Die Berghütte als Selbstversorger

Knapp eineinhalb Stunden von Wien entfernt, auf 1250 m Höhe liegt das Naturfreundehaus Knofeleben. Es ist nur über eine schmale Forststraße erreichbar. Das Haus versorgt sich komplett selbst mit Strom und Wasser. Die abgeschiedene Lage wurde dem Haus vor fünf Jahren aber zum Verhängnis.

Der Name der Knofelebenhütte kommt von den Unmengen an Bärlauch, die um die Hütte herum im Frühjahr wachsen. Der Bärlauch ist als wilder Knoblauch bekannt und schmeckt entsprechend intensiv. Im süddeutschen Sprachraum wird Knoblauch auch Knofel genannt, so kommt der Name der Hütte zustande.

Weder Strom- noch Wasserleitungen führen zu der Hütte. Die abgeschiedene Lage wurde dem alten Friedrich-Hallerhaus zum Verhängnis. Vor fünf Jahren, kurz vor dem Start in die Saison, brannte das Haus komplett nieder. Bis heute wissen die Pächter nicht, was die Ursache war. „Als die Feuerwehr verständigt wurde, war bereits die halbe Hütte abgebrannt“, erzählt Marco Auer. Er betreibt zusammen mit Viktor Krenthaller die Hütte. Die Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehr brauchten eine Stunde, bis sie auf dem Berg waren. „Die Hütte war nicht mehr zu retten. Die Feuerwehr konnte nur noch das Ausbreiten des Feuers auf den Wald verhindern“, erzählt Auer.

Ehemalige Gäste planen die neue Hütte

Die Eigentümer, die Natufreunde Wien, entschlossen sich die Hütte neu zu bauen. Sie standen vor der Herausforderung, noch vor Wintereinbruch mit dem Rohbau fertig zu werden. Denn die Knofelebenhütte ist nur über eine schmale Forststraße erreichbar, die im Winter für Baufahrzeuge unpassierbar ist.

Ein Jahr zuvor hatte das Architektenehepaar Regina Lettner und Günter Lagler aus Wien noch seine Hochzeit auf der Hütte gefeiert. Die Betreiber der Hütte erinnerten sich an die Architekten und fragten sie, ob sie nicht ein Konzept für eine neue Hütte entwickeln könnten. Die Architekten sagten zu.

Das Planungsteam des Wiener Architekturbüros Baukult setzte sich eine Frist: Bis zum 8. April 2012 sollte das neue Haus fertig sein. Wegen der schlechten Erreichbarkeit der Hütte in den Wintermonaten entschieden sich die Architekten, weitgehend vorgefertigte Bauteile einzusetzen. Aber die Architekten entwickelten das Konzept für die Knofelebenhütte nicht allein. Haustechniker und Tageslichtplaner von Velux halfen ihnen dabei. So wie bisher sollte die Hütte mit selbst erzeugter Energie betrieben werden. Sie ist nach dem „Activ House“-Konzept geplant (siehe Infokasten Seite 24.)

„Weil es an der Hütte kein fließend Wasser gibt, mussten wir das Betonfundament mit Wasser von der Feuerwehr gießen“, beschreibt Architektin Regina Lettner die extremen Umstände. Die Zwischenwände, der vordere Teil des Erdgeschosses und die Dachkonstruktion bestehen aus vorgefertigten Holzelementen. Gebaut hat sie die Firma Schmid Holzbau aus Frankenburg. „Die ersten Holzelemente waren innerhalb von vier Wochen nach der Bestellung fertig“, erzählt Regina Lettner. Das neue, schräge Dach besteht aus einer Holz-Riegelonstruktion. Schon im Werk von Schmid Holzbau wurden Velux-Dachfenster eingebaut.

Das um 70 Grad geneigte, südliche Dach und die nach Norden gerichtete Dachfläche wurden mit Rheinzink-Stehfalzblechen eingedeckt . Das Dach musste unbedingt vor Weihnachten eingedeckt werden, danach wäre es zu kalt gewesen. Der Rohbau war bis zum Wintereinbruch fertig, das Schrägdach mit schwarzen Baufolien abgedeckt. Der Schnee konnte kommen.

Schnee, der vom Dach abrutscht

Im März ging der Bau weiter. In die Holzfassade im Erdgeschoss wurden die Fenster eingebaut. Die Fassade beschichteten die Handwerker mit einem Grobputz in Anthrazit. Mit einer unbehandelten Lärchenholzschalung kleidete man das Ober- und Dachgeschoss ein. Die Lärchenbretter sollen im Laufe der Zeit verwittern und eine natürliche Patina bilden. Zwischen den Fensterflächen am Schrägdach wurde auf den Blechen eine Photovoltaik-Anlage montiert. Auch auf dem Dachfirst stellte man eine Reihe Solarstrommodule auf. Denn der Strombedarf des Hauses soll aus Photovoltaik gedeckt werden. Aber was, wenn der Strom auf der Hütte ausfällt? „Für den Fall gibt es ein Notstromaggregat“, sagt Marco Auer. Aufgrund der schneereichen Lage des Gebäudes ist die Südfassade um 70 Grad geneigt. So rutscht Schnee jederzeit ab und die PV-Anlage produziert auch im Winter Strom. Die Energie wird in Gel-Batterien mit einer Leistung von 48 V / 1000 Ah gespeichert.

