OSB-Platten für Dach- und Deckenscheiben und den Innenausbau
OSB-Platten sind in Deutschland seit über 30 Jahren auf dem Markt und für Zimmerer und Dachdecker fast unverzichtbar geworden. Im ersten Beitrag unserer zweiteiligen Serie wurden die Eigenschaften von OSB-Platten beschrieben. Teil 2 widmet sich der Anwendung von Dach- und Deckenscheiben sowie dem Innenausbau mit OSB-Platten.
OSB ist ein multifunktionaler Werkstoff, der oft im Holzrahmenbau, aber auch bei der Ausbildung von Deckenscheiben eingesetzt wird. Unterschieden werden OSB 1,2,3 und 4 hinsichtlich ihrer Dichte und Tragfähigkeit, dies wurde im Teil 1 des Beitrags erörtert.
OSB als Unterdeckplatte und Dachüberstand
Da OSB kein explizit diffusionsoffener Holzwerkstoff ist, scheidet die Anwendung als Unterdeckplatte in der Regel aus. Zudem wäre bei Verwendung als zweite wasserführende Ebene eine zusätzliche Feuchteschutzbahn erforderlich. Sollen OSB-Platten als Schalung oder Tragkonstruktion eines sichtbaren Dachüberstands verwendet werden, ist, wie bei anderen Holzwerkstoffen auch, Vorsicht geboten. Das Risiko einer Schimmelbildung durch den Auskühlungseffekt aufgrund starker Wärmeabstrahlung ist vor allem bei flachen oder flach geneigten Dächern mit dünnem, wenig Wärme speicherndem Dachaufbau gegeben, zum Beispiel bei Metalldachdeckungen. In diesen Fällen wird neben einer Überdämmung von etwa 30 mm zusätzlich eine schimmelpilzhemmende Beschichtung oder eine Massivholzschalung empfohlen.
Dach- und Deckenscheiben mit OSB-Platten
Für die Ausführung von aussteifenden Dach- und Deckenscheiben mit tragenden Beplankungen aus OSB gelten die in DIN EN 1995-1-1 gestellten Anforderungen. Zu beachten ist dabei Folgendes:
-Beplankung rechtwinklig zur Balkenlage verlegen
-Plattenstöße möglichst versetzt anordnen
-Stöße in Längsrichtung sind auf Balken auszuführen
-Kontinuierliche Verbindung mit der Balkenlage herstellen
-Umlaufenden Druck- und Zuggurt anordnen
Aufgrund der höheren Tragfähigkeit in Längsrichtung werden die OSB-Platten im Regelfall quer zur Unterkonstruktion verlegt. Dabei sollte der Balken- oder Sparrenabstand auf die Plattenformate abgestimmt sein, damit kein unnötiger Verschnitt erfolgt. Schwebende Stöße in Längsrichtung sind unzulässig, auch bei Verwendung von Nut und Feder. Nur parallel zur Verlegerichtung der Platten können freie Stöße verbleiben, deren Anzahl aber gegebenenfalls aus statischen Gründen begrenzt ist.
Vom Statiker sollte der Anwender konkrete Vorgaben zur Scheibenausbildung einfordern, insbesondere zur kontinuierlichen Verbindung mit Nägeln oder Klammern (seltener auch Schrauben). Für die Scheibentragwirkung ist zudem ein umlaufender Druck- und Zuggurt in Form eines Randbalkens vorzusehen, der mit den Holzwerkstoffplatten verbunden wird.
Innenausbau mit OSB-Platten
Obwohl OSB eine Platte für den konstruktiven Einsatz ist, wird sie auch gerne für den Innenausbau verwendet. Auch als dekorative Sichtoberfläche wird sie eingesetzt, wobei hierbei Maßtoleranzen und nicht definierte Oberflächenqualitäten zu berücksichtigen sind – darüber sollte der Bauherr informiert sein. Holzfeeling und -haptik sind bei OSB gewährleistet, auch wenn die Oberflächenstruktur eher „wild“ erscheint, was sie jedoch unempfindlicher gegenüber kleinen Beschädigungen macht.
Bleibt die raumseitige Beplankung von Dächern sichtbar, werden die luftdicht zu verklebenden Fugen mit Deckleisten versehen. Vorteilhaft kann hierbei die Kombination mit einer Dampfbremse zwischen OSB und Holztragwerk sein. Eine Verklebung der Nut-und-Feder-Verbindungen ist nicht zulässig, weil dadurch eine großflächige Platte entsteht, deren Längenänderung bei Feuchteschwankungen an angrenzenden Bauteilen Schäden verursachen kann. Sollen die Oberflächen gestrichen oder lasiert werden, empfiehlt es sich, die Platten zu schleifen.
Fußbodenoberflächen mit 22 mm dicken OSB-Platten
Auch Fußbodenoberflächen werden mit OSB-Platten realisiert, wobei die Platte gleichzeitig die Funktion von Trockenestrich und Oberbelag übernehmen kann. Bei der Ausführung sollten die Verarbeitungshinweise der Plattenhersteller beachtet werden. Im Regelfall werden hierfür 22 mm dicke Platten verwendet; mit zwei Lagen orthogonal zueinander verlegten und flächig verklebten OSB-Platten (je 15 mm) entsteht eine noch belastbarere Oberfläche. Neben ausreichend dimensionierten Randfugen ist grundsätzlich ein vollflächiges Abschleifen des Bodens erforderlich, um vorliegende Maßabweichungen auszugleichen. Mit einer abschließenden Versiegelung werden Schraublöcher und kleine Fehlstellen repariert, so dass ein kostengünstiger und robuster Holzfußboden entsteht.
Multifunktionaler Baustoff mit Zukunft
Allein die Anwendungsmöglichkeiten in Dachkonstruktionen und im Dachgeschossausbau zeigen die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von OSB. Nicht umsonst haben sich die in den unterschiedlichsten Formaten lieferbaren Holzwerkstoffplatten vom Außenseiter zum Standardprodukt für Zimmerer, Dachdecker und Heimwerker entwickelt. Zahlreiche Produktionsstandorte, meist in waldreichen Gegenden Europas, sorgen für eine positive Ökobilanz des Baustoffs. Namhafte Hersteller bieten Anwendern und Planern Unterstützung durch technische Beratung, FAQs und Onlineinformationen.
Lesen Sie in Teil 1 unserer Serie mehr über die OSB-Plattentypen und deren Einsatzbereiche.
Daniel Schmidt ist Bauingenieur und Dozent. Er arbeitet in der Erwachsenenbildung sowie als Referent und Sachverständiger. Im Rahmen seiner langjährigen Beratungstätigkeit für den „Informationsdienst HOLZ“ war er an den Schriften Flachdächer in Holzbauweise (2019) Holzrahmenbau (2015) und Holzschutz – Bauliche Empfehlungen (2016) maßgeblich beteiligt. Er lebt in Lauterbach.