Flachdächer in Holzbauweise
Flachdächer und flach geneigte Dächer in Holzbauweise werden häufig als oberer Abschluss wärmegedämmter Gebäude im Neubau, aber auch für Aufstockungen beim Bauen im Bestand eingesetzt. Im zweiten Teil unseres Beitrags zu Flachdächern in Holzbauweise geht es um nicht belüftete Flachdachkonstruktionen.
OSB-Platten eignen sich als idealer Untergrund für Abdichtungen bei Flachdächern, sind aber auch für Metalldächer als tragende Dachschalung gut geeignet. Durch die Möglichkeit der Vorfertigung wird die Holzbauweise auch für großflächige Gewerbehallen genutzt. Unterschieden werden belüftete und nicht belüftete Flachdachkonstruktionen in Holzbauweise (siehe Teil 1 dieses Beitrags in der dach+holzbau 4.2023). Zusammengefasst lässt sich sagen, dass belüftete Bauweisen bei funktionierender Belüftung durch die diffusionsoffene Bauweise einen höheren Feuchteschutz aufweisen. Dadurch wird auch eine individuelle Nutzung der Dachfläche möglich, zum Beispiel für Gründächer. Nicht belüftete Flachdächer in Holzbauweise sind meist kompakter, sofern die Dämmung in der Ebene der Tragkonstruktion liegt. Das hat allerdings häufig eine eingeschränkte Dachnutzung zur Folge.
Flachdächer mit Nutzschichten
Nicht belüftete Flachdächer mit aufliegender Bekiesung, extensiver Dachbegrünung oder Terrassenbelag sowie verschattete Konstruktionen müssen bauphysikalisch gesondert betrachtet werden. Eine Ausnahme davon besteht, wenn die Dämmung vollständig beziehungsweise zu mindestens 80 Prozent oberhalb der Konstruktion angeordnet ist. Dann befindet sich die Holzkonstruktion weitgehend auf der „warmen“ Bauteilseite. Liegen Nutzschichten vor, weisen die Dachkonstruktionen eine geringere Erwärmung auf der Oberseite auf. Das hat eine reduzierte Rücktrocknung zur Folge, die aber zur Austrocknung der während der Tauperiode eingebrachten Feuchtigkeit notwendig ist. Deshalb sollten nicht belüftete Konstruktionen über ein Mindestmaß an Überdämmung verfügen. Beispielkonstruktionen und Möglichkeiten zur Vordimensionierung enthält die Planungsbroschüre des Informationsdiensts Holz [1]. Genaue rechnerische Nachweise, sogenannte hygrothermische Simulationen, werden durch Fachplaner mit spezieller Software durchgeführt, zum Beispiel WUFI (IBP Holzkirchen) oder Delphin (TU Dresden).
Sonderlösung: Konstruktionen ohne Überdämmung
Der Verzicht auf eine Überdämmung einschaliger Flachdächer ist zwar möglich, diese Bauteile werden aber als Sonderkonstruktion angesehen. Durch die starke Abkühlung der Holzkonstruktion auf der Oberseite und die fehlende zweite Abdichtungsebene besteht das Risiko einer erhöhten Tauwasserbelastung. Diese Bauweise sollte deshalb temporären Bauwerken oder Gebäuden vorbehalten bleiben, bei denen eine dauerhafte Verschattungsfreiheit sichergestellt und eine Qualitätssicherung der Ausführung möglichst mit Leckageortung vorgesehen wurde. Durch vermehrte Tauwasserbildung können sonst Schäden entstehen.
Eine Optimierung einschaliger Flachdachkonstruktionen bietet sich durch die Anwendung von großformatigen OSB-Platten als beidseitige Beplankung an. Die komplett vorgefertigten Dachelemente können als Ein- und Mehrfeldträger zum Beispiel bei Hallendächern auf eine Haupttragkonstruktion aufgebracht werden. Wird die untere Beplankungsebene ebenso wie die obere Dachschalung statisch mittragend angesetzt, entsteht ein hinsichtlich seines Tragverhaltens effizient zusammengesetzter Querschnitt, dessen Untersicht man sogar sichtbar belassen kann. Zur Steigerung der Robustheit dieser Konstruktionen empfiehlt die technische Beratung des Herstellers West Fraser, eine feuchtevariable Dampfbremse oberhalb der raumseitigen OSB einzubringen. Diese Kombination bewirkt einen „Ventileffekt“: Die durch die OSB geschützte Dampfbremse erhöht den Diffusionswiderstand bei Feuchteeinwirkung von innen, ermöglicht aber dennoch eine Rücktrocknung zum Innenraum.
