Gegen Feuer unter dem Dach

Brandwände und Trennwände: Ausführung im Detail

Brandschutzmaßnahmen im Dachbereich sollen die Feuer­aus­breitung auf angrenzende Gebäude oder Nutzung­s­einhei­ten begrenzen und ver­hindern. Wird der Brandschutz ver­nachlässigt, kann das im Brandfall drama­tische Folgen für die Geschädigten und Konsequenzen für ausführende Handwerker haben.

Bei vielen Brandschadensfällen überläuft das Feuer eine Trenn- oder Brandwand. Um solche potenziellen Schwachstellen im Steildach zu vermeiden und die den Brandschutzanforderungen entsprechenden Detaillösungen zu finden, brauchen Dachhandwerker fundierte Kenntnisse der bauordnungsrechtlichen Vor­schriften und über die Eignung der verwendeten Materialien. In der Mus­ter­bauordnung des Bundes 2002 / 2019 (MBO) und in den darauf aufbauenden Bauordnungen der Länder (LBO) findet man die entsprechenden rechtlichen Grundlagen.

Brandwand oder Trennwand

Für Wände, die an die Dachfläche anschließen oder sie durchdringen, gibt es zwei unterschiedliche Wandtypen. Brandwände sind die äußeren Umfassungswände von Ge­bäuden, die den vorgeschriebenen Grenzab­stand von min­des­tens fünf Metern untereinander unter­schrei­ten. Daneben gibt es so genannte „innere Brand­wände“, die Gebäude in maximal 40 m lange (Brand-)Abschnitte unterteilen. Bei­de Wandtypen sollen die Ausbreitung eines Bran­des begren­zen. Brandwände sind auch zwischen Wohn­gebäuden der Gebäudeklassen (GK) 3 bis 5 vorge­schrieben, wenn sie direkt aneinandergebaut sind. Als Beispiel einer Brand­wand­­aus­führung, die für alle Gebäudeklassen angewendet werden kann, steht die Abbildung „Ausführungsmöglichkeit im Detail für alle Gebäudeklassen“ auf der gegenüberliegende Seite.

Als Trennwände im brandschutztechnischen Sinne gelten Wände, die Nutzungseinheiten innerhalb eines Gebäudes von­­einander abgrenzen und die Brandausbreitung zumin­dest verzögern. Trennwände sind beispielsweise zwischen Wohnun­gen im Dachgeschoss eines Wohnhauses der Gebäude­klasse 3 erforderlich.

Die Musterbauordnung gibt noch weitere, erläutern­de An­ga­ben zu diesen Wandtypen und zu den brand­schutz­tech­nischen Anforderungen an diese Bauteile:

§ 29 Trennwände

(1) Trennwände (…) [sind] raumabschließende Bauteile von (…) Nutzungseinheiten innerhalb von Geschossen (…).

(2) Trennwände sind erforderlich zwischen Nutzungs­einheiten sowie zwischen Nutzungseinheiten und anders genutzten Räumen, ausgenommen notwendigen Fluren.

(3) Trennwände nach Absatz 2, Nr. 1 und 3 müssen (…) mindestens feuerhemmend sein.

(4) Trennwände nach Absatz 2 sind (…) im Dachraum bis unter die Dachhaut zu führen (…).

(6) Die Absätze 1-5 gelten nicht für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.

Der Begriff „Dachhaut“ lässt sich hier als Dacheindeckung im Steildach (Dachziegel, Dachsteine) interpretieren. Für nur zu Wohnzwecken genutzte Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 sind Trennwände im Sinne der MBO nicht erforder­lich. Zur Umsetzung der Anforderung „feuerhemmend“ im Dachbereich, also zwi­schen Oberkante Sparren und Dach­eindeckung, schweigen sich sowohl die MBO als auch er­gänzende und kom­men­tierende Literatur aus. Zu Brandwänden gibt es hingegen ver­wertbare und umsetz­bare Informationen:

§ 30 Brandwände

(1) Brandwände (…) [sind] raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden (Gebäudeabschlusswand) oder zur Unterteilung von Gebäuden in Brandabschnitte (inne­re Brandwand) (…).

