Holzbau mit karbonisierter Fassade in Regensburg
Neue Wege in der ressourcenschonenden Architektur
In Regensburg entstand ein vierstöckiges Wohngebäude aus Holz. Der Bau sticht mit seiner schwarzen Holzfassade ins Auge, die durch gezielte Karbonisierung mit exakter Gradzahl und Verbrennungsdauer für eine besondere Optik sorgt und gleichzeitig einen natürlichen Holzschutz bietet.
Was für ein Blickfang: Mitten in der Innenstadt von Regensburg entstand ein neues Wohngebäude, das die Blicke auf sich zieht. Der moderne, vierstöckige Holzbau steht auf Stelzen, zudem prägen rauchschwarze Fassadenprofile das markante Erscheinungsbild des Gebäudes. Das außergewöhnliche Bauprojekt auf dem ehemaligen Parkplatz der Unternehmenszentrale der Bayerischen Staatsforsten setzt durch eine nachhaltige und klimafreundliche Architektur neue Maßstäbe für Gebäude in Holzbauweise: mit dem Neubau in Holzbauweise, für den etwa 700 m3 Holz verwendet wurden, konnten 500 t CO2 im Vergleich zu einer konventionellen Bauweise eingespart werden. Beim Wachstumsprozess des Holzes wird der Atmosphäre CO2 entzogen und im Holz langfristig gespeichert. Der Einsatz von Holz benötigt im Vergleich zu konventionell erstellten Gebäuden 50 Prozent weniger Primärenergie. Vor diesem Hintergrund nimmt der nachwachsende Rohstoff in allen Bereichen des Bauens zunehmend einen hohen Stellenwert ein.
Darüber hinaus wurde durch die Überbauung der vorhandenen Parkfläche in Regensburg das Nutzungspotential der Fläche erheblich gesteigert. Mit einem ideenreichen architektonischen Konzept war es möglich, Parken und Wohnen für eine innerstädtische Nachverdichtung zu vereinen und den Flächenverbrauch für dringend benötigten Wohnraum zu reduzieren.
Baukörper „schwebt“ über dem Boden
„Wir haben zur Unterbringung von kleinen Wohnungen und Appartements mit rund 900 m2 Wohnfläche einen hölzernen Baukörper entworfen, der auf Stelzen aufgeständert über dem Boden schwebt“, erklärt der projektverantwortliche Architekt Thomas Feigl bei den Bayerischen Staatsforsten. Dadurch konnten die ebenerdigen Parkplätze weitestgehend erhalten bleiben.
Das markante Erscheinungsbild der modernen Fassade prägen rauchschwarze Profile. Zudem steht der vierstöckige Holzbau auf Stelzen
Foto: Mocopinus
Zu den Zielen des ganzheitlichen, ressourcenschonenden Baukonzeptes gehört es ebenso, ein Stück Natur in das stark versiegelte urbane Umfeld der Stadt zurückzuholen. Auf dem Flachdach des vierstöckigen Gebäudes ist ein Garten mit Bäumen, Sträuchern und verschiedenen Pflanzbeeten zum „Urban Gardening“ zu finden. Dieser attraktive Freizeitbereich über den Dächern von Regensburg soll den Bewohnern als gemeinschaftlich genutzte Grünfläche und zentraler Treffpunkt dienen. „Es wird in Zeiten stets höher werdender Temperaturen immer wichtiger mit begrünten Dächern einen Beitrag zur Verbesserung des städtischen Mikroklimas zu leisten“, so Thomas Feigl.
Ein weiterer Baustein für die gute Ökobilanz des Bauprojektes: Zur Wärmeversorgung und Beheizung des Gebäudes wird der regenerative Rohstoff Holz eingesetzt. Verbunden über eine Nahwärmeleitung mit dem angrenzenden Verwaltungsgebäude der Bayerischen Staatsforsten, versorgt eine zentrale Holzpelletsanlage die Wohnungen mit Wärmeenergie.
