Dekorative Schieferdeckung

Im vergangenen Jahr wurden die Gebäude des Stift Tilbeck im Münsterland umfangreich saniert. Unterschiedliche Schieferdeckungen zieren zwei neue Dachstühle. Dabei ist die dekorative Deckung mit Coquettes eher selten, passt aber zu den anderen Dächern der Stiftsgebäude.

In der Geschichte des Stifts Tilbeck, gegründet 1883, in der gleichnamigen, zu Havixbeck (Münsterland) gehörenden Bauernschaft, spielen die Ordensfrauen vom 3. Orden des heiligen Franziskus von Münster-St. Mauritz eine wichtige Rolle. In ihrem Leitbild steht das gemeinsame Leben, Lernen, Arbeiten und Wohnen von Jung und Alt, von Menschen mit und ohne Behinderung im Mittelpunkt, ganz nach der Devise: gemeinsam Vielfalt leben.

Seltene Deckart prägt die Dächer des Stifts

Eine Vielfalt spiegelt sich auch auf und an den Dächern der Stiftsgebäude wider. Ein Großteil der Dachflächen wird von Coquettes geprägt, einer ansonsten sehr seltenen Deckart aus Schiefer.

Die Deckung mit Coquettes ist den dekorativen Deckarten zuzuordnen. Ihre Verlegung erfolgt analog der Rechteck-Doppeldeckung, doch sie sind nicht recht-eckig. Ein Rundbogen am unteren Ende lässt sie aussehen wie Biberschwänze, doch es sind keine Ziegel – aber ohne Zweifel eine besondere Deckart.

Schiefer statt Asbest

Im Frühjahr 2013 gab die Stift Tilbeck GmbH im Namen des Bistums Münster als Eigentümer an mehreren Gebäuden umfangreiche Sanierungen in Auftrag, wovon auch die Dachflächen betroffen waren. So wurde das Haus „Don-Bosco Nord“, es beherbergt das Café am Turm, komplett entkernt.

Dabei wurden der Dachstuhl einschließlich der alten Deckung aus Asbestzement-Kurzwellplatten im oberen Dachbereich und die alte Schieferdeckung an den Mansardenflächen entfernt. Die Aufträge für die neuen Dachdeckungen aus Schiefer und Trapezprofilen sowie der Zimmererarbeiten erhielt die Firma Roßmöller & Berghaus GmbH & Co. KG, einem erfahrenen Dachdeckerei- und Zimmereibetrieb aus dem benachbarten Nottuln.

Die oberen, von unten kaum einsehbaren Dachflächen erhielten eine Deckung aus Stahltrapezprofilen. An den etwa 400 m² umfassenden Mansardenflächen kam Schiefer, verlegt auf Holzschalung mit bituminöser Dachbahn vorgedeckt, zur Anwendung. Nach der Dachdeckerfachregel beträgt das Maß der Höhenüberdeckung für das Format 40/20 cm bei einer Dachneigung ≥ 50° mindestens 6 cm; in diesem Fall betrug die Überdeckung sogar 8 cm. Die Coquettes aus spanischem Schiefer waren vom Lieferanten, der Schiefergruben Magog GmbH & Co. KG nicht nur mit dem Rundbogen versehen, sondern werkseitig mit der entsprechenden Lochung verlegefertig ausgestattet. Das sicherte eine zügige und damit kostengünstige Ausführung. Die für die Randanschlüsse erforderlichen Schiefer wurden von den Dachdeckern an der Baustelle von Hand zugerichtet.

Vertikal und horizontal geschnürt

Bei der Verlegung in Doppeldeckung überdecken die Schiefer des dritten Gebindes die des ersten um das Maß der Höhenüberdeckung. Daraus lassen sich der Lattenabstand (S) und damit die Gebindehöhe errechnen: S = (H - Ü)/2; also beim Stiftgebäude: (40 - 8)/2 = 16 cm. Die Verlegung erfolgt im halben Verband mit einer 3 bis 6 mm breiten Stoßfuge. Zur Gewährleistung einer exakten Ausführung wird eine waagerechte und senkrechte Schnürung empfohlen. Die Befestigung der Schiefer erfolgte mit verzinkten Schiefernägeln. Bei diesem Gebäude wurden alle Metallteile wie Rinneneisen, Rinnen und Kehlbleche in verzinkter Ausführung eingebaut.

Das unmittelbar gegenüberliegende Haus „Josef-Anna-Raphael“ beherbergt eine Schule, ein Fortbildungszentrum und eine Wohngruppe. Hier wurde nur die Dachdeckung erneuert. Der alte Dachstuhl konnte erhalten bleiben, musste aber aus statischen Gründen mit Stahlträgern stabilisiert werden. Die Asbestzement-Dachplatten auf dem oberen Dachteil und die alten Schiefer an den Mansardenflächen wurden einschließlich der alten Vordeckbahn abgetragen. Die Holzschalung konnte teilweise verbleiben, auf ihr wurde eine diffusionsoffene Schalungsbahn (Delta Foxx Plus) verlegt. Das etwa 700 m² große obere Dach erhielt eine Altdeutsche Schieferdeckung, die rund 350 m² der Mansarden wurden analog dem ersten Gebäude mit Coquettes belegt. Hier kamen alle Metallteile in Kupfer zur Ausführung. Die notwendigen Holz- und Stahlbauarbeiten sowie die Dachdecker- und Klempnerarbeiten wurden ebenfalls von der Firma Roßmöller & Berghaus ausgeführt.

Für die Ortgangausbildung stehen verschiedene Varianten zur Verfügung. Bei den beschriebenen Objekten kam eine aufgelegte Ortdeckung zur Ausführung, die auch als Strackort bezeichnet wird.

Dekorative Vielfalt

Aus der Tiefe der Erde gefördert, in Platten gespalten, in Form geschnitten und behauen, ist Schiefer ein optimaler Baustoff auf Dächern und an Fassaden. Gebäude werden so gegen Feuchtigkeit, Sturm und Frost lange geschützt. Die natürlichen Farbnuancen des Schiefers geben jedem Gebäude ein lebendiges Aussehen. Und der Einsatz von Coquettes verleiht den Tilbecker Stiftsgebäuden einen individuellen Charakter.

Autor

Dipl.-Ing. Hans G. Rüschenpöhler aus Apelern arbeitet als freiberuflicher Baufachjournalist. Er war über vierzig Jahre als Anwendungstechniker in verschiedenen Unternehmen der Dachbaustoffbranche tätig.

Die Verlegung mit Coquettes erfolgt ­analog der Rechteck-Doppeldeckung

Bautafel (Auswahl)

Objekt Stift Tilbeck, Havixbeck/Münsterland

Eigentümer Bistum Münster

Pächter/Bauherr Stift Tilbeck GmbH,

48329 Havixbeck/Münsterland

Ausführung Roßmöller & Berghaus GmbH & Co. KG, 48301 Nottuln/Münsterland

Material MaSpana-Schiefer

Lieferant Schiefergruben Magog GmbH & Co. KG, 57392 Schmallenberg-Bad Fredeburg

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