Praxiswissen für die Dachentwässerung

Seminar Flachdachentwässerung 1 am SitaCampus in Rheda-Wiedenbrück

Das Seminar „Flachdachentwässerung 1“ am Sita Campus vermittelt Dachdeckern und Zimmerern Grundlagenwissen für die Dachentwässerung. Teilnehmer erhalten Tipps und Tricks für die Arbeit von der Sita-Anwendungstechnik, lernen neue Produkte und die Produktion von Dachgullys kennen. Zur Zeit wird das Seminar vor Ort nicht angeboten, Sita bietet aber Webinare zur Flachdachentwässerung an.

Eine kurze Vorstellungsrunde zu Beginn des Seminars „Flachdachentwässerung 1“ am 10. März 2020 zeigte, dass die Teilnehmer mit ganz unterschiedlichen Erwartungen angereist waren: Olaf Müller und Marian Warzecha von der Hetland Flachdachabdichtung + Bauklempnerei GmbH aus Vlotho etwa, arbeiten schon seit Jahren mit Sita-Produkten. Für sie diente das Seminar dazu, neue Produkte kennen zu lernen und Tipps für die Praxis zu erhalten. Aber auch Handwerker, die bisher noch wenig mit dem Thema Entwässerung zu tun hatten, waren zum Seminar gekommen. So wie Reinhard Hübner von der Zimmerei und Dachdeckerei Mohr aus dem bayerischen Leutershausen, der mit zwei Kollegen aus dem Betrieb angereist war. Auch die Redaktion der dach+holzbau nahm an dem eintägigen Seminar am Sita Campus in Rheda-Wiedenbrück teil.

Zu Beginn des Seminars zeigte die Referentin Ute Weiß die Unterschiede von Freispiegel- und Druckentwässerungssystemen. Am weitesten verbreitet ist die Freispiegelentwässerung. Dabei werden Niederschläge über viele Fallleitungen in das Grundleitungsnetz entwässert. Jedem Dachgully ist ein Fallrohr zugeordnet, das Rohrleitungssystem ist im Gefälle verlegt und teilgefüllt. Der Nachteil bei diesem System ist, dass viele Fallrohre im Gebäudeinneren verlegt werden. Außerdem sind umfangreiche Erdarbeiten nötig, um das Grundleitungsnetz zu erstellen.Anders ist es bei der Druckstromentwässerung: Hier sind viele Dachabläufe an eine gemeinsame Leitung angeschlossen, die direkt unter dem Dach verläuft. Wenn Regenwasser über die Dachgullys in die Rohre strömt, verhindern so genannte „Airstops“, dass Luft mitgezogen wird. Sobald die Rohre vollgefüllt sind, entsteht im Rohrinneren ein Unterdruck – das Wasser wird so sehr schnell in die Grundleitung abgeleitet. Die Druckstromentwässerung eignet sich für große Produktionshallen, in denen viel Freiraum im Halleninneren benötigt wird, ist aber aufwendiger in der Planung.

Notentwässerung wird bei Starkregen aktiv

„Wenn bei einem Starkregenereignis mehr Niederschläge anfallen, als die Kanalisation aufnehmen kann, kann es zu einem Rückstau des Wassers bis auf das Dach kommen“, erklärte Ute Weiß. Daher sollte neben der Hauptentwässerung ein zweites, unabhängig verlaufendes Entwässerungssystem installiert werden, die Notentwässerung. „Jede Dachfläche beziehungsweise jeder durch die Dachkonstruktion vorgegebene Tiefpunkt muss über eine Notentwässerung verfügen“, heißt es dazu in der DIN 1986-100. Dabei seien DIN-Normen zwar keine Gesetze, es sei aber sinnvoll, sich nach deren Vorgaben zu richten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, so Weiß. Eine Besonderheit gibt es bei Massivdecken, hier ist gegebenenfalls keine Not-entwässerung bei einer Regenrückhaltung auf der Dachfläche nötig. Dazu gehören aber keine Holzdecken, diese zählen zu Dächern in Leichtbauweise, bei denen die Notentwässerung Pflicht ist.

Regenrückhaltung mit Gründächern

Neben der Notentwässerung ist die Regenrückhaltung auf dem Dach eine sinnvolle Maßnahme, um die Kanalisation zu entlasten. Gründächer spielen dabei eine wichtige Rolle, sie halten Regenwasser im Substrat zurück und lassen es zeitverzögert abfließen. Durch eine dicke Dachbegrünungsschicht und gedrosselte Dachabläufe mit der „SitaMore Retention“ wird die Abflussmenge geringer. Das bedeutet konkret: Bei einer intensiven Dachbegrünung ab 30 cm Höhe werden nur etwa 20 Prozent des Regenwassers der Entwässerung direkt zugeführt. Das restliche Wasser verdunstet oder fließt zeitverzögert ab. Eine andere Möglichkeit zur verzögerten Ableitung von Regenwasser ist die Rückhaltung auf dem Dach durch Retentionsboxen. Dafür müsse allerdings die Statik des Daches ausgelegt sein, so Weiß.

