Dachintegriertes Photovoltaiksystem
Energetische Sanierung eines Einfamilienhauses mit Dämmung, Neudeckung und dachintegrierten Photovoltaikmodulen
Beim Deutschen Dachpreis 2022 belegte Dachdeckermeister Karl-Heinz Schwarzbach aus Reutlingen mit seinem Team in der Kategorie „Nachhaltigstes Konzept“ den ersten Platz. Damit wurde der Betrieb für die komplexe, energetische Dachsanierung eines Einfamilienhauses ausgezeichnet – wir stellen das Projekt vor und zeigen die Herausforderungen dieser Dachsanierung.
Der Wunsch der Bauherrenschaft nach energetischer Sanierung der Dachflächen sowie der Wechsel vom Energieträger Heizöl zur Nutzung von Solarenergie standen im Vordergrund bei der Sanierung eines Einfamilienhauses. Das Dach sollte soweit energetisch ertüchtigt werden, dass es mit zukunftsfähigen Dämmwerten die entsprechende Förderung nach der BEG (Bundesförderung für effiziente Gebäude) erhalten konnte. Zusätzlich wünschte die Bauherrenschaft, dass das mit Gauben, Walmen und zahlreichen Dachverschnitten gestaltete Dach nicht durch den Aufbau von aufgeständerten Solaranlagen verunstaltet wurde.
Dachdeckermeister Karl-Heinz Schwarzbach jun. aus Reutlingen wurde schon früh in die Planung eingebunden und konnte so in Abstimmung mit dem Heizungsbauer, der die Umstellung auf eine Wärmepumpe plante, sowie dem Elektriker die Sanierungsplanung vorbereiten. So wurden auch schnell der Energiebedarf und die entsprechende Leistung einer Photovoltaikanlage festgelegt. Es sollten möglichst viele PV-Elemente auf der Dachdeckung platziert werden, um den Ertrag, der auch den späteren Einsatz eines Elektroautos vorsah, so effektiv wie möglich zu halten.
Harmonisches Gesamtbild
Bei der Wahl der Bedachung sowie der Photovoltaikanlage konnte Karl-Heinz Schwarzbach seine Kundschaft von den Vorteilen eines Dachsystems von BMI Braas überzeugen. So wurden schon in einem frühen Planungsprozess der Dachziegel „Turmalin“ sowie die passende, dachintegrierte PV-Lösung „PV Premium“ von BMI Braas ausgewählt. Das System bietet nicht nur optische und ästhetische Vorteile, sondern es durchdringen auch keine Befestigungselemente die Dachdeckung und gefährden so die Regensicherheit. Als eigenständiges und geprüftes Bedachungsmaterial werden die entstehenden Windsogkräfte sowie Schneelasten direkt über Trag- und Konterlatten in die Dachunterkonstruktion eingeleitet. So können die PV-Elemente auch ohne statische Sonderberechnung und ohne zusätzliche Verstärkungselemente bei Aufdachdämmungen eingesetzt werden. Die Module werden anstelle der Dachpfannen eingesetzt und ermöglichen so eine harmonische Gestaltung des Daches.
Zahlreiche Fehlstellen in der Dampfsperre
Bis zur Eindeckung war es aber noch ein langer Weg. So musste der alte Dachaufbau komplett bis zur Dampfsperrbahn abgeräumt und entsorgt werden. Dabei stellte das Team von DDM Schwarzbach fest, dass die alte Unterdeckbahn aus gitterverstärkter PVC-Folie an vielen Stellen schon nicht mehr vorhanden war. Insbesondere in den Anschlussbereichen waren zahlreiche Fehlstellen in der Dampfsperre. Auch der nachträgliche Einbau von Halogenstrahlern in den Dachschrägen hatte zu Undichtheiten geführt. In der Folge war die Luftdichtheit, also der Schutz gegen Konvektion, nicht durchgehend gewährleistet. So stellten die Fachleute an der Tragkonstruktion des Dachstuhls unter anderem Schimmel fest. Hier hatte einströmende, feucht-warme Luft zu Feuchteschäden in der alten Wärmedämmung geführt. Auf Wunsch der Bauherrenschaft wurde die gesamte Unterkonstruktion mit einem Staubsauger mit Hepa-Filter abgesaugt und mit einer sporenhemmenden Lösung abgewaschen.
