Energetische Sanierung von Steildächern
Bei Sanierungen von Dachflächen müssen die gestiegenen Anforderungen an den Wärmeschutz berück-
sichtigt werden. Das kann durch eine Innendämmung geschehen, wie in der dach+holzbau 3.2010 beschrieben. Der zweite Teil über energetische Sanierung beschäftigt sich mit der Außendämmung von Steildächern.
Mit Blick auf die steigenden Energiekosten ist die energetische Sanierung von Steildächern mehr als sinnvoll. Neben den dauerhaften Einspareffekten ist sie zugleich eine Investition in die Zukunft. Eine Anpassung der Wärmedämmung ist also nicht nur dann zweckmäßig, wenn die vom Gesetzgeber beschriebenen Vorbedingungen erfüllt sind, sondern auch überall da geboten, wo der vorhandene Wärmeschutz unzureichend oder gar nicht vorhanden ist. Grundsätzlich gilt, dass bei einer baulichen Veränderung von mehr als zehn Prozent einer Bauteilfläche, die Änderungen dämmtechnisch den aktuellen Anforderungen der derzeit gültigen EnEV entsprechen müssen.
EnEV-gerechte Ausführung der Arbeiten
muss erklärt werden
Nebenabsprachen, die bisher gern zwischen Bauherrn und Fachhandwerkern getroffen wurden, hat der Gesetzgeber durch die Unternehmererklärung einen zusätzlichen Riegel vorgeschoben. Mit der Unternehmererklärung dokumentiert der Fachhandwerker gegenüber seinem Auftraggeber die EnEV-gerechte Ausführung der notwendigen Arbeiten. Falsche Angaben oder Zuwiderhandlungen können mit Geldbußen bis zu 50 000 Euro geahndet werden. Besteht der Bauherr – was ja nicht selten der Fall ist – dennoch darauf, das Bauteil ohne eine Anpassung der Wärmedämmung zu sanieren, sollte der Fachhandwerker den Kunden von der Notwendigkeit der EnEV-Anforderungen überzeugen oder den Auftrag ablehnen. Wenn der Bauherr eine Ausnahmebestätigung nach § 24 oder eine Befreiung nach § 25 der EnEV besitzt, oder er die Dämmmaßnahmen im Nachgang selbst durchführen will, sollte sich das der Fachhandwerker schriftlich bestätigen lassen.
Aufdoppeln der Sparren ist die technisch
einfachste Lösung
Eine Neudeckung des Daches zählt zu den baulichen Veränderungen, in deren Zusammenhang auch die Dämmung erneuert oder angepasst werden muss. Bei der energetischen Sanierung von außen kann durch Aufdoppeln der Sparren die Dämmstoffdicke angepasst werden. Da im Regelfall bei einer Neudeckung die vorhandenen Schichten bis zu den Sparren abgetragen werden, ist eine Erhöhung der Sparren die technisch einfachste Lösung zur Anpassung der Wärmedämmung.
Je größer der Sparrenquerschnitt, desto besser
die Dämmergebnisse
Auch wenn die EnEV es bei der nachträglichen Dämmung des Steildaches zulässt, bei Ausführung einer Zwischensparrendämmung allein die vorhandene Sparrenhöhe voll zu nutzen, empfiehlt es sich im Interesse der erzielbaren Energie- und Heizkosteneinsparung, den sonst geforderten U-Wert von 0,24 W/m2K mindestens einzuhalten. Bei Verwendung einer Mineralwolle der WL 040 (Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit λ=0,040 W/mK) bedeutet das eine Dämmdicke von 200 mm. Kommt eine Mineralwolle der WL 035 zum Einsatz, reicht eine Sparrenhöhe von 180 mm. Liegt die WL der eingesetzten Mineralwolle gar bei 032, sollte der Sparren mindesten 160 mm hoch sein. Die angegebenen Werte sind natürlich nur Annäherungswerte. Letztlich ist mit Hilfe von kostenlosen Tabellen oder Berechnungstools der tatsächliche Wert objektbezogen zu ermitteln.