Nicht belüftete Flachdachkonstruktion mit „SterlingOSB-Zero“ und feuchtevariabler Dampfbremse für den sicheren Feuchteschutz
Grafik: West Fraser
- Dachabdichtung, z.B. Bitumen- oder Kunststoffbahnen
- Überdämmung Typ DAA, z.B. EPS/XPS
- Behelfsabdichtung, zum Beispiel einlagige Bitumenabdichtung
- Dachschalung OSB/3 oder OSB/4, d ≥ 22 mm
- Volldämmung (Faserdämmstoff)
- Tragkonstruktion KVH oder gleichwertig
- Feuchtevariable Dampfbremse
- „SterlingOSB-Zero“ ggfs. als sichtbarer, unterer Elementabschluss und Dampfbremse, als statisch mitwirkende Beplankung ansetzbar
Vorteile von OSB/4- gegenüber OSB/3-Platten
Für die Anwendung im Flachdach müssen die feuchtebeständigeren, PMDI-verklebten OSB/3-Platten oder OSB/4-Platten zum Einsatz kommen. Der Vorteil von OSB/4 gegenüber OSB/3 liegt in der höheren Biegebeanspruchbarkeit. Diese ist bei Beplankung in Längsrichtung der Elemente oder bei Abständen der Tragkonstruktion größer als etwa 1 m von Vorteil. Tabellen zur Vordimensionierung der Platten enthält zum Beispiel die Planungsbroschüre „Bauen mit SterlingOSB-Zero“ von West Fraser (siehe online unter www.sterlingosb.de).
Wichtige Ausführungshinweise für Flachdächer
Bei Flachdächern in Holzbauweise ist es von besonderer Bedeutung, bereits während der Montage einen Witterungsschutz vorzusehen. Hierzu sollte auf der Holzkonstruktion eine erste Abdichtungslage als Behelfsabdichtung eingeplant werden. Vorteilhaft ist es zudem, wenn die Rohkonstruktion bereits ein Gefälle hat, um anfallendes Regenwasser ableiten zu können. Durch Witterungseinflüsse befeuchtete Konstruktionen müssen vor dem Schließen getrocknet sein. OSB-Platten mit conti-finished-Oberfläche, zum Beispiel „SterlingOSB-Zero“, sind unempfindlich gegenüber kurzfristiger Bewitterung – die geforderte Einbaufeuchte von maximal 12 Prozent wird werkseitig zugesichert. Flachdächer sind als oberer Abschluss der Gebäudehülle nicht nur von außen, sondern auch von innen feuchtebelastet. Länger anhaltende hohe Baufeuchtigkeit, zum Beispiel durch den Einbau von Nassestrichen oder durch Verputzarbeiten, kann zu einer erheblichen Feuchtebeanspruchung führen, weshalb für eine kontrollierte Bautrocknung zu sorgen ist. Bei der Anwendung feuchtevariabler Dampfbremsen können bei hoher Umgebungsfeuchte große Mengen Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringen. Durch Verwendung von OSB, ggf. in Kombination mit feuchtevariablen Dampfbremsen, werden solche Feuchtespitzen in der Konstruktion vermieden.
Schadensfall im unbelüfteten Flachdach: Durch Feuchteeintrag in der Bauphase und unzureichendem Rücktrocknungspotential wegen einer Dampfsperre konnte die Feuchtigkeit aus der Konstruktion nicht entweichen. Die Folgen waren Schimmel in der Dämmung und Fäulnis in der Holzkonstruktion
Foto: Daniel Schmidt
Wie bei anderen Holzwerkstoffen auch ist bei OSB auf eine fachgerechte Fugenausbildung bei der Plattenverlegung zu achten. Um Zwängungen aufgrund einer konstruktionsbedingten Feuchtezunahme der Beplankung (insbesondere bei unbelüfteten Konstruktionen) zu vermeiden, sind bei den gängigen Plattenformaten von 1,25 x 2,50 m grundsätzlich 3 mm breite Fugen vorzusehen. Bei einigen Produkten ist bereits eine Fuge in die Nut-Feder-Verbindung eingearbeitet.
AutorDaniel Schmidt ist Bauingenieur, arbeitet an der Staatlichen Technikakademie Alsfeld und ist als Referent und Sachverständiger tätig. Im Rahmen seiner Beratungstätigkeit für den Informationsdienst Holz war er an den Schriften „Flachdächer in Holzbauweise“, „Holzrahmenbau“ und „Holzschutz – Bauliche Maßnahmen“ beteiligt.
Literatur
[1] Schmidt, Daniel; Kehl, Daniel: Informationsdienst Holz – Flachdächer in Holzbauweise, 1/2019; erscheint in der Holzbau Handbuch-Reihe – www.informationsdienst-holz.de
Weitere Informationen
Bei dem Beitrag handelt es sich um eine gekürzte Version der Fachinformation „Flachdächer mit Sterling OSB-Zero“ von West Fraser. Die für Planer und Verarbeiter konzipierte Schrift ist kürzlich in einer überarbeiteten Auflage erschienen und online zu beziehen unter: https://norbord.de/info-muster/downloads/