Lösung für bestehende Halogenstrahler
Anschließend überarbeitete das Team Schwarzbach die Fehlstellen und Leckagen der Dampfsperre. Hierzu wurden auch die zementgebundenen Holzwolle-Platten der Gauben glattgespachtelt, um einen luftdichten Anschluss entsprechend DIN 4108-7 sicher zu stellen. Auch für die in den Dachschrägen integrierten Halogenstrahler fand das Team eine abgestimmte Lösung mit einer Einhausung, die luftdicht verklebt und angeschlossen sowie zum Hitzeschutz mit einer mineralischen Dämmung ausgefüllt wurde.
Für die Dämmung des Daches verwendeten die Dachdecker eine Zwischensparrendämmung mit einer Dicke von 160 mm. Darüber wurde eine flexible Holzfaserdämmung mit 50 mm sowie Holzfaserplatten in 100 mm Dicke verlegt. Das neu aufgebaute Dach erreicht so insgesamt einen U-Wert von 0,14 W/m2K. Damit wurden auch die Anforderungen für die Förderung nach BEG erreicht. Mit den Konterlatten (60/80 mm) wurde die Dämmung lagesicher fixiert. In Verbindung mit den Traglatten (40/60 mm) wird eine ausreichend dimensionierte Hinterlüftung erreicht.
Die vielfältigen Arbeiten am Dach zogen sich insgesamt stark in die Länge und wurden zusätzlich in der Saison 2021 immer wieder von Starkregenereignissen unterbrochen. So war das Dachdeckerteam viele Stunden nur mit Ab- und Aufplanen des Daches beschäftigt. Zum Glück waren die Bauherren aber sehr geduldig und zeigten Verständnis.
Dachintegrierte PV-Module
Möglichst viele Photovoltaik-Elemente sollten auf dem Dach verlegt werden. Die Vorgabe der Bauherrenschaft war, dass aus gestalterischen Gründen keine aufgeständerte Anlage auf dem Dach aufgebaut werden sollte. Daher entschieden sich die Beteiligten für das dachintegrierte System „PV Premium“ in Verbindung mit dem Dachziegel „Turmalin“, einem Glattziegel mit einer Regeldachneigung von 25 Grad. Die PV-Module werden anstelle der Dachziegel eingesetzt. Als eigenständiges, „hartes“ Bedachungsmaterial übernehmen diese Elemente die Eigenschaften der Dachdeckung, wie die Regensicherheit und den Brandschutz.
Hinterlüftung verhindert Leistungsverluste
Die Verlegung der Solarmodule erfolgte schnell und wirtschaftlich. Die Module des dachintegrierten Systems sind in der Konterlattenebene durch spezielle Lüftungsschlitze hinterlüftet, um Leistungsverluste durch stärkere Erwärmung zu verhindern. Die größeren PV-Elemente können im Vergleich zu Solardachziegeln (aus Sicht des Herstellers BMI Braas) schneller verlegt und einfacher angeschlossen werden. Da vom Hersteller auch die Regensicherheit der „PV Premium“-Module nachgewiesen wurde, stellen sie keine erhöhte Anforderung nach dem „Merkblatt für Unterdächer, Unterdeckungen und Unterspannungen“ des ZVDH dar. Jedes Photovoltaikelement ersetzt in der Deckfläche 7,5 „Turmalin“-Dachziegel. Die PV-Module werden, wie die Dachdeckung, einfach auf der vorhandenen Dachlattung montiert. Die Module können sowohl im Verband als auch in Reihe verlegt werden. So konnten die gewalmte Dachfläche sowie die Dachgauben des Einfamilienhauses optimal ausgenutzt werden.