Kochen auf dem Holzofen

Wie zu Großmutters Zeiten wird ein mit Holz befeuerter Herd in der Küche zum Kochen genutzt. „Die Abwärme des Herds dient auch zum Heizen“, sagt Marco Auer. Das Holz für den Herd wird aus dem umliegenden Wald geschlagen. An besonders kalten Tagen dient ein Kaminofen im Gästebereich des Restaurants als zusätzliche Wärmequelle. Für die Wasserversorgung der Bewohner dient das nördlich gelegene Dach. Auf einer Neigung von acht Grad wird Regen und Schnee gesammelt. Ein Filter- und Reinigungssystem säubert den Regen. Anschließend wird das Wasser in unterirdische Zisternen mit einem Fassungsvermögen von 50 m³ geleitet. „Das Brauchwasser für die Toiletten wird nur durch den Kohlefilter gefiltert, das Nutzwasser zusätzlich UV-bestrahlt. Danach dürfen wir es zum Waschen und auch zum Kochen verwenden. Aber nicht als Trinkwasser“, erklärt Marco Auer. Trinkwasser bringen die Hüttenbesitzer flaschenweise auf den Berg. Aber was, wenn es einmal nicht regnet? „Dann werden wir von der Feuerwehr mit Wasser versorgt“, sagt Auer, „aber auch Bauern aus der Umgebung bringen uns in so einem Fall Wasser.“

Wald, Wild und Sternenhimmel

Die Fensterfronten in der schrägen Südfassade sorgen für Solarstrom. Durch das viele natürliche Licht ist auch an trüben Tagen nicht viel Kunstlicht nötig. Velux führte mit der Software „Daylight Visualizer“ eine Tageslichtplanung für die Hütte durch, um eine besonders helle Schutzhütte zu schaffen – sowohl in der Gaststube als auch in den Zimmern. So sorgen die Dachfenster für die Belichtung des Dachgeschosses und eröffnen einen Ausblick auf Wald und Wildtiere oder bei Nacht in den Sternenhimmel. Durch Flachdach-Fenster von Velux gelangt im hinteren Bereich des Hauses Tageslicht von oben in die Waschräume. Die liegen unter der relativ flachen, nach Norden ausgerichteten Dachseite. Zudem sorgen die Fenster für eine natürliche Belüftung der Räume.

Selbst fensterlose Gänge im Gebäude werden über Tageslicht-Spots mit natürlichem Licht versorgt. Durch eine Scheibe auf dem Dach wird das Tageslicht durch einen Tunnel direkt in den Raum geleitet. Auf insgesamt 665 m2 finden müde Wanderer in 65 Betten Platz für Erholung bei größtmöglicher Naturnähe. Was mit dem Einsatz des Baustoffes Holz alles möglich ist, zeigen unbehandelte, heimische Hölzer an Wänden, Decken und auf dem Boden. So wurde zum Beispiel die Decke in der Gaststube mit unbehandelten Holzschwarten gestaltet, die aus Resten der Schnittholzproduktion bestehen. Die Hölzer dienen zugleich als Akustikdecke.

Für den Umgang mit dem Baustoff Holz in Massivbauweise an einem energieautarken Gebäude erhielt das Naturfreundehaus Knofeleben den Niederösterreichischen Holzbaupreis in der Kategorie „Nutzbau“.

Autoren
Britta Warmbier ist Leiterin der PR und Öffentlichkeitsarbeit der Velux Deutschland GmbH in Hamburg.
Stephan Thomas ist Volontär in der Redaktion der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau in Gütersloh.

Der Rohbau musste vor dem Wintereinbruch fertig werden

Weil es an der Hütte kein fließend Wasser gibt, wurde das Fundament mit Wasser von der Feuerwehr gegossen

Die Forststraße zur Hütte ist im Winter für Baufahrzeuge unbefahrbar

Active House“ – was bedeutet das?

„Active Houses“ oder „AktivPlus“-Gebäude wurden mit dem Anspruch konzipiert, sich an die lokalen Bedingungen anzupassen und ihren Energiebedarf durch erneuerbare Energien zu decken. Auf internationaler Ebene bietet die „Active House Alliance“ eine Plattform, um dieses Gebäudekonzept voranzutreiben und im Markt zu etablieren. Ziel ist es, einen international gültigen Konsens zu schaffen, an welchen Leitlinien sich zukünftiges Bauen und Renovieren orientieren sollten. In Deutschland treibt der AktivPlus Verein als gemeinnützige Initiative von Planern und Wissenschaftlern die Entwicklung eines zukunftsfähigen Standards für Gebäude und Quartiere voran. Er soll sich dadurch auszeichnen, dass AktivPlus Gebäude Energiebedarf, Energieerzeugung sowie Wohnkomfort und Interaktion mit dem Nutzer optimieren und dadurch Infrastruktur und Umwelt entlasten. Als offenes Kompetenznetzwerk fördert der Verein den Erfahrungsaustausch seiner Mitglieder und die Diskussion mit den politischen Akteuren sowie die Wissensvermittlung an das Fachpublikum und an Bauherren.

Bautafel (Auswahl)

Architekten Regina M. Lettner und Günter Lagler, Planungsbüro baukult, Wien, www.baukult.at

Bauherr Verein „Die Naturfreunde Wien“, www.wien.naturfreunde.at

Holzbau Schmid Baugruppe, Frankenburg, www.schmid-baugruppe.at

Tageslichtplanung Velux Österreich GmbH, Wolkersdorf, www.velux.at

Dachdeckung Rheinzink vorbewittert schiefergrau, Rheinzink Austria GmbH, Herzogenburg, www.rheinzink.at

Fenster Velux Dachfenster in nordischer Kiefer mit Aluverblechung außen (dreifach verglast), Velux Flachdach-Fenster, Velux Tageslicht-Spots

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