Bauen mit Holz bis zur Hochhausgrenze
Interview mit Matthias Eisfeld vom Landesbeirat Holz NRW zur neuen NRW-Landesbauordnung, die ab 1/2019 giltIn Nordrhein-Westfalen wird das mehrgeschossige Bauen mit Holz ab 2019 leichter. Grund ist die Landesbauordnung 2018, die das Bauen mit Holz bis zur Hochhausgrenze von 22 m ermöglicht. Was das für den Holzbau bedeutet und was sich ändern muss, damit noch mehr mit Holz gebaut wird, darüber haben wir mit Matthias Eisfeld vom Landesbeirat Holz NRW gesprochen.
dach+holzbau: Herr Eisfeld, fallen mit der neuen Landesbauordnung sämtliche Einschränkungen für das Bauen mit Holz in NRW weg?
Matthias Eisfeld: Zwar ist die Bauordnung ein wichtiger und großer Teilbereich im Bauen, aber Industriebauten und Sonderbauten werden über andere Vorschriften geregelt. Insbesondere bei Industriebauten ist der Holzbau neuerdings kaum noch möglich. Es hat sich also etwas getan, aber in vielen Bereichen ist Deutschland noch „holzbauunfreundlich“. Denn auch Hochhäuser lassen sich mit Holz bauen, werden in vielen Ländern gebaut und sollten auch in Zukunft in ganz Deutschland möglich sein.
Nach Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin ist NRW das vierte Bundesland, in dem der Holzbau bis zur Gebäudeklasse fünf zugelassen wurde. Warum ausgerechnet NRW?
Nordrhein-Westfalen ist für uns besonders wichtig, weil es innerhalb Deutschlands das bevölkerungsreichste Bundesland ist und uns einen sehr großen Markt geöffnet hat. Das allein baut schon einen Druck auf, dem man sich nicht entziehen kann. Es ist für mich nur eine Frage der Zeit, bis sich alle Bundesländer dem Holzbau in der Gebäudeklasse 5 (Gebäude höher als 13 m) öffnen.
Wird die neue Landesbauordnung dafür sorgen, dass mehrgeschossige Holzgebäude in NRW schneller zugelassen werden?
So ist zumindest der politische Willen in Nordrhein-Westfalen. Ob sich das wirklich halten lässt, wird man sehen. Man kann zumindest für die Anfangsphase vermuten, dass es hier und da noch Klärungsbedarf gibt. Wenn diese Phase überwunden ist, könnten Holzgebäude in NRW schneller zugelassen werden. Es gibt bereits jetzt einige Baubehörden, die nach der neuen Landesbauordnung vorgehen und da ging es ohne Probleme für den Holzbau.
Mit Massivholzbauteilen darf laut der Landesbauordnung NRW 2018 bis zu acht Geschosse hoch gebaut werden. Welche Vorteile haben Massivholzbauteile, was den Brandschutz angeht?
Grundsätzlich sind massive Baustoffe, also auch Massivholzbauteile, sehr leistungsfähig im Brandschutz. Sie haben keine Hohlräume, die im Brandfall schwer zu kontrollieren sind. Deshalb wird es im mehrgeschossigen Holzbau zum Einsatz von Massivholzbauteilen kommen. Die Holzrahmenbauweise wird eher weniger zum Einsatz kommen.
Massivholzbauteile können einem Brand lange standhalten, ohne ihre Tragfähigkeit zu verlieren. Dennoch hält sich das Vorurteil, dass Holz leicht brennen würde. Warum ist das so?
Im europäischen Kontext ist das eine eher deutsche Meinung. Die hat sich bei uns insbesondere nach dem 2. Weltkrieg in den Bauordnungen verfestigt und dadurch zur Benachteiligung von Holzkonstruktionen in Deutschland geführt.
Wenn man bauen will, dann müssen die Bauteile, egal aus welchem Baustoff sie bestehen, eben die Brandschutzbestimmungen erfüllen, also beispielsweise 60 oder 90 Minuten Feuerwiderstand. Aber es muss geprüft sein und der Rauchschutz muss in dieser Zeit gewährleistet sein. In Deutschland ist man eher oberflächlich mit dem Rauschschutz umgegangen, der insbesondere für den Personenschutz eine deutlich höhere Wichtigkeit hat. Durch den vermehrten Einsatz von Kunststoffen im Bauwesen hat sich dieses Gefahrenpotential erhöht und wird weiter steigen.
Zwar wird in südlichen Bundesländern viel mit Holz gebaut, in Baden-Württemberg waren 2017 etwa 30 Prozent der neu gebauten Wohngebäude überwiegend aus Holz. Im Norden ist der Holzbauanteil deutlich geringer. Warum wird in Deutschland insgesamt so wenig mit Holz gebaut?
Das war vor dem 2.Weltkrieg anders, da hatten die Städte noch einen hohen Holzbau- und Fachwerkanteil. Nach dem Krieg musste Deutschland aber wiederaufgebaut werden und die Bilder von brennenden Städten mit Gebäuden aus Holz, die durch Brand- und Sprengbomben zerstört wurden, waren noch in den Köpfen. Deswegen die Diskriminierungen in den Landesbauordnungen, die den Holzbau im Wesentlichen auf den Dachgeschossbau beschränkten. Außerdem ist der Holzbau durch schlecht, sehr günstig und einfach gebaute Beispiele (zum Beispiel Baracken) in den Ruf gekommen, dass er die modernen Ansprüche des Wohnens nicht erfüllen kann. Inzwischen hat sich der Holzbau aber hohe Qualitätskriterien gesetzt und die Bauherren, die sich für einen Holzbau entscheiden, tragen dazu bei, dass der Holzbauweise immer mehr zugetraut wird.
Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, damit in Deutschland mehr mit Holz gebaut wird?
Wir sind da grundsätzlich schon auf einem guten Weg. Aber in der Ausbildung, vor allem von Architekten und Ingenieuren, muss noch etwas getan werden. Oft fallen die wenigen Vorlesungen mangels Dozenten aus und dann hat der zukünftige Architekt oder Ingenieur wenig Wissen im Holzbau und wird es entsprechend beim Bauen nicht in die Möglichkeiten einbeziehen.
Die Klimaschutzleistung von Holz ist unbestritten und ist inzwischen anerkannt, aber speziell in Deutschland wird das kaum in die Möglichkeiten des Handelns einbezogen. Andere Länder schreiben inzwischen einen Mindestholzanteil im Bauwesen vor oder planen sogar eine steuerliche Entlastung, um Klimaschutzmaßnahmen durchzuführen.
Herr Eisfeld, danke für das Gespräch!
Zur Person
Matthias Eisfeld ist Geschäftsführer des Landesinnungsverbands des Zimmerer- und Holzbaugewerbes in Westfalen. Außerdem ist er Geschäftsführer des Landesbeirats Holz NRW und Chefredakteur des Fachmagazins Holzbau - die neue Quadriga.
Tipp: Mehr über die neue NRW-Landesbauordnung 2018 lesen Sie hier.