Wartung wird nicht immer ausgeführt

Nicht nur Starkregen kann eine Belastung für das Dach sein, fehlende Wartung kann ebenso zum Wasseranstau auf dem Dach führen, wenn Dachabläufe verstopft sind. Dach- und Notabläufe sollten daher halbjährlich gewartet werden, dazu gehören die Reinigung, das Entfernen von Unrat und der Austausch von fehlenden oder defekten Teilen. Das visuelle Prüfen aller sichtbaren Leitungen auf Dichtheit, Befestigung oder Korrosion sollte jährlich durchgeführt werden, so steht es in der DIN 1986 -3, November 2004. „Die Wartung sollten Handwerker ausführen, die sich auf dem Dach auskennen, also Dachdecker, Bauklempner oder Zimmerer“, betonte Ute Weiß. Einer der Seminarteilnehmer entgegnete allerdings, dass Dachdeckerbetrieben die Zeit und Manpower fehle, um Wartungen durchzuführen. Olaf Müller von der Hetland Flachdachabdichtungen + Bauklempnerei GmbH hingegen berichtete, dass sein Betrieb regelmäßig Wartungen von Dächern anbiete und damit gute Erfahrungen mache.

Vom PU-Schaum bis zum Gully

Nach dem theoretischen Teil des Seminars ging es praktisch mit einer Führung durch die Produktion durch den Sita-Mitarbeiter Christian Cavallo weiter. „700 Dachgullys werden bei uns pro Schicht produziert“, erklärte er dabei. Dabei werden die Gullys überwiegend aus Polyurethan hergestellt, wofür die Grundstoffe Polyol und Isocyanat gemischt werden. Über Schläuche werden diese Stoffe direkt zu den Maschinen geführt. Dort werden sie zu PU-Schaum gemischt, der unter hohem Druck in einer Form aushärtet und gleichzeitig mit einer Anschlussmanschette verbunden wird, beispielsweise aus Bitumen. Jeder Gully wird dabei nach Abschluss des Pressvorgangs einzeln händisch herausgenommen, optisch auf Fehler überprüft und nach Abkühlen des Materials zum Versand weitergegeben.

Für barrierefreies Bauen

Im Anschluss an die Werksführung ging es in den Sita-Showroom. Dort stellte der Anwendungstechniker und gelernte Dachdecker Thomas Dreisilker das Sita-Sortiment vor. „Wir bieten für die meisten Sanierungsfälle Lösungen“, betonte er und stellte Gullys für die In-Topf-Sanierung vor. Dreisilker zeigte auch das in diesem Jahr erweiterte „SitaDrain“-Sortiment für genutzte Dachflächen, ­Terrassen und Balkone. Dieses schützt bei bodentiefen Fenstern und Türen vor Wassereintritt ins Haus. Die Kastenrinnen und Entwässerungsroste des Sortiments sind seit diesem Jahr mit einem neuen Längsstabrost und vier neuen Designrosten erhältlich. Der „SitaDrain Terra“-Entwässerungsrost und die „SitaDrain Kastenrinne“ werden dabei auf vier stufenlos einstellbaren Gummifüßen positioniert und beispielsweise über Flächengullys und vor Balkontüren eingesetzt. Die neuen Gelenkfüße des Rostes sind dabei flexibler als bisher: Über ein Kugelgelenk sind sie mit den Fußtellern verbunden, sodass sie sich Bodenunebenheiten flexibel anpassen. Ohne Gelenkfüße kommt der „SitaDrain Terra-Profilrahmen“ für Balkone und Terrassen aus. Er wird einfach an drei Seiten auf den Plattenbelag gelegt und kann so bis an die Attika geführt werden. Da er keine Füße benötigt, bleibt unter dem Rahmen Platz, beispielsweise für Stelzlager oder den bei Bitumenabdichtungen erforderlichen 45°- Keil.

Produkte kennen lernen, Kontakt intensivieren

Für Dachdeckermeister André Gersdorf, Inhaber eines Dachdeckerbetriebs im sächsischen Pulsnitz (Oberlichtenau) hatte sich die lange Anreise zur Schulung gelohnt. Sein Betrieb habe fünf Mitarbeiter und führe mehr Steildach- als Flachdacharbeiten aus, so Gersdorf. „Wenn wir aber Dachgullys einbauen, nutzen wir meist Sita-Produkte“, sagte der Dachdeckermeister. Die Schulung am Sita Campus besuchte er, um auf dem Laufenden zu bleiben über aktuelle Produkte und um den Kontakt zu Sita zu intensivieren.

Ein anderer Teilnehmer des Seminars „Flachdachentwässerung 1“ wird auf jeden Fall wiederkommen: Daniel Band vom Bedachungsfachhandel Luttmann aus Lippstadt, der für seine Kunden Flachdachentwässerungssysteme plant und verkauft. „Wir wollen unseren Kunden auch eine Schulung zum Thema Dachentwässerung anbieten“, erklärte Band, „und ich denke, dass diese Schulung dafür gut geeignet ist.“

Autor

Stephan Thomas ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Sita Campus: Beratung und Weiterbildung

Der Sita Campus in Rheda-Wiedenbrück wurde im November 2018 eröffnet und bietet seitdem Schulungen rund um die Dachentwässerung. Dabei geht es um Themen wie Flachdach-, Balkon- und Attikaentwässerung oder Brandschutz. Der Sita Campus befindet sich am Firmensitz im Aurea-Gewerbepark in Rheda-Wiedenbrück. Aktuell finden vor Ort auf dem SitaCampus keine Seminare statt, es werden aber Web-Seminare angeboten: https://sitaseminare.sita-bauelemente.de .  

Das Team der Sita-Anwendungstechnik bietet Dachhandwerkern einen Berechnungsservice, Hilfe bei der Produktauswahl und führt auf Wunsch auch Beratungsgesprächen auf Baustellen und im Betrieb durch. Die Sita-Anwendungstechnik erreichen Sie unter der Tel. 02522/8340-160 oder per Mail an: info@sita-baulemente.de.

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