Im Einklang mit der Umwelt

Das "Cradle to Cradle"-Prinzip am Beispiel des Amsterdamer Gewerbeparks 20|20

Park 20|20 ist ein westlich von Amsterdam liegender Gewerbepark, der nach den Prinzipien des „Cradle to Cradle“-Konzepts errichtet wird. Alle eingesetzten Baustoffe, zu denen auch Titanzink gehört, werden im Einklang mit der Umwelt und positiven Auswirkungen für die Wirtschaft und die Gesellschaft produziert.

Die Rohstoffe, die die Natur uns zur Verfügung stellt, sind kostbar und in vielen Fällen nur begrenzt vorhanden. Wir sollten daher sparsam und verantwortungsbewusst mit ihnen umgehen. Vor diesem Hintergrund entwickelten der US-amerikanische Architekt William A. McDonough und der deutsche Chemiker Dr. Michael Braungart das „Cradle to Cradle“-Konzept (C2C). C2C bedeutet „von der Wiege zur Wiege“. Ziel ist, dass bei der Herstellung von Produkten kein Abfall entsteht beziehungsweise dieser recycelt wird, dass keine negativen Einflüsse auf die Umwelt einwirken und die eingesetzten Materialien wieder verwendet werden können. Downcycling, also die niedrigere Verwertung von recyceltem Material, und Müll gibt es im C2C-Sinne nicht. Danach ist Abfall – wie das Laub, das im Herbst von den Bäumen fällt – Nahrung für etwas Neues.

2007 kam die niederländische Delta Development Group auf die Idee, einen Gewerbepark nach den C2C-Kriterien zu errichten und beauftragte den amerikanischen Architekten, ein entsprechendes Konzept und einen Masterplan zu entwickeln. Die Umsetzung erfolgt auf einem 114 000 m² großen Grundstück, das im niederländischen Hoofddorp-Beukenhorst nur wenige Minuten vom Flughafen Schiphol entfernt liegt.

Baustoffe sind C2C-zertifiziert

Die Planung für den Park 20|20 beeindruckt durch ihre Ganzheitlichkeit: Alle Bestandteile – von der Landschaftsgestaltung über die energieoptimierte Architektur und die Versorgung aus nachhaltigen Energiequellen bis hin zum zentralen Wasser- und Abwassermanagement – erfüllen die Kriterien des „Cradle to Cradle“-Prinzips. Für den Bau der Gebäude durften nur die Materialien eingesetzt werden, die vom „Cradle to Cradle Products Innovation Institute“, einer Non-Profit-Organisation, zertifiziert sind und folgende Kriterien erfüllen:

Sie sind gesundheitlich unbedenklich,

sie können wieder verwertet werden,

ihre Herstellung erfolgt unter Nutzung erneuerbarer Energien,

die Produkte werden mit der nachhaltigen Nutzung von Wasser produziert (das bedeutet, dass die Hersteller der Produkte einen verantwortungsvollen Umgang mit Wasser pflegen – und zum Beispiel das Wasser in Kreisläufen halten, besondere Reinigungsstufen in der Produktion einbauen, eigene Trinkwasserbrunnen haben etc.)

und bei ihrer Herstellung und Verarbeitung werden die Kriterien sozialer Gerechtigkeit eingehalten und umgesetzt.

Die Produktlinie „prePatina“ des Herstellers Rheinzink ist C2C-zertifiziert und gehört daher zu den Baustoffen, die im Park 20|20 zum Einsatz kommen können. Zu den herausragenden Eigenschaften dieser Art von Titanzink zählt – unter C2C-Aspekten –, dass sämtliche während der Herstellung anfallenden Reste dem Produktionsprozess wieder zugeführt werden, die Menge des eingesetzten Rohmaterials exakt dem Gewicht des Fertigprodukts entspricht und Rheinzink-Titanzink zu 100 Prozent recycelbar ist. Es erfüllt damit in allen Bereichen die Anforderungen der „Crade to Cradle“-Produktionsweise.

Zu den weiteren positiven Eigenschaften des Baustoffs gehören neben der ästhetischen Vielfältigkeit und seiner außergewöhnlichen Langlebigkeit die Fähigkeit, eine schützende Patina zu bilden. Wegen dieser Schutzschicht benötigen Dach- und Fassadenflächen aus diesem Titanzink während des gesamten Lebenszyklus keine Reinigung, Pflege oder Wartung, denn die Patina bildet sich nach Beschädigungen immer wieder neu. Ihre Bildung unterliegt einem natürlichen Prozess, der unter anderem von Himmelsrichtung, Dachneigung und Regenhäufigkeit abhängt und ungleichmäßig verläuft. In dieser Zeit können Lichtreflexionen der Oberfläche ein unruhiges Aussehen verleihen, was Bauherren und Architekten möglicherweise stören könnte. Vor diesem Hintergrund wurde mit einem speziellen Beizverfahren die Oberflächenqualitäten „prePatina“ blaugrau und „prePatina“ schiefergrau entwickelt. Das Verfahren verleiht dem Werkstoff bereits werksmäßig den Farbton, der durch die natürliche Bewitterung ohnehin entsteht. Die Eigenschaft des Materials, die lebenslang schützende Patina zu bilden, bleibt dabei vollständig erhalten.

Der Gewerbepark wächst Stück für Stück

Nach intensiver Vorbereitung und Planung nimmt  der Park 20|20 mittlerweile konkrete Formen an. Inzwischen wurde das sogenannte „inspiratiehuis 20|20“ in Betrieb genommen, seit November 2011 wurden außerdem das Experience Center und das ParkcaféGroen eröffnet. Zum Parkcafé gehören neben einem Restaurant mehrere Gewächshäuser für den Anbau von biologisch erzeugten Lebensmitteln. Das Experience Center bietet unter anderem für Besucher Informationen über das „Cradle to Cradle“-Konzept an.