Holz-Hybridbauweise schafft neue Möglichkeiten
Die Holz-Hybridbauweise vereint unterschiedliche Materialeigenschaften. Damit werden die jeweiligen Stärken der unterschiedlichen Materialien genutzt. Durch die individuelle Kombination von Holz mit anderen Materialien können beim Bauen optimale Lösungen entstehen. Bei diesem Gebäude wurde das Sockelgeschoss mit seinen V-förmigen Stützen und dem Trägerrost, auf dem der Wohnungsbau steht, wegen der hohen Gebäudelasten mit Buche-Elementen und Stahlträgern errichtet.
Vollholz im Innenausbau sorgt für hohe Wohnqualität
Angeordnet um einen massiven Erschließungskern mit Treppenhaus und Aufzug sind über der tragenden Plattform aus „Baubuche“ und Stahl auf drei Etagen 33 komfortable Wohnungen komplett in Massivholzbauweise entstanden, mit Wänden aus „CLT“-Elementen und massiven Brettstapeldecken. Im Verhältnis zum Gewicht ist das eine sehr leistungsfähige Materialkombination und ideal geeignet für mehrstöckige Wohngebäude sowie nachträgliche Aufstockungen im städtischen Raum. Die massiven Fertigteile aus Vollholz bieten einen hohen Grad an Vorfertigung, was eine schnelle und präzise Bauweise ermöglicht. Auch haben die Massivholzbauteile schall- und wärmedämmende Eigenschaften, regulieren die Raumluftfeuchtigkeit und schaffen so rund ums Jahr ein gesundes und behagliches Wohnklima.
Holzfassade mit Feuer veredelt – dauerhafter Schutz
„Wir hatten über die Fachmedien erfahren, dass durch Mocopinus die jahrhundertealte, traditionelle japanische Methode Yakisugi, die Holzoberflächen mit einem Verbrennen witterungsbeständig macht, weiterentwickelt wurde. Von der Idee, die karbonisierten Fassadenprofile „Carboris“ für unser Projekt einzusetzen, waren wir von Anfang an begeistert“, erzählt Thomas Feigl. Die edlen, rauchschwarzen Oberflächen würden den puristischen Architekturstil des Wohngebäudes hervorragend ergänzen. „Dass die neuartigen Fassadenelemente ohne Einsatz von chemischen Stoffen einen sicheren und langlebigen Holzschutz bieten, hat uns ebenfalls überzeugt“, sagt Thomas Feigl.
Durch die geflämmte Fassade ergeben sich interessante Farbaspekte
Foto: Mocopinus
Mocopinus hat in intensiver Forschungsarbeit spezielle Technologien für die Karbonisierung verschiedener Holzarten entwickelt. „Die Yakisugi-Methode war für uns Neuland und wir haben in aufwendigen Versuchsreihen zahlreiche Anwendungslösungen getestet. Ausschlaggebend für die optimale Karbonisierung der Oberflächen ist die exakt passende Gradzahl und Verbrennungsdauer“, erklärt Mocopinus-Geschäftsführer Eric Erdmann. Nach eigenen Angaben bietet Mocopinus als einziger Hersteller eine Auswahl von karbonisierten Profil- und Holzvarianten in industrieller Fertigung. Die Parameter der Beflammungsprozesse werden dabei an die jeweiligen Materialanforderungen individuell angepasst. „In der größten industriellen Holzbeflammungsanlage Deutschlands können wir zur Fertigung der vielen Ausführungen für den Innen- und Außenbereich hohe Produktionskapazitäten bieten“, erklärt Geschäftsführer Eric Erdmann.
Feingefühl bei der Montage
„Beim Projekt in der Tillystraße haben wir Glattkantbretter aus Nordischer Fichte mit einer Breite von 95 mm und einer Dicke von 22 mm verwendet. Die Bretter sind einzeln sichtbar auf eine Metallunterkonstruktion geschraubt, weil diese Gebäudeklasse eine nicht-brennbare Unterkonstruktion benötigt“, berichtet Christian Platzer von Holzbau Hasl aus Bodenwöhr.
