Aussegnungshalle aus Holz, Glas und Erde
Der Glaskubus der Aussegnungshalle von Schönaich besteht aus einer Holzkonstruktion mit sich anschließendem Massivbau. Die Dächer der aneinander gesetzten Bauten wurden mit einer extensiven Dachbegrünung versehen und gliedern sich so hervorragend in die Umgebung ein.
War die Begleitung von Trauerfällen bislang die traditionelle Aufgabe der großen Kirchen, verändert sich die Situation durch die wachsende Zahl von Konfessionslosen und Angehörigen anderer Religionen. Aus der kirchlichen wird zunehmend eine kommunale Angelegenheit, die entsprechende Räume benötigt. So ließ sich die Gemeinde Schönaich eine neue Aussegnungshalle errichten, die nun allen Trauernden als Ort der Andacht zur Verfügung steht.
Die Aussegnungshalle in Schönaich ist als einfacher Glaskubus konzipiert. Das Gebäude ergänzt, als moderner Kontrapunkt, das bestehende Ensemble aus der historischen evangelischen Sandsteinkirche, dem evangelischen Gemeindehaus aus den 1920er Jahren und dem historischen Friedhof. Das Raumprogramm setzt sich aus der Halle mit 160 m² Nutzfläche und den erforderlichen Funktionsräumen zusammen. Die Halle ist unterschiedlich nutzbar, die Trauergemeinde kann sich in beiden Hallenlängsrichtungen oder auch zur Hallenmitte orientieren.
Konstruktionen: Holzbau und Massivbau
Der Hallenbaukörper ist als Holzkonstruktion, die sich L-förmig anschließenden Funktionsräume sind als Massivbaukonstruktion konzipiert. Das Material Holz bestimmt dadurch auf vielfältige Weise und wesentlich den Charakter der Aussegnungshalle. Die Tragelemente der Hallendachkonstruktion bestehen aus 16 Brettschichtholzrippen, die im Raster von 1,05 m angeordnet sind und paarweise mit einer Holzwerksstoffplatte zu acht p-Platten verleimt werden. Im selben Raster stehen sehr schlanke, rund 7,20 m hohe Brettschichtholzstützen. Ihre Querschnittsmaße betragen 7 cm auf 40 cm. Die Stützen leiten die Vertikallasten aus den Hauptträgern in die Bodenplatte der Halle ein. Zugleich nehmen sie als Kragarme die Horizontallasten aus Wind auf. Das Einspannmoment am Stützenfuß wird über ein Stahleinbauteil in die Bodenplatte eingeleitet.
Die Konstruktion erhält in etwa 2,40 m und in etwa 4,80 m Höhe einen umlaufenden Horizontalriegel. Die Einzelelemente dieser Holzriegel werden zug- und druckfest, sowie über Eck biegesteif miteinander verbunden. Diese „Gürtel“ verhindern das seitliche Ausweichen (Knicken) der schlanken Stützen. Die Aussteifung des Holztragwerkes gegen horizontale Einwirkungen erfolgt über die eingespannten Stützen und die Dachscheibe.
Glasfassade mit horizontaler Holzeinlage
Die tragenden Holzstützen und -riegel dienen gleichzeitig als Tragstruktur für die Fassadengläser. Für die Fassadengläser wurde ein Isolierglas mit einer horizontalen Merantiholzeinlage im Glaszwischenraum eingesetzt.
Dieses Glassystem ermöglicht es, dass der Hallenraum zwar Verbindung zum parkartigen Friedhof nimmt, die Anwesenden jedoch tagsüber vor Einblicken von außen weitgehend geschützt sind. Das einfallende Licht erhält durch die 11 mm breite Holzstabeinlage einen entsprechend der Tageszeit oder Witterung wechselnden Charakter und erzeugt einen ganz besonderen Raumeindruck.
Dächer: flach und begrünt
Die beiden auf unterschiedlichen Ebenen liegenden Dächer der Aussegnungshalle sind extensiv begrünt. Dabei kam die Optigrün-Systemlösung „Naturdach“ in mehrschichtiger Bauweise zum Einsatz: Festkörperdränage Typ FKD 40, Filtervlies Typ 105 und Extensivsubstrat Typ E-leicht. Die Gesamtaufbauhöhe dieses Schichtenpakets beträgt etwa 15 cm, das Gewicht im wassergesättigten Zustand etwa 170 kg/m². Durch die Verwendung der 4 cm hohen Festkörperdränage FKD 40 ist der Gründachaufbau auch bei gefällelosen Dächern geeignet und kann selbst bei temporär stehendem Wasser bis zu 3 cm tolerieren und die darüber liegende Substratschicht vor Vernässung bewahren.
Für die Ausführung der Dachbegrünung wurde der spezialisierte Optigrün-Partnerbetrieb Garten Moser aus Reutlingen beauftragt, der die beiden Dächer innerhalb eines Tages begrünt hat. Die erfahrenen Gründach-Kolonnen von Garten Moser begrünen Dächer in ganz Süddeutschland und zählen zu den erfolgreichsten Begrünern in Deutschland.
Die Dränageplatten wurden mittels Kran und das Substrat pneumatisch mit einem Silo-LKW auf das Dach befördert. Die Vegetation wurde im letzten Arbeitsschritt mit dem Optigrün-Saatgut Typ E und Sedum-Sprossen aufgebracht.
Der Fachbereichsleiter von Garten Moser, Martin Hankiewicz, war mit dem Ergebnis voll zufrieden: „ Auch wenn nur die weiter unten liegende Dachbegrünung von den Besuchern des Friedhofs zu sehen ist, ergibt sich für sie und die benachbarten Anwohner ein harmonisches Zusammenspiel von Architektur, Natur und Besinnung“, so sein Resümee.
Autoren
Dipl. Ing. Eckhard Ernst in Inhaber des Planungsbüros Ernst in Stuttgart, Dr. Gunter Mann ist Prokurist und Marketingverantwortlicher bei der Optigrün international AG in Krauchenwies.
„Mit dem Bau ergibt sich ein harmonisches Zusammenspiel von Architektur, Natur und Besinnung“