Aufsparrendämmung mit Biomasseanteil

Ein früheres Stationsgebäude des Klinikums am Weissenhof in Weinsberg wurde zur Apotheke umgebaut und energetisch saniert. Das Steildach des Gründerzeithauses erhielt eine Aufsparrendämmung. Verwendet wurde dafür ein neuer Dämmstoff, der zu rund 68 Prozent aus Biomasse und recycelten Wertstoffresten besteht.

Vor rund 120 Jahren wurde die Königliche Heilanstalt Weinsberg als psychiatrische Klinik in Betrieb genommen – als erstes, eigens für diesen Zweck gebautes Krankenhaus in Württemberg. Heute bildet das Zentrum für Psychiatrie in Weinsberg den Hauptstandort des Klinikums am Weissenhof, einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit sieben eigenständigen Kliniken in den Regionen Heilbronn-Franken, Hohenlohe, Schwäbisch Hall, Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis. Die ältesten Stationsgebäude im klinikeigenen Park in Weinsberg stammen noch aus dem Jahr 1903. Eines dieser Gebäude hatte man im Laufe der Zeit um ein Stockwerk erweitert und zur Apotheke umgebaut. Diese versorgt die baden-württembergischen Zentren für Psychiatrie in Weinsberg, Wiesloch und Winnenden mit Medikamenten. Ein hochmoderner Automat sortiert dabei Medikamente quasi aus dem Karton ins System und speichert rund 20 000 Artikel.

Neuer Dämmstoff mit Biomasseanteil

Als das Dach des Apothekengebäudes saniert werden musste, dachte Edgar Müßigmann, Leiter der Abteilung Bau und Technik des Klinikums am Weissenhof, seiner Zeit voraus. Der gelernte Zimmerer hatte auf der Messe Dach+Holz 2020 in Stuttgart eine neue Aufsparrendämmung entdeckt: die „BauderEco S“, eine Neuentwicklung aus Biomasse und Recyclingmaterial. Die Idee, eine solche Dämmung zu produzieren, war von Bauder schon lange geplant. Das langfristige Ziel des Unternehmens ist es, eine Wärmedämmung aus einem Material herzustellen, das die Umwelt so wenig wie möglich belastet, eine umweltverträgliche Herstellung, hohe Dämmleistung und Wiederverwertbarkeit vereint. Mit dem neuen „BauderEco S“-Dämmstoff sei nun der Anfang gemacht, erklärt Tim Bauder von der Geschäftsführung der Paul Bauder GmbH & Co. KG.

Zu rund 60 Prozent Biomasse

Die „BauderEco S“-Dämmplatten bestehen zu 68 Prozent aus Biomasse und recycelten Wertstoffresten
Foto: Bauder

Die „BauderEco S“-Dämmplatten bestehen zu 68 Prozent aus Biomasse und recycelten Wertstoffresten
Foto: Bauder
„Bei gleicher Dicke dämmt ‚BauderEco‘ fast doppelt so gut wie Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“, sagt Bauder-Fachberater Joachim Schäfer. Er räumt aber auch ein, dass der Erdölanteil bei der „BauderEco S“ noch bei rund 32 Prozent liege. „Der Dämmstoff ist in der Herstellung komplett anders als bekannte Hartschaumdämmungen, lässt sich aber identisch verarbeiten“, erklärt Schäfer. Der Unterschied liege in den verwendeten Rohstoffen. Klassische Hartschäume basieren zu 100 Prozent auf Erdöl. Die „BauderEco“-Dämmung hingegen wird zu rund 60 Prozent aus Biomasse (Reststoffe aus der Landwirtschaft) hergestellt. Die neue Dämmung enthält zudem rund vier Prozent recycelte Wert­reststoffe (Säge- und Frässtaub). Außerdem enthält der neue Dämmstoff „BauderEco S“ vier Prozent Muschelkalk, der für die Herstellung der Deckschichten verwendet wird.

