Kuppeldach für Synagoge in Regensburg
Die jüdische Gemeinde ließ in der Regensburger Altstadt an Stelle der 1938 zerstörten Synagoge ein neues Gemeindezentrum mit Synagoge errichten. Ein Kuppeldach aus mehrfach gekrümmten Brettsperrholzelementen, eingedeckt mit Stehfalzprofilen, überspannt das neue Gotteshaus.
Im Frühjahr 2015 hatte die jüdische Gemeinde in Regensburg einen Architekturwettbewerb für ein neues Gemeindezentrum mit Synagoge ausgelobt. Gewonnen hatte ihn das Büro Staab Architekten aus Berlin. Der Neubau knüpft mit seiner Dachlandschaft an die niedrigen trauf- und giebelständigen Häuser der denkmalgeschützten Altstadt an. Die massiven, hell geschlämmten Ziegelmauern des Neubaus wurden farblich auf die Putzfassade des Altbaus abgestimmt und über Verglasungen und mehrere Höfe zur Umgebung geöffnet. Ein kleiner, öffentlicher Vorhof lädt Besucher in die Bibliothek ein, ohne dass sie die Zugangskon-trollen im Foyer durchlaufen müssen. Besondere Sorgfalt wurde auf die Gestaltung der Synagoge gelegt, die an der Süd-Ost- Ecke des Neubaus positioniert wurde. Der ruhig proportionierte Raum erhielt eine zweite, nach Osten ausgerichtete Holzschale, deren Lamellen den Verlauf des Sonnen- und Tageslichts gedämpft in den Innenraum übertragen.
Massivholzbauteile für das Kuppeldach
Den gesamten Sakralbau überspannt eine quadratische Kuppelkonstruktion. Deren Form wurde dem Grundriss einer in ein Quadrat gesetzten Kugel mit einer Grundfläche von 13,10 m x 13,10 m und mit einem Radius von r = 25 m nachempfunden. Die Stahl- und Holzbauarbeiten im Bereich der Dachkuppel übernahm der Handwerksbetrieb „Ihr Tischler“ aus Harth-Pöllnitz. Die Brettsperrholzelemente und die Brettschichtholzträger für das Kuppeldach stammen von Züblin Timber, der Hersteller übernahm außerdem die 3D-Planung. Den Auftrag für die Dacheindeckung mit dem „Rib-Roof“-Metalldachsystem von Zambelli übernahm der Handwerksbetrieb Pichler aus Regen in Niederbayern.
Kuppelform und Holztragwerk
Das Holztragwerk der Kuppel ruht auf vier bogenförmigen ausgebildeten Stahlträgern (HEB 160) und vier Rundstützen (Durchmesser 219 mm) mit einer 20 mm starken Wandung. Für die Dachtragschale (Kuppel) verwendete man zwanzig Brettsperrholzelemente aus zweiachsig gebogenen Fichtenholzlamellen. Die BSP-Elemente bestehen dabei aus sieben Schichten und haben insgesamt eine Dicke von 7 x 18 mm = 126 mm. Über den Brettsperrholzelementen folgen zwei Lagen jeweils fünf Meter lange Aussteifungs-Schalung (d=20 mm), die überkreuz verlegt wurden. Hierauf liegen radial und quer angeordnete BSH-Sparren (10/14, Achsradius r = 24,74 m, e =75 cm). Die darauf liegende Dämmung besteht aus hochverdichteter, 12 bis 14 mm dicker Mineralwolle (λ = 0,035 W/m²K), mit einem U-Wert von 0,24 W/m²K. Auf der Raumseite wurden die Brettsperrholzelemente des Kuppeldachs mit einer Lage aus „Kerto“-Furnierschichtholz als Sichtoberfläche versehen.
Aluminiumprofile für große Stützweiten
Den Abschluss des Kuppeldachs bildet ein Metalldachsystem aus „Rib-Roof Evolution“-Aluminiumprofilen. Entsprechend der Kuppelform wurden die etwa 6,25 m langen Stehfalzprofile in konischen Scharen, ohne Bodensicken, vor Ort bombiert (das bedeutet: wölbend verformt) und mit zum System gehörenden Halteclips formschlüssig miteinander verbunden.
