!
Interview: Stephan Thomas