Insgesamt 126 Photovoltaikmodule verlegt
Die PV-Module haben eine speziell entwickelte Aluminium-Unterkonstruktion. Zwischen dem Modul und der Unterkonstruktion sorgen Lüftungsschlitze in Verbindung mit der Konterlattenebene für eine gute Hinterlüftung der PV-Module. Die „Premium“-PV-Module bestehen aus monokristallinem Silizium und haben eine Nominalleistung von 120 Wp bei einem Wirkungsgrad von 19,61 Prozent. Eine ursprüngliche Planung des Daches sah die Integration von 88 Solarmodulen vor. Durch die vielfältigen Verlege-Varianten konnten die Dachdecker insgesamt sogar 126 Module mit einer Gesamtleistung von etwa 15 kWp verlegen. Damit mögliche Leistungsverluste durch Verschattungsbereiche minimiert werden, montierten die Dachdecker 50 sogenannte „Leistungsoptimierer“ an die Traglattung. Diese DC/DC-Wandler werden direkt an den PV-Modulen angeschlossen und können im späteren Betrieb auch einzeln ausgelesen werden.
Die Lage der PV-Module wurde entsprechend der Dachdeckung ausgemittelt, eingeteilt und abgschnürt. Nach Festlegung der Modul-Positionen erfolgte der einfache Einbau der PV-Elemente in die Dachdeckung. Traufseitig der Modulflächen verlegten die Dachdecker eine Profilschiene sowie die erste Reihe Dachziegel. Anschließend wurden die Dachziegel mit Senkkopfschrauben befestigt und die Profilschiene zur Aufnahme der ersten Modulreihe montiert. Die Verlegung der Module erfolgt analog der Dachziegel von rechts nach links und von unten nach oben. Bei der Montage achteten die Dachdecker darauf, dass die traufseitige Profilschiene und die Schiene am Modul ineinandergreifen und so sicher halten. Vor Befestigung des Moduls wird abhängig vom Verbandswechsel ein halber oder ganzer Flächenziegel beigedeckt. Danach kann das Modul auf der Traglatte mit den beiliegenden Spenglerschrauben mit Dichtscheibe fixiert werden.
Die Verschaltung der Module untereinander erfolgte nach einem Verlegeplan. Die Solarleitungen der Module wurden, ebenso wie die Strangleitungen und die Leitungen zum Potentialausgleich, unterhalb der Traglatte in der Konterlatten-ebene verlegt. Die Strangleitungen der PV-Anlage wurden mit einer Anschlussmanschette regensicher in die Unterkonstruktion eingebunden. Anschließend konnten die Leitungen an das nachfolgende Gewerk, den Elektroinstallateur, übergeben werden.
Mit dem modernen Wärmekonzept und der Dachsanierung ist die Bauherrenschaft sehr zufrieden. Bei der Auslegung des Wechselrichters wurde bereits der spätere Einbau eines Batteriespeichers mitgeplant. Die Dimensionierung der PV-Anlage sieht nicht nur den Betrieb der Wärmepumpe durch den selbsterzeugten Strom vor, sondern auch das Aufladen eines Elektro-Fahrzeugs. Auch Dachdeckermeister Karl-Heinz Schwarzbach jun. kann sich freuen: Für seinen ersten Platz beim Deutschen Dachpreis „Dachkrone“ 2022 gewann er für seinen Betrieb eine Elektroladestation. Das E-Auto steht mittlerweile schon vor der Tür des Dachdeckerbetriebs.
AutorMatthias Willinger ist Produktmanager Solar bei BMI Deutschland.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Energetische Dachsanierung eines Einfamilienhauses, Neudeckung und Einbau von dachintegrierten PV-Modulen
Dachdeckerbetrieb Karl-Heinz Schwarzbach e.K., Geschäftsführer: DDM Karl-Heinz Schwarzbach jun., Reutlingen, www.schwarzbach-dach.de
Produkte (Auswahl)
Dachziegel BMI Braas „Turmalin“;
Solarmodule „PV Premium“, BMI Braas, BMI Deutschland GmbH, Oberursel, www.bmigroup.com
Wechselrichter „Solaredge SE8k-RWS“; Solaredge Technologies Ltd.
Luft-Wärmepumpe „Airo Plus kw 20 Rennergy“, Rennergy Systems AG, Buchenberg, https://rennergy.de