Vergleichbare Dämmwerte wie PUR-Dämmstoffe

Den Vergleich zu konventionellen Dämmmaterialien muss der neue Dämmstoff „BauderEco“ jedoch nicht scheuen: „Mit einer WLS von 024 erreicht er dieselben Dämmwerte wie viele PUR-Dämmstoffe“, sagt Joachim Schäfer. Mit dem neuen Dämmstoff habe sich der Hersteller auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht, erklärt Tim Bauder und ergänzt: „Die Zielsetzung für ‚BauderEco‘ ist, den Anteil nachwachsender und recycelter Rohstoffe auf 100 Prozent zu erhöhen.“

Das Dach der Apotheke des Klinikums am Weissenhof während der Sanierung
Foto: Bauder

Das Dach der Apotheke des Klinikums am Weissenhof während der Sanierung
Foto: Bauder
An dem Dach des Gründerzeithauses des Klinikums am Weissenhof hatte eindringende Feuchtigkeit Holzschäden verursacht. Schwellen mussten ausgetauscht und Dachbalken restauriert werden – eine anspruchsvolle Arbeit für einen Zimmermann. Die Ausschreibung für die Sanierung gewann der Holzbaubetrieb von Uwe Zipperlein.

Das Dach sollte mit einer Kombination aus Auf- und Zwischensparrendämmung saniert werden. Mit den Aufsparrendämmplatten „BauderEco S“ war aufgrund der hohen Dämmleistung ein flacher Aufbau von 8 cm über einer Zwischensparrendämmung aus Steinwolle möglich. Dieser Dachaufbau wurde im Einklang mit dem Denkmalschutz gewählt und genügte auch den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).

Plane Verlegung der luftdichten Bahn auf den Sparren

Die „BauderTex DB“-Dampfbremsbahnen werden über den Dachsparren verlegt
Foto: Bauder

Die „BauderTex DB“-Dampfbremsbahnen werden über den Dachsparren verlegt
Foto: Bauder
Auf dem Gründerzeithaus addieren sich viele verschiedene Dachflächen zu einer Gesamtfläche von über 500 m2 . Zunächst wurde eine 140 mm dicke Steinwolldämmung als Zwischensparrendämmung zwischen den Sparren eingebaut, gefolgt von der Dampfbremsbahn. Dabei verlegten die Zimmerer die nahtselbstklebende Dampfbremse „BauderTex“. Die leichte Bahn mit Schnittraster wurde auf den Sparren plan ausgerichtet und im Nagelrand befestigt. Dank der Nahtselbstklebestreifen der Bahn konnten die Verarbeiter die Längsnähte durch einfaches Abziehen der Schutzfolien und Andrücken der Klebeflächen luftdicht verschließen. Mit „BauderTape“ konnten die Handwerker Details und Durchdringungen mit Klebematerial und Zubehör des Herstellers schnell und luftdicht anschließen. Mit einem Kartuschenkleber wurde die Bahn an Massivbauteile angeschlossen. „Um mit dem Bauleiter die luftdichten Anschlüsse von Details wie Ortgang, Traufe und Dachfenstern zu klären, war ein Bauder-Anwendungstechniker zur Stelle“, sagt Zimmer­meister Uwe Zipperlein. Das Dach war somit schnell geschlossen und die Innenräume vor Wind und Wetter geschützt.

Aufdachdämmung schützt Haus und Dachstuhl

Die Zipperlein-Mitarbeiter ordneten die „BauderEco“-Dämmplatten versetzt über den Sparren an. Dank der umlaufenden Nut- und Feder-Verbindung der Dämmplatten verlief die Verlegung schnell und wärmebrückenfrei. Die aufkaschierte, oberseitige Bahn der Dämmplatten, die aus Polypropylen (PP) besteht,  bildet eine robuste, zweite wasser­führende Ebene. Die „BauderEco S“-Dämmung ist hagelschlaggeprüft, das heißt, selbst bei defekter Eindeckung schützen die Dämmplatten das Dach zuverlässig vor Hagel und Starkregen und halten das Haus trocken und sicher. Das aufgedruckte 10 cm Schnittraster erleichterte den Handwerkern den Zuschnitt an Anschlüssen und Details sowie das Verlegen der Konterlattung. Der Zuschnitt erfolgte unkompliziert mit einem Dämmstoffmesser. Nach dem Verkleben der Stöße mithilfe der 10 cm breiten, selbstklebenden Horizontal- und Vertikalüberlappungen der aufkaschierten Bahnen war die gedämmte Fläche winddicht und rückstausicher.

