Das Schmuckstück des Hauses

Seit Urzeiten sind Türen und Tore nicht nur der bloße Verschluss einer Maueröffnung. Abgrenzung, Schutz, Dämmung und auch Prestige sind die Grundfunktionen für jede Haustür geblieben. Diese Anforderungen haben sich bis heute vielfach ergänzend gewandelt.

Schon früh wurden Türen und Tore künstlerisch gestaltet, in Gemeinschaft von Tischler, Steinmetz, Holzbildhauer, Schlosser, Kunstschmied, Glaser und Maler. Segenssprüche und andere Inschriften, Ornamente oder kunstvolle Beschläge und Schlösser an Türen sind bis heute beliebt. Diese handwerklichen Leistungen können immer noch vielerorts bewundert werden und sind unbedingt erhaltenswert. Die Abmessungen von Tür und Tor wurden in früheren Zeiten häufig einem bestimmten Nutzungszweck angepasst: Toreinfahrten mussten beispielsweise für beladene Erntewagen groß genug sein, bei den Häusern in den engen Innenstädten hatte die Breite der Türen für einen Sarg und dessen Träger ausreichend zu sein. Da Türen als Bauteile vergleichsweise häufig erneuert wurden, stimmen die Stilformen bei erhaltenen Stücken nicht immer mit dem des älteren Bauwerks überein. Leider sind deshalb viele Urformen nicht erhalten geblieben.

 

Erhaltungswürdiger Bestand

Beschläge, Bänder, Gitter und Schlösser waren schon im Altertum Meisterstücke der Schmiedekunst. Ägypter, Griechen und Römer entwickelten bereits durchdachte Türschlösser; die modernen Techniken sind Verfeinerungen der Urformen. Aus dieser Zeit stammen ebenfalls die Vorläufer unseren heutigen Drehschlüssel- und Vorhängeschlösser, nur eben weit aufwendiger gestaltet und verziert.

Der Bestand erhaltungswürdiger Türen ist trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und trotz jahrelanger gedankenloser Bauwut und Entsorgung im ganzen Lande noch äußerst vielseitig. Lange hat man außer acht gelassen, dass historische Türen und Tore wertvolle Zeitzeugen der Vergangenheit und Bestandteil unserer Kunst- und Kulturgeschichte sind. Restaurierungen in stilgerechter Form, mit zeitgerechter Technik und zum Teil erheblichem Aufwand können solche Türen wieder zu dem machen, was sie ursprünglich waren – zu einer edlen Visitenkarte des Gebäudes.

Diese lange Entwicklung wurde seit dem Bauhaus grenzüberschreitend in völlig andere Richtungen gelenkt. Walter Gropius gab die Formel aus: „Material und Konstruktion ergeben die Form“. Zweckorientierte Rahmentüren ohne zierende Gestaltungsmerkmale finden sich nach diesem Motto seitdem in öffentlichen und gewerblichen Bauten – und umstritten auch am Denkmal. Ab etwa 1950 gilt diese Regel auch bei Ein- und Zweifamilienhäusern. Um 1965 verdrängten Aluprofile und Ergänzungen die reinen Stahlelemente. Die Nachteile – Kontaktkorrosion, Unterrostung, Schäden an Eloxalbeschichtungen und fehlende Dämmung – sind hinreichend bekannt. Mittlerweile haben die Profile, beispielsweise durch Vollverzinkung, hochwertige Pulverbeschichtung und gute Dämmung, jedoch deutlich an Qualität gewonnen.

