Formaldehydfreies Bauen
Der Richtwert für Formaldehyd in der Innenraumluft liegt bei 0,1 mg/m³. Dieser Wert sollte auch kurzfristig nicht überschritten werden. Für Dachdecker und Holzbauer empfiehlt es sich, Werkstoffe mit möglichst formaldehydfreien Bindemitteln zu verarbeiten.
Formaldehyd (HCHO) ist eine organische Verbindung, die sich aus den chemischen Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff zusammensetzt. Die Chemikalie wird wegen ihrer besonderen Eigenschaften sehr vielseitig eingesetzt und ist entsprechend weit verbreitet. Die Industrie nutzt sie zur Desinfektion und Konservierung. Sie kommt in Farben, Lacken, Textilien und einigen Teppichmaterialien vor und wird vor allem für die Produktion von Bindemitteln, die bei der Herstellung von Holzwerkstoffplatten verarbeitet werden, eingesetzt.
Nebenwirkungen von Formaldehyd
Entgegen landläufiger Meinung wird Formaldehyd in Werkstoffen über die Zeit nicht abgebaut, sondern wird, da die Chemikalie nicht fest im Leim gebunden ist, über viele Jahre hinweg an die Raumluft abgegeben. Der Stoff entweicht, solange die Platte existiert. Entsprechende Messungen weisen auch nach Jahrzehnten noch Formaldehyd in der Raumluft nach.
Formaldehyd kann unter anderem Augen- und Atemwegsreizungen, Kopfschmerzen und allergische Reaktionen auslösen. In experimentellen Langzeitstudien bei Ratten hat Formaldehyd – allerdings erst bei hohen Konzentrationen – nachweislich karzinogene Wirkung gezeigt. Bei Menschen ist dies nicht eindeutig erwiesen, kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden. Zudem besteht der Verdacht, dass Formaldehyd in hohen Konzentrationen erbgutverändernd wirkt.
Verschärfter Raumluftrichtwert
Fakten, die schließlich zur Neueinstufung von Formaldehyd in die Gefahrenklassen Karzinogen/Kategorie 1B und Keimzellmutagen/Kategorie 2 führten. Kategorie 1B bedeutet, dass hinreichende Anhaltspunkte für CMR-Eigenschaften (Carzinogen, Mutagen, Reproduktionstoxisch) existieren, die bei Tieren nachgewiesen werden konnten, jedoch bei Menschen nur vermutet werden. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber 2016 eine Verschärfung des Richtwertes für Formaldehyd in der Innenraumluft um 20 Prozent festgesetzt, dies geht zurück auf einen Beschluss des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Der bisher gültige Innenraum-Richtwert wurde von 0,124 mg/m³ oder 0,1 ppm (parts per million) auf 0,1 mg/m³ oder 0,08 ppm* abgesenkt. Dies entspricht dem aktuellen Standard der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Für Hersteller von Holzwerkstoffen bedeutet dies zukünftig, formaldehydfreie bzw. -arme Komponenten einzusetzen, die unter technischen und ökonomischen Gesichtspunkten gleichwertig sind.
Gipsbauplatten als Alternative
Bei Neubauten dürfte dies kein Problem sein. Produkte, die die oben genannten Kriterien erfüllen, sollten sich durchsetzen und vorwiegend verarbeitet werden. Laut Bundesverband der Gipsindustrie e.V. erfüllen die gemessenen und in der EPD (Umweltproduktdeklaration) dargestellten Werte der Innenraum-Emissionen von Gipsbauplatten die bestehenden Anforderungen. Besondere Vorteile bieten hier Baustoffe wie Gipsfaser-Platten, die etwa von Fermacell seit den 70er Jahren ohne Leimzusätze aus Wasser, recycelten Papierfasern und Gips hergestellt werden. In computergesteuerten Fertigungsstraßen wird eine homogene Mischung dieser drei Stoffe unter hohem Druck zu hochstabilen Platten gepresst, getrocknet und auf die jeweiligen Formate zugeschnitten.
Festigkeit und Stabilität
Die homogenen Gipsfaserplatten bieten Stabilität für den Trocken- und Holzbau. Aufgrund ihrer hohen Stabilität dürfen Gipsfaser-Platten sowohl tragend als auch aussteifend verwendet und zur Beplankung und Bekleidung von Bauteilen eingesetzt werden. Normgerecht geprüfte Holzständerwände erzielen einlagig beplankt mit Fermacell-Gipsfaserplatten Schalldämmwerte bis Rw‚ 57 dB und zweilagig beplankt bis Rw‚ 68 dB.
Fermacell Gipsfaser-Platten entsprechen dabei der Klasse A2-s1 d0 nach EN 13501-1 (nicht brennbar). Bereits mit 10 mm dicken Platten sind Feuerschutzkonstruktionen von F 30 bis F 120 möglich.
Fazit
Speziell im Hinblick auf die Diskussion zu Grenzwerten für Formaldehyd in der Innenraumluft können Gipsfaser-Platten punkten. Im Holzbau werden sie sowohl tragend als auch aussteifend verwendet und bieten gute Brand- und Schallschutzeigenschaften.
Autorin
Rita Jacobs M.A. führt ein PR-Büro mit Schwerpunkt Bau und Architektur in Düsseldorf. Sie unterstützt den Hersteller Fermacell bei der Pressearbeit.