Die geflämmten Fassadenbretter wurden von den Handwerkern auf der Metall-Unterkonstruktion verschraubt
Foto: Mocopinus
Auf die massiven Brettsperrholzelemente wurde zuerst eine luftdichte Folie aufgebracht und darauf die Wandkonsolen befestigt. Anschließend brachten die Handwerker eine Mineralwolldämmung ein. Es folgte die Montage der senkrechten Tragprofile, danach das Anschrauben der Hutprofile. Auf den Hutprofilen wurden die „Carboris“-Hölzer verschraubt. Weil die Fassadenbretter und Hutprofile mit Abstand zur Dämmung montiert wurden, konnte eine Hinterlüftung der Holzfassade erreicht werden. Die Schnittkanten wurden schwarz gestrichen, um ein einheitliches Bild zu erreichen. „Bis auf etwas mehr erforderliches Feingefühl verlief die Montage ähnlich wie bei anderen Holzschalungen. Bei der Verarbeitung der Fassadenbretter galt für die Monteure der Grundsatz der Schornsteinfeger: man wird nicht schmutzig, sondern schwarz“, erzählt Christian Platzer mit einem Schmunzeln. Soll das Abfärben der Bretter vermieden werden, bietet Mocopinus die karbonisierten Profile auch mit einer speziellen Beschichtung („Coating“) an.
Die Oberflächen der eingesetzten „Carboris“-Fassadenprofile aus Nordischer Fichte wurden unter speziellen Bedingungen mit Feuer veredelt. Das Verkohlen bewirkt eine Verdichtung der Holzzellen. So bildet sich ein langlebiger, natürlicher Schutz vor Wasser, Verwitterung, Schimmel und Insektenbefall. Auf chemische Holzschutzmittel oder Farbanstriche, die in regelmäßigen Abständen zu erneuern sind, kann somit dauerhaft verzichtet werden. Bei der kontrollierten Verbrennung umhüllt die Oberflächen zugleich eine Ascheschicht. Durch das Verbinden der gegensätzlichen Elemente Holz und Feuer prägt die Fassade eine unverwechselbare Optik, so auch bei der Gebäudehülle des Neubaus der Bayerischen Staatsforsten. Hier erfahren Sie mehr über das Karbonisierungsverfahren von Mocopinus.
Fassade mit natürlichem Holzschutz
Projektleiter Martin Ziegler von der EMZ wohnmanufaktur GmbH sagt rückblickend über das Projekt: „Das Ergebnis dieser neuartigen Fassadengestaltung ist hervorragend gelungen, beigetragen hat auch die konstruktive Zusammenarbeit mit Mocopinus. Während der Montage kamen oft Leute vorbei, die die Fassade anfassen wollten und sich ein Reststück mitgenommen haben.“ Die Fassade sei einfach ein Highlight und ökologisch noch dazu. So wurde kein chemisches Produkt für die Holzfassade verwendet, auch sei keine Endbehandlung notwendig gewesen und auch zukünftig müsse die Fassade nicht gestrichen werden. „Das Farbenspiel bei wechselndem Wetter und vor allem der natürliche Farbton ist wirklich faszinierend“, sagt Projektleiter Martin Ziegler zufrieden.
AutorinElke Hirsch betreut die Fachpressearbeit der Mocopinus GmbH & Co. KG. Sie lebt und arbeitet in Stuttgart.
Bautafel (Auswahl)
Projekt Mehrgeschossiges Wohngebäude der Bayerischen Staatsforsten in Regensburg in Holz-Hybridbauweise mit karbonisierter Holzfassade
Bauleitung Martin Ziegler, EMZ wohnmanufaktur GmbH, Bodenwöhr, www.emzwohnmanufaktur.de
Entwurfs- und Genehmigungsplanung Thomas Feigl und Lisa Schex, Bayerische Staatsforsten
Ausführungsplanung Holzbau Hasl e.K., Bodenwöhr, www.holzbau-hasl.de
Werkstattplanung Holzbau anselm.schoen.holzbau.planung, Witzenhausen, www.holzbau-planung.de
Architekt Thomas Feigl und Lisa Schex, Bayerische Staatsforsten
Holzbau / Fassade Holzbau Hasl e.K.
Bauzeit 10.2019 bis 2.2021