Beim FIFpro-Neubau (Fédération Internationale des Associations de Footballeurs Professionnels – internationale Vertretung von rund 50 000 Profi-Fußballspielern) wurde von den Handwerkern das Produkt Titanzink in der Qualität „prePatina“ schiefergrau verarbeitet. Das Gebäude besteht aus zwei Komplexen: einem Büro- und einem Veranstaltungstrakt. Der Bürobereich ist von einer gläsernen Fassade umgeben, die mit ihrer Offenheit die internationalen Aktivitäten der FIFpro symbolisiert und eine direkte Verbindung zum Park 20|20 schafft. Der Veranstaltungstrakt wird für Pressekonferenzen, Seminare und Kongresse genutzt und lenkt mit seinen fensterlosen Außenwänden die Konzentration auf die Geschehnisse im Innern. Seine Fassaden wurden mit Rheinzink-Titanzink in Winkelstehfalztechnik, die Unterseite des schräg verlaufenden Auditoriums mit Steckfalzpaneelen bekleidet. Der Vorteil des Steckfalzpaneels besteht in der variablen Breite sowohl bei den Paneelen als auch bei den Fugen. Beim FIFpro-Auditorium wurde mit 300 mm breiten, teilweise bis zu 2 m langen Paneelen und 10 mm breiten Fugen gearbeitet.

Fassade im Wilden Verband

Eine ausgefallene Gestaltung erhielt Fox Vakanties. Der neue Hauptsitz des Internet-Reiseanbieters wurde von den Architekten mit runden, eckigen und schrägen Gebäudeteilen sowie einer kontrastreichen Fassadengestaltung ausgeführt. Eine bunte Glasfassade steht für den öffentlich zugänglichen Bereich. Im Süden des Gebäudes bildet das Erdgeschoss mit seinen bewachsenen Fassaden die Basis für einen gläsernen Konferenzbereich, über dem der eher in sich gekehrte Bürobereich mit der nach außen gekippten Außenwand schwebt. Diesen dynamisch nach oben strebenden Gebäudetrakt ließen Bauherr und Architekten mit Titanzink in der Qualität prePatina schiefergrau bekleiden. In den überkragenden Bereichen kamen auf der Unterseite Steckfalzpaneele zum Einsatz.

An den Fassaden erfolgte die Verlegung in Winkelstehfalztechnik im Wilden Verband, der mit seinen ausdrucksstarken, senkrechten Linien die Bewegung in die Höhe kraftvoll unterstreicht. Für die Umsetzung kamen drei unterschiedliche Scharbreiten (150 mm, 300 mm und 450 mm) zum Einsatz, die mit einer Falzhöhe von 25 mm verlegt wurden. Die Anordnung der Schare erfolgte nach den Vorgaben der Architekten, die Verlegung auf den vorgefertigten Holzrahmenelemente (hinterlüftete Konstruktion mit zwischen den Holzrahmen liegender Dämmung, Holzschalung).

Bemerkenswert am Hauptquartier von Fox Vakanties ist nicht nur der Einsatz der C2C-Materialien, sondern auch das Gesamtkonzept: Das Gebäude ist gemäß BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method), dem britischen Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen, mit dem Gütesiegel „BREEAM Excellent“ ausgezeichnet worden.

Der Park 20|20 soll weiterwachsen und bis zum Jahr 2020 fertig sein. Derzeit wird die neue Hauptverwaltung von Blue Water Energy, einem niederländischen Engineeringunternehmen, errichtet. Bis 2020 sollen in dem Gewerbepark insgesamt 91 200 m² Büroflächen sowie Sporteinrichtungen, ein Supermarkt und ein Kindergarten entstehen. Und das alles mit Produkten, die C2C zertifiziert sind.

Mehr zum Thema „Cradle to Cradle“, über die Idee und die Entwicklung im Baubereich, lesen Sie im TOP- Thema ab Seite 10.

Autor

Frank Neumann ist Leiter der Anwendungstechnik/Marketing bei der Rheinzink GmbH & Co. KG in Datteln.

Beim „Cradle to Cradle“-Prinzip werden alle Materialien ­
wieder verwertet und unterliegen dabei keinem Downcycling

Bautafel (Auswahl)

Objekt FOX Vakanties / ANWB, Park 20I20,

Hoofddorp, Niederlande

Entwurfsplanung William McDonough + Partners, Charlottesville / Virginia (USA)

Ausführungsplanung N3O Architecten,

Den Haag (Niederlande)

Verarbeiter Loodgietersbedrijf C. J. Ockeloen v.o.f., Amsterdam (Niederlande)

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 08/2014

Die Natur kennt keine Abfälle

Michael Braungart steht bei einem seiner vielen Auftritte auf der Bühne und erzählt den Zuhörern etwas über Umweltschutz. „Wenn Sie etwas für die Umwelt tun möchten, dann fahren Sie mit dem...

mehr
Ausgabe 08/2014

Die Zukunft des Bauens? Das könnte auch bedeuten, achtlos mit Energie umzugehen

Liebe Leserinnen, liebe Leser, die BAU in München hat „die Zukunft des Bauens“ im Blick, so lautet zumindest der Untertitel der diesjährigen Messe. Ganz auf die Bauzukunft zielen die...

mehr
Ausgabe 08/2023

Fassadentafeln mit Kontrasteffekt

EQUITONE__linea_LT85_01.jpg

Das besondere Merkmal der Fassadentafeln „Equitone linea“ aus Faserzement sind fingerbreite Fräsungen in der Plattenoberfläche. Diese Fräsungen verleihen der Faserzementtafel räumliche Tiefe,...

mehr