Drän- und Schutzbahnen richtig auswählen
Begehbare, befahrbare oder begrünte Dachaufbauten über Flachdachabdichtungen benötigen eine richtig dimensionierte und fachgerecht eingebaute Dränschicht. Mit der Materialauswahl trifft der Planer oder Handwerker die Entscheidung über das Funktionieren oder Versagen der Dränschicht.
Das Angebot an Produkten zur Flächendränung ist umfangreich und breit gefächert. Oft sind diese Elemente in Systempaketen für Dachbegrünungen enthalten. Ein großer Teil wird aber auch systemunabhängig für individuell geplante Lösungen angeboten. Dränprodukte bestehen überwiegend aus Kunststoffen und haben mehrere Funktionsschichten, die dem Schutz der Abdichtung, der Filterung von Niederschlagswasser und dessen Ableitung dienen sollen. Besonders bewährt haben sich so genannte Geoverbundstoffe aus dreidimensionalen, profilierten Strukturen als Dränebene mit einem darüber aufkaschierten Spinnvlies als Filterschicht. Dabei gibt es zum Teil augenfällige, konstruktive Produktunterschiede; diese liegen manchmal aber auch nur in der variierenden Höhe der Produkte. Planern und Anwendern stellen sich vor allem zwei Fragen: Welche Produkte sind zur Flächendränung geeignet und wie hoch muss die Dränschicht sein?
Detaillierte Informationen zur Planung
Die Eignung von Produkten zur Flächendränung lässt sich aus den relevanten Normen und Regelwerken entnehmen. Allerdings sind die Angaben zu den hier behandelten Dränprodukten meist wenig konkret. Teilweise fehlen sogar einheitliche, regelwerks- oder normenübergreifende Bezeichnungen. Detaillierte Informationen bieten hingegen die Richtlinien und Empfehlungen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL). Als ergänzende Informationsquelle können die von Herstellern bereitgestellten Produktbeschreibungen und Leistungserklärungen dienen. Hier findet man die exakt definierte Bestimmung des Produktes, seine Anwendungsmöglichkeiten und die Leistungsdaten.
Die Nutzungsdauer beachten
Die Grundanforderungen an Drän- und Schutzbahnen in genutzten und begrünten Flachdachaufbauten sind mechanische Festigkeit, ausreichende Druckstabilität sowohl der Dränstruktur als auch der Filterschicht, ausreichende Dränleistung und dauerhafte Funktionssicherheit. Von Bedeutung ist auch die Nutzungsdauer, die durch die EN 13252 „Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – geforderte Eigenschaften für die Anwendung in Dränanlagen“ in Verbindung mit der EN ISO 13438 zertifiziert sein sollte. Für einzelne Produkte ist hier eine Nutzungsdauer von bis zu 100 Jahren nachgewiesen. Die Frage nach der notwendigen Höhe der Dränschicht beantwortet die „FLL-Empfehlung für Planung, Bau und Instandhaltung von Verkehrsflächen auf Bauwerken“. Dort findet man unter Punkt 5.8.1 Dränschicht: Bei (…) Dränelementen oder Dränmatten aus Kunststoff ist für den Nachweis der Dränleistung das „Wasserableitvermögen in der Ebene“ gemäß DIN EN ISO 12958 anzugeben. Das Wasserableitvermögen, oft auch als Dränkapazität bezeichnet, wird von den Herstellern mit Verweis auf die DIN EN ISO 12958 in den Produktdatenblättern angegeben.
Die Höhe der Dränschicht sagt dabei jedoch nichts über die Dränleistung aus und sollte deshalb kein Primärkriterium für die Produktauswahl sein. Ein Vergleich zweier auf dem deutschen Markt erhältlicher Dränbahnen macht das deutlich: Beide Produkte verfügen über eine Dränschicht und Filterschicht aus Kunststoff. Die Höhe (d) von Produkt 1 liegt bei circa 22 mm, die Dränkapazität wird mit 0,25 l/s*m angegeben. Die Höhe (d) des zweiten Dränprodukts beträgt laut Herstellerangaben circa 10 mm, die Dränkapazität 0,42 l/s*m. Für beide Produkte gelten die gleichen Rahmenbedingungen (DIN EN ISO 12958, i= 0,03, 20 kPa Auflast). Obwohl das erste Produkt die zweifache Höhe besitzt, ist seine Dränkapazität gegenüber dem zweiten Produkt deutlich geringer.
Dränkapazität sichert die Vergleichbarkeit
Der zunächst naheliegende Weg, einfach eine bestimmte Mindesthöhe festzulegen, um Produkte mit ausreichender Dränleistung zu bestimmen, geht also ins Leere. Ebenso ist der Leistungsvergleich zwischen Produkten nur auf der Grundlage ihrer Höhe nicht zielführend. Die Dränkapazität und das Wasserableitvermögen hingegen stellen eine direkte Vergleichbarkeit zwischen Produkten sicher.
Projektbezogene Bemessung als Alternative
Über die Angabe des Wasserableitvermögens lassen sich also klare Anforderungen an die Dränschicht formulieren und geeignete Produkte auswählen. Fehlen solche definierten Vorgaben, wird eine projektbezogene Bemessung erforderlich, mit der die ausreichende Leistungsfähigkeit einer ausgewählten Dränbahn verifiziert und die maximal zulässigen Entwässerungslängen festgelegt werden. Die bereits erwähnte FLL-Empfehlung verweist in diesem Zusammenhang auf die Bemessung nach DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“ und DIN 4095 „Dränung zum Schutz baulicher Anlagen“.
Für diese Bemessung kann man in den meisten Fällen den technischen Service des Produktherstellers in Anspruch nehmen oder einen Fachplaner beauftragen. Wie man die projektbezogene Bemessung selbst berechnet, zeigen wir anhand eines Beispiels im Infokasten links.
Autor
Michael Freund ist Dachdeckermeister und Anwendungstechniker bei der Dörken GmbH & Co. KG in Herdecke.
Projektbezogene Bemessung
Berechnung für den Nachweis der ausreichenden Dränkapazität und die Ermittlung der maximalen Entwässerungslänge mit der Drän- und Schutzbahn „Delta-Terraxx“. Zur Berechnung sind folgende Informationen notwendig:
Dränkapazität: 0,32 l/s*m (aus Herstellerdatenblatt)
Anfallende Wassermenge:
Durchschnittliche Regenspende r nach DIN 4095: 0,03 l/s*m².
Der Abflussbeiwert C nach Tab. 6 DIN 1986-100 ist abhängig von der Art der Fläche.
Angenommen für ein Gründach bis 10 cm Aufbauhöhe wird der Abflussbeiwert C = 0,5 (bedeutet: 50 % des Niederschlagswassers wird über die Oberfläche abgeführt und gelangt nicht in die Dränebene der Bahnen).
Berechnungsformel für die Entwässerungslänge Le:
Entwässerungslänge = Wasserableitvermögen / (Regenspende *(1-Abflussbeiwert))
Daraus folgt: Le = 0,32 l/s*m / (0,03 l/s*m² (1-0,5))
Le = 21,33 m
Die zur Berechnung herangezogene Dränbahn lässt trotz ihrer Höhe von nur 10 mm unter den angenommenen Bedingungen eine Entwässerungslänge von bis zu 21,33 m zu. Bei anderen Dachaufbauten und Nutzungen können zusätzliche oder abweichende Parameter zur Berechnung erforderlich sein, zum Beispiel die Berücksichtigung von Fassadenflächen, die auf die Flachdachfläche entwässern, zusätzliche Sicherheitsfaktoren bei innenliegender Entwässerung oder Abflussbeiwerte.