Die dampfdiffusionsoffenen Leichtbauelemente „Rib-Roof Evolution“ bieten viele Möglichkeiten der Formgebung. Sie sind so konzipiert, dass keine Spannungen bei Windlasten auftreten und temperaturbedingte Dehnungen aufgefangen werden. Aufgrund der hohen Dilatationsfähigkeit der Profilbahnen in den System-clips kann sich das Material bei Temperaturen zwischen -20 °C und 80 °C schadlos ausdehnen. Auch das Überspannen großer Stützweiten ist möglich, so wie es auch für das quadratische Kuppeldach der Synagoge in Regensburg erforderlich war.
Schnelle Montage durch Formschluss
Die Befestigung der einzelnen „Rib-Roof“-Aluminiumprofile untereinander und des Zubehörs auf den Profilen erfolgen durchdringungsfrei. Die Profilbahnen werden über Halteclips fixiert, die in der Unterkonstruktion verschraubt werden. Für die Verbindung der Aluminiumprofile untereinander nutzt Zambelli das Prinzip des Formschlusses. Darunter versteht man das Ineinandergreifen der benachbarten Profilstege. Die einzelnen Profilbahnen werden in die bereits verlegten Bahnen und die verschraubten Halteclips eingeschwenkt. Zur Vorbeugung von Kippbewegungen oder Hebelwirkungen werden die Halteclips auf die Steghöhe der Profilbahnen angepasst. Dabei gibt die Breite der Profilbahnen die Halteclip-Positionen vor.
Der Formschluss ermöglicht laut Hersteller eine bessere Wasserdampfdiffusionsdurchlässigkeit als mittels Profilbahn-Verbördelungen, die bei der „Rib Roof“-Montagetechnik entfallen. So wird eine dauerhafte Regendichtigkeit erreicht. Für das Kuppeldach der Synagoge wurden alle erforderlichen „Rib-Roof“-Profile passgenau gefertigt, sodass auf der Baustelle keine Anpassungen notwendig waren. Systemkonforme Absturzsicherungen sorgen für die notwendige Sicherheit am Dach.
Auszeichnung im Architekturwettbewerb
Der Bau des jüdischen Gemeindezentrums mit Synagoge wurde durch das Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ und Spenden gefördert. Dieses Jahr wurde der Neubau außerdem im Wettbewerb „Geplant + Ausgeführt“ der Internationalen Handwerksmesse München (IHM) ausgezeichnet. Mit dem Preis wurden sowohl Staab Architekten aus Berlin als Planer als auch die Ihr Tischler GmbH & Co. KG, Züblin Timber und das Ingenieurbüro Dr. Gollwitzer, Dr. Linse und Partner geehrt. Da die Messe IHM dieses Jahr abgesagt wurde, entfiel die Ausstellung der Siegerobjekte mit Preisverleihung vor Ort. Diese soll aber im Rahmen einer Wanderausstellung nachgeholt werden.
AutorinSusanne Ruhrländer war bis 2019 freie Autorin für die Presigno Unternehmenskommunikation in Dortmund und betreute dort die Firma Zambelli bei der Pressearbeit.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Neubau eines Gemeindezentrums mit Synagoge der jüdischen Gemeinde Regensburg, Kuppeldach in Holz-Stahl-Bauweise mit Metalldacheindeckung
Bauzeit 2017-2019
Architekt Staab Architekten GmbH, 10997 Berlin, www.staab-architekten.com
Ingenieurbüro Dr. Gollwitzer, Dr. Linse und Partner, Ingenieure im Bauwesen mbB, 80333 München,
https://drgollwitzer-ing.de
Stahl- und Holzbauarbeiten Ihr Tischler GmbH & Co. KG, 07570 Harth-Pöllnitz
Metalldacharbeiten Pichler GmbH, 94209 Regen, www.pichler-metall.de
Herstellerindex (Auswahl)
Brettsperrholz- und Brettschichtholzbauteile
Züblin Timber GmbH, 86551 Aichach, www.zueblin-timber.com
Dacheindeckung Aluminum-Stehfalzprofile
„Rib-Roof Evolution“, Zambelli GmbH & Co. KG, 94569 Stephansposching, www.zambelli.de