Lichtdurchflutet

Das Gerhard Hauptmann-Haus auf Hiddensee ist eines der wenigen, noch im Originalzustand erhaltenen Dichterhäuser. 2011 wurde ein neuer Ausstellungs-Pavillon zu Füßen des historischen Bestandsgebäudes errichtet, der Exponate und Bücher dank des Einsatzes von Flachdach-Fenstern ins rechte Licht rückt.

Von 1926 bis 1943 verbrachte Gerhart Hauptmann jeweils die Sommermonate in Haus Seedorn auf Hiddensee. Hier entstand ein Großteil seines Alterswerkes. Heute kommen jedes Jahr rund 40 000 Besucher, um an Führungen durch das denkmalgeschützte Ensemble teilzunehmen, aber auch, um hochkarätig besetzte Lesungen mit prominenten Schriftstellern und Künstlern zu genießen. Wohn- und Arbeitszimmer, Kreuzgang und Weinkeller sowie Terrasse und Park des bereits seit Mitte der 1950er Jahre als Museum genutzten Areals vermitteln, wie der Künstler auf der Ostseeinsel lebte.

Anlässlich des im Jahr 2012 begangenen Hauptmann-Jahres zum 150sten Geburtstag des Dramatikers und zum 100-jährigen Jubiläum der Überreichung des Literatur-Nobelpreises im Jahr 1912 beauftragte die Gerhart-Hauptmann-Stiftung das Architekturbüro „rutsch+rutsch architektur+szenografie“ mit einer Erweiterung des heute denkmalgeschützten Künstlerhauses. Ein neues Gebäude sollte Raum für Veranstaltungen bieten und zugleich als zentraler Eingang für die Besucher des Museums dienen.

Entsprechend der Bedeutung des Baudenkmals entschieden sich die Architekten für einen eigenständigen und schlichten Neubau, der sich dem historischen Haupthaus einerseits klar unterordnet, sich andererseits aber Besuchern und Passanten unmissverständlich als Eingang zum Museum präsentiert. Hierfür entwarfen die Architekten einen transparenten, tageslichtdurchfluteten Ausstellungspavillon und betteten diesen in eine muldenförmige, natürliche Lichtung des umgebenden Buchenwaldes ein. Dank dieser Platzierung des flachen und rechteckigen Neubaus unterhalb des denkmalgeschützten Ensembles blieben die gewohnten Sichtbeziehungen zwischen Straße und historischem Bestandsgebäude erhalten.

Licht sorgt für Leichtigkeit

Viel Tageslicht im Gebäude soll Offenheit vermitteln. Ein Großteil der Fassaden ist verglast, was einerseits den Bedarf an künstlicher Belichtung reduziert und andererseits den Besuchern den freien Blick auf das historische Haupthaus gewährt. Um das Gebäude noch mehr mit der Umgebung zu verschmelzen, wurden die Schattenspiele der umliegenden Buchenstämme zusätzlich in Siebdrucktechnik auf die Verglasung aufgebracht. In Verbindung mit den realen Bäumen und deren Blätter filtern sie das einfallende Tageslicht und das Spiel von Licht und Schatten verleiht den Räumen im Inneren eine besondere Wirkung.Um noch mehr Licht in die Räume zu bringen, wurden zusätzlich Flachdach-Fenster eingesetzt. Sie sollen die diffuse Helligkeit ergänzen. „Die Nutzung des Gebäudes war klar definiert: Literatur ausstellen und verkaufen. Aufgrund des Lichtmangels in der dunklen Jahreszeit und der großen Beschattung ging es vor allem darum, Licht in den Raum zu bekommen. Deshalb haben wir von Anfang an mit Flachdach-Fenstern geplant”, erklärt Architekt Torsten Rutsch.

