Holz im Himmel

Ein 40 m hoher Holzturm auf dem Gartenschaugelände in Schwäbisch Gmünd

Der Name ist Programm und der Ort an dem er steht ideal: Auf einer Hochebene gelegen, sollen die Menschen, die den „Himmelsstürmer“ besteigen, dem Himmel entgegen streben. Der Holzbau aus Brettschichtholz zeigt den Besuchern der Landesgartenschau, was mit Holz alles möglich ist.

Der knapp 40 m hohe Turm steht im Landschaftspark Wetzgau, einem Ort hoch oben über der Stadt Schwäbisch Gmünd. Über 3700 Lärchen-Schindeln und 1300 Spiegelkacheln zieren den Turm an seiner Fassade. Die Spiegelkacheln sollen den Übergang zum Himmel markieren. Und tatsächlich: Je höher der Turm wird, umso gehäufter sind die Spiegel angebracht und umso mehr scheint der Turm in den Himmel überzugehen. Er wird zum Spiegelbild seiner Umgebung und passt sich damit an die Natur an.

Pünktlich zur Eröffnung der diesjährigen Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd am 30. April wurde der Turm fertiggestellt. Der Himmelsstürmer ist der neue Aussichtsturm, der den oberen Teil der Landesgartenschau, den „Himmelsgarten“ markiert. Er wurde als reine Holzkonstruktion aus Brettsperrholz(BSP)-Elementen gefertigt. 209 Stufen (1,50 m breit) führen die Besucher zur 20 m2 großen Aussichtsplattform in 35 m Höhe.

Während des Aufstieges laden die Zwischenebenen und Ausschnitte zum Ausruhen ein und das Veranstaltungsgelände kann über die insgesamt 124 Fenster aus verschiedenen Blickwinkeln und Höhen bewundert werden.

Von ganz oben erstreckt sich der Ausblick über Schwäbisch Gmünd mit seinem Heilig-Kreuz-Münster und der Johanniskirche und bietet ein einzigartiges Panorama bis hin zu den drei „Kaiserbergen“ (Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen)der Schwäbischen Alb.

Enger Zeitplan

Die Planungsphase war extrem kurz: Die Auftragsvergabe war am 23.12.2013 und nach nur wenigen Wochen begann die beauftragte Holzbaufirma Schlosser aus Jagstzell Mitte Februar in ihren Werkhallen bereits mit der Vormontage der 14 Bauelemente. Der Startschuss zum Aufrichten war dann Anfang März im gleichen Jahr. 

Verbaut wurden insgesamt 176 m³ Holz. Der Turm besteht aus einem Außen- und einem Innenturm. Der Innenturm (Holzquerschnitt 12 cm, dreilagig BSP) hat Außenabmessungen von 2,20 x 2,20 m und nimmt als Versorgungsschacht Brandmeldeleitungen und zudem elektrische Leitungen und die Löschwasserleitung auf.

Der Außenturm (Holzquerschnitt 20 cm, fünflagiges BSP, Außenmaße 5,60 x 5,60 m) hat auf der gesamten Wegstrecke nach oben Öffnungen, die den Blick nach außen in die Landschaft freigeben. Die Bauteile für den äußeren Turm wurden als L-förmige Eckbauteile gefertigt. Das erleichterte die Montage erheblich, denn die Elemente mussten dadurch nur wenig gegen kippen gesichert werden.

Nachdem die Elemente mit einem Schwertransporter zur Baustelle geliefert wurden, konnte zunächst auf das Stahlbetonfundament der untere Teil des Innenturmes gestellt und mit Anschlussblechen und Stabdübel befestigt werden. Um diesen Innenturm herum wurden danach bereits am ersten Montagetag die vier Eckteile des Außenturmes gestellt und mit schon angebrachten Stahlprofilen mit Stabdübeln am Fundament verschraubt. Als Aussteifung zwischen Innen- und Außenturm fungieren zum einen die Gitterrost-Treppenstufen, die zwischen Innen- und Außenturm nur in vorgefertigte Distanzbolzen eingehängt und verschraubt (und sukzessive mit der Höhe nach oben montiert) wurden. Die statisch größere Aufgabe übernehmen die Treppenpodeste – aus dreilagigem BSP gefertigt, 14 cm dick – die in den Außenturm eingenutet und mit Vollgewindeschrauben verschraubt sind. Am Innenturm sind sie über L-Stahl-Auflagerwinkel befestigt. 