Zukunftsfähig sanieren mit entsprechender Dämmdicke
Jedoch wird deutlich, dass mit einer Sparrenerhöhung auf 200 mm oder 220 mm und dem Einsatz von Mineralwolle der WL 035 oder WL 032 nicht nur der aktuelle U-Wert problemlos zu erreichen ist, sondern auch eine zukünftige Verschärfung des U-Wertes erfüllt werden kann. Bei der Beratung des Bauherrn ist darauf hinzuweisen, dass eine spätere Nachrüstung der Dämmung in der Regel nicht rentabel ist. Vielmehr sollten bei der Neudeckung und -dämmung eines „alten“ Steildaches zukunftsfähige U-Werte erreicht werden. Die Mehrkosten zahlen sich durch die Einsparungen beim Energieverbrauch aus.
Zunächst Rückbau, dann Vorbereitung für den Neuaufbau
Praktisch ist bei der energetischen Sanierung und Neudeckung eines Steildaches zunächst die vorhandene Deckung samt Lattung (Trag- und Konterlattung) zu entfernen. In den meisten Fällen findet sich in der Dachkonstruktion keinerlei Dampfbremse. Diese muss bei der nun folgenden Dämmung der Sparrenzwischenräume ebenfalls mit angeordnet werden. Um etwaige Beschädigungen der Dampfbremse, die gemäß der Fachregeln auch die raumseitige Luftdichtheit sicher stellen soll, zu vermeiden, sollte zunächst ein etwa 30 mm dicker Dämmfilz in das Sparrenfeld eingelegt werden. Er dient als sogenannter „Nagelschutz“ für die darüber zu verlegende Dampfbremse.
Dampfbremse luftdicht anschließen
Anschließend wird die Dampfbremse – hier sollten nur Dampfbremsen verwendet werden, die vom Hersteller für diese Anwendung empfohlen werden – über die Sparren und in die einzelnen Sparrenfelder geführt. Sowohl an den beiden Giebelseiten, etwaigen Wandanschlüssen von Gauben und auch an der Traufe muss die Dampfbremse dauerhaft luftdicht angeschlossen werden. Gleiches gilt für die sich überlappenden Dampfbremsbahnen. Auch diese sind sorgfältig und luftdicht miteinander zu verkleben. Sollte bis dahin die Aufdoppelung noch nicht erfolgt sein, werden jetzt vom Dachdecker entsprechende Hölzer verschraubt. Nachfolgend kann in die Sparrenfelder die Dämmung verlegt werden.
Sorgfältige Verlegung schützt die Dämmung
Eine passende Unterspann- beziehungsweise Unterdeckbahn wird über Sparren und Dämmung gezogen und auf den Sparren mechanisch fixiert. Sich überlappende Bahnen sind sorgfältig untereinander zu verkleben. Häufig werden Unterspann-/Unterdeckbahnen mit schon integrierten Klebebändern angeboten, das erleichtert das Arbeiten. Entlang der Sparren und unterhalb der Konterlatten verklebte Nageldichtbänder schützen die Konstruktion vor Feuchtigkeit (diese könnte durch die Nagelung der Konterlattung in die Konstruktion eindringen und die Dämmleistung mindern). Abschließend kann die Traglattung fixiert werden und die Deckung des Daches erfolgen.
Wann wird die Unterspannbahn zur Behelfsdeckung?
Insbesondere bei unbeständigen Witterungsverhältnissen werden energetische Sanierungen von außen ja nur abschnittsweise ausgeführt. Hier dient die Unterspannung/Unterdeckung dann häufig auch als Behelfsdeckung. In solchen Fällen muss die Unterspann-/Unterdeckbahn auch für die Nutzung als Behelfsdeckung geeignet und gekennzeichnet sein, also der Klassifizierung USB-A oder UDB-A entsprechen. Grundsätzlich sind auch hier die Anforderungen des Regelwerkes des Deutschen Dachdeckerhandwerks zu beachten.
Fazit: können kommt von kennen
Wie bei der energetischen Steildachsanierung von innen ist auch die Sanierung von außen eine anspruchsvolle und detailreiche Handwerkerleistung. Doch neben den manuellen Fähigkeiten zählt auch die Beratungsleistung des Dachhandwerkers. Um zukunftsfähig zu sanieren, muss im Vorfeld ausreichend Zeit in die Planung und Berechnung investiert werden, um den Bauherrn von der vorgeschlagenen Lösung zu überzeugen. Entsprechende Hilfsmittel wie Berechnungsprogramme werden von den meisten Dämmstoffherstellern kostenfrei angeboten. Sowohl für die Planung und Beratung wie auch für die Ausführung gilt: können kommt von kennen.
AutorSven-Erik Tornow ist Baufachjournalist sowie Fachautor und betreibt eine Agentur in Köln.