(4) Brandwände müssen bis zur Bedachung durchgehen (…).

(5) (…) Bei Gebäudeklassen 1 bis 3 sind Brandwände min­destens bis unter die Dachhaut zu führen. Verbleibende Hohl­räume sind vollständig mit nichtbrennbaren Bau­stof­fen auszufüllen.

(7) Bauteile mit brennbaren Baustoffen dürfen über Brandwände nicht hinweggeführt werden.

Ein echtes Dilemma: MBO versus Fachregeln

Für den Dachhandwerker finden sich hier zwei wichtige Hin­weise: Die vereinfachte Ausführung der Brandwand bei Gebäudeklassen 1 bis 3 verlangt eine Verfüllung sämt­licher Hohlräume mit nicht brennbaren Bau­stoffen (siehe Absatz 5). Brennbare Baustoffe dürfen nicht über Brandwände hinweggeführt werden (siehe Absatz 7). Der Absatz 7 wirft jedoch ein Problem auf. Folgt man der Vorgabe, dürfen Zusatzmaßnahmen zur Erhöhung der Re­gen­­sicherheit eines Daches, wie etwa brennbare Unter­deckbahnen, nicht über die Brandwand hinwegge­führt wer­den. Verzichtet der Dachhandwerker aber auf die Unter­deckbahn, handelt er zwar in Einklang mit der MBO, aber im Widerspruch zu den Fachregeln des Zentralver­bands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), die als allge­mein anerkannte Regel der Technik gelten. Hier wird die Ausführung einer Zusatzmaßnahme bei zu Wohn­zwecken genutzten Gebäuden verbindlich vorge­schrieben. Ohne die Zusatzmaßnahme wird die Regen­sicherheit und damit die Funktionstüchtigkeit der Dach­eindeckung eingeschränkt sein. Die Folge wären Bauschä­den durch einen möglichen Feuchtigkeitseintrag.

Durchgezogene Unterdeckbahn

Eine Lösung bietet die „Ausführung im Detail für Gebäudeklassen 1 - 3” (siehe Abbildung oben rechts). Diese entspricht den Vorgaben der Musterbauordnung, mit einer Ausnahme: der durch­ge­zogenen Unterdeckbahn. Damit werden zum einen die Anfor­derun­gen aus dem Fach­regelwerk des ZVDH erfüllt. Zum anderen gilt es unter vielen Brand­sachverständigen als tolerierbar, die Unter­deck­bahn über die Brandwand zu führen, wenn die Bahn besondere An­for­derungen bezüglich des Brandverhaltens erfüllt. In die­sem Fall ist der Nachweis gefordert, dass das verwendete Produkt schwer entflammbar und brandlast­arm ist. Der Nachweis kann über ein Datenblatt des Herstellers oder einen Prüfbericht über das Brandverhalten erfolgen. Da­nach müsste das Produkt mindestens der Baustoffklasse B nach EN 13501-1 entsprechen.

Fachplaner oder Sachverständigen hinzuziehen

Der Brandschutz ist ein ernst zu nehmender, hoch sensibler Themenkomplex. Fachliche Kompetenz, fundiertes Wissen und Verantwortungsbewusstsein sind Grundvoraussetzungen bei der Ausführung der damit ver­bundenen handwerklichen Leistungen. Um in kritischen oder nicht zweifelsfrei zu beurteilenden Situationen – auch im Hinblick auf die korrekte Detailausführung – auf Nummer Sicher zu gehen, sollte immer ein Fach­planer oder ein Sachverständiger für baulichen Brand­schutz zu Rate ge­zogen werden.

Autor

Michael Freund ist Dachdeckermeister und Anwendungstechniker bei der Dörken GmbH & Co. KG in Herdecke.

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