Die vertikale Fuge, die sich bei den vier Eckbauteilen ergibt wurde mit Vollgewindeschrauben von der Innen und Außenseite (kreuzweise im 60° Winkel eingeschraubt) geschlossen. Durch die hohe Anzahl der Schrauben konnte der Kraftschluss zwischen den Außenelementen hergestellt werden.

Montage innerhalb von drei Tagen

Die Montage verlief innerhalb von nur drei Tagen. Der obere Teil des zweiteiligen Innenturms wurde am zweiten Tag mit einem Schwerlastkran gestellt und über Bleche und Stabdübel mit dem unteren verbunden. Danach folgte wiederum die Gruppierung der Eckelemente des Außenturms um den Innenturm herum. Die in der Vorfertigung in die Holzelemente eingeschlitzten Stahlbleche brachten die horizontale kraftschlüssige Verbindung der Außenelemente miteinander.

Am dritten Tag wurde das „dritte Geschoss“ des dreiteiligen Außenturmes aufgesetzt und analog wie zuvor beschrieben montiert. Der krönende Abschluss bildete das Dachelement.

Im Bereich der Naht zwischen den außen liegenden L-Bauteilen wurden die Schindeln beziehungsweise die „Spiegel“ nachträglich angebracht. Zunächst mussten die Elemente kraftschlüssig verschraubt werden. Die Schindeln selbst wurden in der Vorfertigung an die Fassade geschraubt, eine dunkle Dachbahn sorgt für die dunkle Schattenfuge.

Der Himmelsstürmer – ein Bürgerprojekt

Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Institutionen haben das Bauvorhaben mit Spenden durch den Kauf von Stufen und Spiegelflächen unterstützt und den knapp 40 m hohen Turm (Baukosten rund 500000 Euro netto) damit zu einem wahren Bürgerprojekt gemacht.

Mit dem Bau des „Himmelsstürmers“ entstand nicht nur ein Blickfang für die Landesgartenschau 2014, sondern darüber hinaus vielleicht sogar das neue Wahrzeichen von Schwäbisch Gmünd!?

Autor

Rüdiger Sinn ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Kurz vor Weihnachten war die Auftragsvergabe, Anfang März wurde der Turm bereits aufgerichet

Für die BSP-Elemente galt die Feuerwiderstandsklasse F30, die durch Dickenzuschlag erreicht wurde

Brandschutzkonzept – gefordert war F30

Mit dem Brandschutzkonzept wurde die TSB In­genieursgesellschaft mbH beauftragt. Gefordert war eine F30-Konstruktion. Dies konnte nur durch umfangreiche bauliche und technische Maßnahmen erreicht werden:

Die ursprünglich geplanten Fensteröffnungen ­fallen nach dem Konzept nun deutlich größer aus. Der Grund ist, den schnelleren Rauchabzug sicherzustellen (Öffnungsanteil 25 Prozent der Außenwandfläche).
Das Brandschutzkonzept beinhaltete zudem einen Brandschott auf halber Höhe sowie rauchdichte Türen, dazu eine trockene Steigleitung, Rauchmelder und mehrere Handauslöser.
Feuerwiderstand F30 konnte auch für die Vollholz-Elemente nachgewiesen werden, indem ein Dickenzuschlag auf die statisch notwendige Dicke aufgeschlagen wurde. So viel, wie rechnerisch in 30 Min. abbrennen und verkohlen. So durfte die Holzoberfläche sichtbar bleiben und wurde nicht beplankt.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Himmelsstürmer auf der Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd

Bauherrin Landesgartenschau Schwäbisch Gmünd 2014 GmbH

Architekt KuKuk GmbH, 70567 Stuttgart, www.zumkukuk.de

Statik/Tragwerksplanung Andreas Wirth, 79100 Freiburg, www.wirth-baustatik.de

Brandschutz TSB Ingenieurgesellschaft mbH, 64285 Darmstadt,

www.tsb-ing.de

Werkplanung, Fertigung und Montage Holzbau Schlosser plan.Projekt GmbH & Co. KG, 73489 Jagstzell, www.schlosser-projekt.de

Im Internet finden Sie weitere Fotos vom Bau des „Himmelsstürmers“ in Schwäbisch Gmünd. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

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