Arbeiten im System

Verlegung der neuen Zwischensparrendämmung aus Steinwolle
Foto: Bauder

Verlegung der neuen Zwischensparrendämmung aus Steinwolle
Foto: Bauder
Alle Fugen, die beim Anpassen der Dämmelemente entstanden, wurden sorgfältig mit Montageschaum ausgeschäumt und mit selbstklebenden „BauderTop SDK“-Streifen abgeklebt. Zimmerer Max Zipperlein lobte die gute Haftung der 30 cm breiten Klebebänder und sagt: „Auch die Nageldichtstreifen und der Kartuschenkleber ‚BauderTop KKL‘ gefielen uns sehr gut.“ Zur statischen Lastabtragung wurden Systemschrauben gegen Dachschub und Windsog gemäß Montageplan durch die Konterlatten und den Dämmstoff in die Sparren eingedreht. Schließlich folgten die Traglatten und die Neudeckung mit engobierten Doppelmuldenfalzziegeln. Ein Großteil der Dachsanierungsarbeiten erfolgte von außen, während im Dachgeschoss von innen saniert wurde. Ganz oben im Dachstuhl, über den Kehlbalken, blieb der Dachboden leer. „Hier war keine Innenverkleidung vorhanden“, sagt Max Zipperlein. Im Bereich des Spitzbodens wurde von außen die Dampfbremsbahn „BauderTex“ und darüber der Dämmstoff „Eco S“ verlegt. „Dann haben wir von innen Steinwolle zwischen die Sparren gepresst und dort, wo sie durchfallen könnte, einen Rieselschutz angebracht“, erklärt Max Zipperlein. Die aufkaschierte Unterdeckbahn der „BauderEco S“-Dämmplatten schützte Dachstuhl und Gebäude unmittelbar nach der Verlegung vor der Witterung. Wenn Holzarbeiten erforderlich oder Fenster auszutauschen waren, wurde das Dach abgeplant.

„Das Dach mit seinen vielen Walmen, Kehlen, Dachfenstern, Graten und Gauben war sehr aufwändig. Von Oktober bis Dezember arbeiteten hier je nach Aufgabenstellung zwei bis vier Handwerker“, sagt Uwe Zipperlein. „Die gute Betreuung durch die Fachberater und Anwendungstechniker von Bauder und das Arbeiten mit der neuen Aufsparrendämmung in Kombination mit dem Bauder-Zubehör haben Spaß gemacht“, fasst Max Zipperlein zusammen.

„Der Dämmstoff ‚BauderEco‘ ist ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit“, meint Edgar Müßigmann, Leiter der Bau- und Technikabteilung des Klinikums am Weissenhof. Er hofft jedoch, dass sich noch mehr in puncto ökologisches Material bei dem Dämmstoffhersteller tut. „Bauder müsste einen guten Ersatz für die Zwischensparrendämmung finden“, sagt Müßigmann. Den Zimmerern und Dachdeckern von Zipperlein Holzbau gefiel das neue Material sehr gut. Alle waren von „BauderEco“ sehr angetan und wollen diesen auf Biomasse basierenden Dämmstoff öfter verwenden, gerne auch auf weiteren Gebäuden des Klinikums am Weissenhof. Das nächste Dach ist schon in der Ausschreibung.

Autor

Ekkehard Fritz ist Produktmanager Steildach bei der Paul Bauder GmbH & Co. KG in Stuttgart.

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