TU Braunschweig untersucht Kreislaufwirtschaft im Holzbau

Holz ist ein gefragter Rohstoff – heute mehr denn je: Der Verbrauch ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, auch weil immer mehr Häuser aus Holz gebaut werden. Deshalb wird das Aufbereiten von Altholz und die Entwicklung recyclingfähiger Holzbauteile immer wichtiger. Wie möglichst viel Holz wiederverwertet und im Stoffkreislauf erhalten werden kann, untersuchen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Technischen Universität (TU) Braunschweig derzeit in Zusammenarbeit mit Industriepartnern. Die beiden Forschungsprojekte „Recycling for Future“ und „Recycling for Reuse“ zum ressourcenschonenden Bauen werden dabei von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) mit insgesamt rund 2,4 Mio. Euro gefördert.

In Deutschland fallen jedes Jahr zwischen sieben und acht Millionen Tonnen Altholz an
Foto: Joshua Hoehne/Unsplash

In Deutschland fallen jedes Jahr zwischen sieben und acht Millionen Tonnen Altholz an
Foto: Joshua Hoehne/Unsplash

In Deutschland fallen jedes Jahr zwischen sieben und acht Millionen Tonnen Altholz an. Das größte Potenzial für eine Wiederverwendung stellt Altholz aus Bau- und Abbrucharbeiten dar, konkret: Dachstühle, Deckenbalken und Fertigbauelemente. Dabei werden jedoch nur etwa 20 Prozent des Holzes weiter genutzt und hauptsächlich zu Spanplatten verarbeitet, aus denen neue Möbel und Türen hergestellt werden können. Der Großteil des Holzes wird allerdings thermisch zur Energiegewinnung verwertet.

Bei der sogenannten „Kaskadennutzung“ bleibt laut Professor Mike Sieder, Leiter des Instituts für Baukonstruktion und Holzbau der TU Braunschweig, der im Holz enthaltene Kohlenstoff möglichst lange in Holzprodukten gespeichert. Erst wenn das nicht mehr verwertbare Holz zur Energiegewinnung verbrannt wird, wird das darin gebundene Kohlendioxid (CO2) am Ende eines langen Nutzungs- bzw. Lebenszyklus wieder freigesetzt.

Projekt „Recycling for Future“

Im Mittelpunkt des Projekts „Recycling for Future“ steht ein konkretes Bauteil, nämlich die Holztafel – eine flächige, tragende Holzkonstruktion, die im Wohnungsbau weit verbreitet ist. Das Recycling von Holztafeln ist bislang nur stark eingeschränkt möglich. Das Problem ist der Materialmix aus metallischen, organischen und mineralischen Bestandteilen. Abgesehen davon, dass die Zerlegung einer Tafel in ihre Einzelkomponenten mit sehr großem Aufwand verbunden ist, bestehen diese Einzelteile wiederum aus nicht unbedingt sortenrein trennbaren Hybridmaterialien wie beispielsweise Gipsplatten, Holzwerkstoffen, Dämmstoffen aus unterschiedlichsten Roh- und Zusatzstoffen sowie mineralischen oder kunstharzbasierten Putzsystemen.

Vorgefertigte Holztafeln als tragende, flächige Holzkonstruktionen sind im Wohnungsbau weit verbreitet
Foto: Meisterstück Haus

Vorgefertigte Holztafeln als tragende, flächige Holzkonstruktionen sind im Wohnungsbau weit verbreitet
Foto: Meisterstück Haus
Ziel des Forschungsvorhabens „Recycling for Future“ ist es daher, leichte und in hohem Maße recycelbare Holztafelelemente zu entwickeln, die aus möglichst wenigen, unterschiedlichen Komponenten und Materialien bestehen und langfristig im Stoffkreislauf gehalten werden. In dem Projekt sind neben der TU Braunschweig, dem Fraunhofer Institut für Holzforschung WKI und der Ruhr-Universität Bochum auch ein Hersteller von Gebäuden in Holztafelbauart sowie Zulieferer und Recyclingunternehmen eingebunden. Die Projektpartner wollen die Demontierbarkeit und die sortenreine Trennung einzelner Holztafeln untersuchen, um daraus Bewertungsparameter für die Planung und Herstellung einer ökologischen, wirtschaftlichen und recyclinggerechten Holztafel abzuleiten. Darüber hinaus werden gängige Recyclingverfahren überprüft und ein „Second-Use-Konzept“ erarbeitet, damit aus den Rohstoffen später wieder nutzbare Produkte hergestellt werden können. Am Ende des Projekts soll der Prototyp einer ressourcenschonenden Holztafel hergestellt werden.

Projekt „Recycling for Reuse“

Im Rahmen des Projekts „Recycling for Reuse“ wollen Forschende Altholz so aufbereiten, dass es zur Herstellung konstruktiver Bauteile wiederverwendet werden kann. Schadstoffbelastungen durch eingesetzte Holzschutzmittel, Oberflächenschutz, Beschichtungen oder brandschutzhemmende Zusätze erschweren hier bislang eine Zweitverwertung. Ein großes Potenzial für die Wiederverwendung von Altholz bietet die häufige Verwendung von Holz im nicht sichtbaren Bereich, dazu zählen Bauholz, Bauschnittholz und Konstruktionsvollholz.

Recycling for Reuse: Geplantes Konzept zum Rückbau bestehender Holzkonstruktionen, Oberflächen-Dekontamination und erneuten Verwendung des Altholzes für neue Baukonstruktionen
Grafik: iBHolz/TU Braunschweig

Recycling for Reuse: Geplantes Konzept zum Rückbau bestehender Holzkonstruktionen, Oberflächen-Dekontamination und erneuten Verwendung des Altholzes für neue Baukonstruktionen
Grafik: iBHolz/TU Braunschweig

Die Forschenden wollen gemeinsam mit den Industriepartnern zunächst erfassen, in welchen Mengen potenziell wiederverwertbares Altholz anfällt. Außerdem wollen sie mechanische Verfahren entwickeln, um metallische Fremdkörper und Holzschutzmittel im verbauten Holz aufzuspüren und zu entfernen. Ziel ist es, Klassifizierungsregeln für den Wiedereinsatz des Baustoffs und ein ganzheitliches Wiederverwendungskonzept in Form eines schematisierten Ablaufplans zu erarbeiten.

Recycling spart Geld

Für Professor Mike Sieder von der TU Braunschweig spielt auch die Wirtschaftlichkeit bei der Nutzung von Altholz eine Rolle: „Bislang profitiert der Holzbau von relativ günstigen Materialkosten, die allerdings mit langen Transportwegen aus Regionen mit unökologischer Forstwirtschaft verbunden sind. Da die Holzvorkommen in Deutschland zunehmend rückläufig bei gleichzeitig verstärkter baulicher Nutzung von Holz sind, ist mit steigenden Materialkosten zu rechnen. Die Wiederverwendung von Altholz kann in Zukunft eine Antwort auf die steigenden Materialpreise sein.“

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