 

DIN-gerechte Aufarbeitung alter Türen

Die Möglichkeiten einer zeitgemäßen Aufarbeitung nach DIN für Schließtechnik, Dämmung, Verglasung und Anstrich schaffen ansprechende Ergebnisse. Vielerorts – vorwiegend in alten Innenstädten – können zahlreiche derartig gut aufgearbeitete, gerettete Exemplare bewundert werden. Und auch der private Bauherr schätzt solche Stücke wieder. In Baustofflagern für historische Materialien kann er fündig werden (zum Beispiel unter www.historische-tueren.de). Dort finden sich Türen aus unterschiedlichen Stilepochen, alt oder schon aufgearbeitet. Maßkorrekturen sind daran durchaus möglich. Stilechte Holzteile als Ergänzungen, wie Baldachine, Kapitelle, Schlag- und Zierleisten sowie Fußstücke in Kiefer, Meranti und Eiche sind in passenden Maßen lieferbar. Das gilt auch für Gläser mit historischen Ornamenten, in Mehrfachverglasung und schallgedämmt. Reproduktionen von Blei- und Messingverglasungen können von einem guten Kunstglaser erstellt werden.

Zugfreiheit lässt sich mit den vielfach angebotenen Dichtungsprofilen dauerhaft erreichen. Zur Dämmung sind isolierende Füllungen am Markt. Ausreichende Sicherheit wird durch Ergänzung mit modernen Schließanlagen erreicht. Alte schöne Beschläge sollten aber dabei – wenn auch ohne Funktion – aufpoliert erhalten bleiben.

Für Neuanstriche müssen alte Farbschichten entfernt werden. Dafür gibt es Fachbetriebe. Mit deren Technik geschieht das ohne Umweltschäden. Die Preise halten denen einer lohnintensiven Arbeit von Hand bei besserem Ergebnis durchaus stand.


Wichtig: Die Abstimmung mit Handwerkern und Behörden

Gute Ausführungen sind aber nur mit richtiger Abstimmung aller beteiligten Handwerker miteinander möglich. Schreiner, Kunstschmiede, Kunstglaser, Schlosser, Maler und Steinmetze müssen nicht nur ihren Anteil perfekt ausführen, sondern im Besonderen Stilkunde zu den unterschiedlichen Zeiträumen fachbezogen beherrschen. Auch Vorgaben der örtlichen Behörden für die denkmalgerechte Restaurierung erhaltungswürdiger Türen und Tore müssen nach Absprache eingehalten werden. In historischen Innenstädten gibt es für die hier beschriebenen Arbeiten strenge Auflagen und Vorschriften. Zuständig ist die Untere Denkmalbehörde der Kreis- oder Stadtverwaltungen, die wiederum dem Landesamt für Denkmalschutz unterstehen. Die Behörde gibt Formen und Farben sowohl bei Renovierung, als auch kompletter Erneuerung verbindlich für alle Handwerker vor. Fachkundige Restauratoren können natürlich auch ihre eigenen Vorschläge einbringen oder versuchen, in Zusammenarbeit mit der Behörde bessere Lösungen zu erarbeiten, da die örtlich unterschiedlichen Vorgaben durchaus widersprüchliche oder unverständliche Regelungen enthalten können.

 

Die Tür als „Anziehungspunkt des Hauses“

Der bekannte Berliner Architekt Otto Meyer formulierte bereits in den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in seinem Buch „Türen und Fenster“: „Die Haustür ist auch bei einfachen Bauten eines der wichtigsten Mittel, die Wirkung und Lebendigkeit des Gebäudes zu steigern. Form und Farbe der Tür sind daher bei den schlichten, ruhigen Fassaden von wesentlicher Bedeutung. In einer verhältnismäßig einfachen Fassade, deren Architektur eigentlich nur aus einer geschickten Gruppierung der Fenster besteht, sollte die Tür und ihre Umrahmung als Schmuckstück und Anziehungspunkt des Hauses gelten.“


Autor


Hans Jürgen Ronicke ist Restaurator im Handwerk, Maler- und Lackierermeister, Innenarchitekt und freier Autor der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.


Restaurierung historischer Haustüren – in stilgerechter Form aber mit zeitgemäßerTechnik

Neben der handwerklich perfekten Ausführung ist die
Beherrschung historischer Stilkunde entscheidend

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