Eingebaut wurden die fünf festverglasten Flachdach-Fenster (Hersteller Velux) vom Dachdecker-Unternehmen B. Weidemann & Weidemann aus Schwerin. Für eine sichere Abdichtung gegen Feuchtigkeit und Wasser mussten bei der Montage der Fenster folgende Arbeitsschritte beachtet werden: Zunächst wurde der Aufsetzkranz des Flachdach-Fensters vollflächig mit einem Bitumenvoranstrich versehen. Dies geschah parallel zu den vorbereitenden Arbeiten, damit der Anstrich bis zum Verschweißen der Abdichtungsbahnen vollständig durchgetrocknet ist. Anschließend wurde von den Dachhandwerkern das Fenster über die jeweiligen Dachöffnungen gehoben und im Untergrund verschraubt. Die Abdichtungsarbeiten begannen mit dem Setzen der zweiteiligen Eckausbildungen für die Zwischenlage. Gemäß Flachdachrichtlinien müssen dabei alle Überdeckungen mindestens 8 cm betragen. Anschließend führten die Handwerker die erste Abdichtungslage bis auf den Aufsetzkranz heran und verschweißten sie auf der Dachfläche. Hierbei und bei allen weiteren Schweißarbeiten musste darauf geachtet werden, eine direkte Beflammung des Aufsetzkranzes möglichst zu vermeiden. Mit den gleichen Arbeitsschritten wurde dann eine zweite Abdichtungslage aufgebracht und anschließend die Kappleisten an der Oberkante des Aufsetzkranzes verschraubt. Zum Abschluss der Montage mussten die Handwerker dann nur noch die Schutzfolien von Aufsetzkranz und Lichtkuppel entfernen und die Kuppel mit den vormontierten Knebelschrauben auf dem Aufsetzkranz befestigen.

Zusätzliches Licht – Gebäudeautomation

Ein sensorgesteuertes LED System unterstützt bei Bedarf die natürliche Belichtung durch die Flachdach- und Fassadenfenster. Für die Beheizung des neuen Pavillons genügt dank der sehr gut gedämmten Holzkonstruktion eine Luftwärmepumpe. Sie wird durch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ergänzt. Eine Grauwasseranlage nutzt das Regenwasser für die WC-Spülungen.

Hell, harmonisch und funktionell

Die besondere Atmosphäre Hiddensees hat viel mit dem Licht und der archaisch anmutenden, naturbelassenen Landschaft zu tun. Die Materialität des Pavillons soll das unterstreichen: Decke, Fußboden und die Pfosten-Riegelkonstruktion der Fassade sind in gebleichtem, hellem Eichenfunier ausgeführt. Dies soll – so die Aussage der Architekten – genauso wie das von der Sonne gebleichte Holzdeck, den Charakter von Treibholz verleihen, das lange im Meerwasser gelegen hat. Mit den Elementen der naturbelassenen Materialien sollen die Farben und die Atmosphäre der Ostseeinsel aufgegriffen werden.

Autorin
Nicola Ende ist Projektmanagerin im Team Architektur / Kommunikation der Velux Deutschland GmbH in Hamburg.

Die Räume sind Licht durchflutet und sollen Offenheit und Behaglichkeit ausstrahlen

Bautafel (Auswahl)

Projekt Ausstellungspavillon am Gerhard Hauptmann-Haus auf Hiddensee

Bauherr Gerhart-Hauptmann-Stiftung

Architekt rutsch+rutsch architektur+szenografie,19205 Drieberg,

www.rutsch-rutsch.de

Zimmererarbeiten Zimmerei Gadow und Rose GmbH, 19348 Perleberg

Dachdeckerarbeiten B. Weidemann & Weidemann, 19061 Schwerin / 22041 Hamburg       

Größe 180 m2, rund 100 m2 Terrassen

Nutzfläche 274 m2 (inklusive Terrassen)

Produkte 1x Velux Flachdach-Fenster 600 x 600 mm

3x Velux Flachdach-Fenster 800 x 800 mm

1x Velux Flachdach-Fenster 1200 x 1200 mm

Im Internet finden Sie weitere Fotos vom Gerhard-Hauptmann-Haus, auch aus der Bauphase. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

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