Drei Abschlüsse in einem Aufwasch
Das Handwerk hat Nachwuchssorgen. Besonders Führungspositionen sind schwer zu besetzen.Noch schwieriger gestaltet sich oft die Suche nach einem Nachfolger. Ein trialer Studiengang soll Abiturienten auf Leitungsfunktionen in Handwerksunternehmen vorbereiten.
Nach Angaben von Handwerkskammern stehen in Deutschland rund ein Viertel aller Handwerksbetriebe zur Übergabe an. Gleichzeitig wird es auf allen Positionen immer schwieriger, geeignete Nachwuchskräfte zu finden. Im Wettbewerb um die fähigsten Köpfe und Hände haben Handwerksbetriebe gegenüber industriellen Arbeitgebern häufig das Nachsehen, da Jobs in der Industrie für junge Menschen attraktiver erscheinen.
In Großbetrieben gibt es geregeltere Arbeitszeiten, umfangreichere Sozialleistungen, mehr Aufstiegsmöglichkeiten und bessere Bezahlung – so lautet das Vorurteil, das ja tatsächlich nicht völlig von der Hand zu weisen ist.
Es gibt aber auch noch ein weiteres Hindernis, das den Weg an die Spitze eines Handwerksbetriebs langwieriger macht, als eine Karriere in der Industrie: der Faktor Zeit. Denn die Anforderungen an den Chef eines Handwerksbetriebs sind nicht kleiner als an eine Managementposition in der Industrie. In beiden Fällen geht ohne ein Studium heutzutage nicht mehr viel. Während der Manager mit diesem Studium auskommt, braucht der selbständige Unternehmer nicht nur betriebswirtschaftliche Kenntnisse, er muss im wahrsten Sinn des Wortes sein Handwerk verstehen.
Bislang bedeutete dies: drei bis dreieineinhalb Jahre betriebliche Ausbildung, danach rund vier Jahre Meisterschule und anschließend noch ein betriebswirtschaftliches Studium. Je nach Gewerk und Art der Weiterbildung nach der Lehre (Vollzeit/Teilzeit) kann ein solcher Bildungsweg von acht bis zu zehn oder gar zwölf Jahre in Anspruch nehmen.
Die Handwerkskammer zu Köln bietet seit 2010 in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) eine Abkürzung an, die – je nach Gewerk – etwa viereinhalb Jahre dauert. Die Verkürzung geht aber nicht zu Lasten der Ausbildungsqualität, sondern wird im Wesentlichen dadurch erreicht, dass Inhalte nicht doppelt gelernt und geprüft werden. Außerdem müssen die Teilnehmer schon parallel zur betrieblichen Ausbildung Onlinevorlesungen und auch Präsenzveranstaltungen der FHM besuchen.
Fachwissen plus Managementkenntnisse
„Wenn man ein mittleres oder größeres Handwerksunternehmen führen will, reicht heute der Meisterbrief als Qualifikation nicht mehr aus“, meint Michael Brücken, Studien- und Weiterbildungsberater der HWK zu Köln. In den Meisterkursen erlernten die Absolventen zwar die Grundlagen der kaufmännischen Unternehmensführung und wie man Lehrlinge ausbildet, darüber hinaus würden aber vor allem fachliche Inhalte des Gewerks vermittelt. „Handwerksbetriebe sind Dienstleistungsunternehmen, die in einem harten Wettbewerb stehen. Neben einem fundierten Fachwissen braucht man als Inhaber heute betriebswirtschaftliche Kenntnisse über Marketing und Verkauf, Betriebsorganisation, Personalführung und andere Managementwerkzeuge“, ergänzt Prof. Dr. Sascha Lord, Leiter der FHM Köln. Der Studiengang Handwerksmanagement sei so konzipiert, dass wissenschaftliche Themen nicht abgehoben, sondern ausgerichtet an den Bedürfnissen und Anwendungen im Handwerk unterrichtet würden.↓
Ausbildung, Meisterschule, Studium
Vorraussetzung für das Triale Studium ist, neben der Hochschulreife, der Nachweis einer Lehrstelle. Darüber hinaus muss man sich an der FHM einer Eignungsprüfung unterziehen. Außerdem ist ein ausführliches Beratungsgespräch in der HWK obligatorisch, unter anderem auch, um die Teilnehmer über den Ablauf, die Finanzierung und die Fördermöglichkeiten zu informieren. Schließlich wird ein Vertrag mit dem Auszubildenden geschlossen, in dem neben Handwerkskammer und Fachhochschule auch der Ausbildungsbetrieb eingebunden ist.
Das Triale Studium beginnt mit der beruflichen Ausbildung, die – wie bei anderen Azubis auch – betriebliche und überbetriebliche Anteile sowie Berufsschule beinhaltet. Die Ausbildungszeit ist allerdings verkürzt auf längstens zweieinhalb Jahre. Parallel dazu müssen die Lehrlinge einmal in der Woche an einer Onlinevorlesung teilnehmen, alle zwei Wochen finden zusätzlich an einem Samstag obligatorische Präsenzveranstaltungen statt. Nach bestandener Gesellenprüfung beginnt das Vollzeitstudium. Parallel dazu finden auch die Meisterkurse statt. Die betriebswirtschaftlichen Bestandteile der Meisterprüfung werden automatisch für das Studium anerkannt. Wurden alle Prüfungen und Leistungsnachweise bestanden erwerben die Absolventen zusätzlich zum Gesellen- und Meisterbrief den Qualifikationsgrad Bachelor of Arts (B.A.) Handwerksmanagement.
In der Broschüre werden 19 mögliche Gewerke aufgelistet, nämlich genau diejenigen, für die die HWK zu Köln Meisterkurse anbietet. In Absprache mit der HWK ist das Triale Studium Handwerksmanagement aber im Prinzip für alle Gewerke möglich. Auch die Reihenfolge: erst Meisterprüfung dann Bachelorarbeit ist nicht in Stein gemeißelt. Allerdings kann der Abschluss erst verliehen werden, wenn auch die Meisterprüfung bestanden ist, da Teile davon ja für das Studium als Qualifikationen nachgewiesen werden müssen.
„Wer sich für dieses Studium entscheidet sollte sich allerdings darüber im klaren sein, dass der Studiengang sehr verschult und durchorganisiert ist und einen regelrechten Stundenplan beinhaltet“, warnt Sascha Lord. Nur so sei das Pensum in der kurzen Zeit zu schaffen. Außerdem werde von Anfang an ein großer Einsatz im Selbststudium erwartet.
Gute Aussichten
„Der Schlüssel ist die Motivation“, relativiert Dachdecker Tobias Setz, der sich zur Zeit in der Phase des Vollzeitstudiums befindet, die Anforderungen an die Teilnehmer des Ausbildungsgangs. Zwar müsse man ständig „abliefern“ und könne es sich nicht leisten, die Zügel schleifen zu lassen, dafür spare man ja aber auch enorm viel Zeit und könne akademische und handwerkliche Qualifikationen verknüpfen. „Wenn man sich von Anfang an darauf einrichtet, dass man mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten und lernen muss, gewöhnt man sich schnell daran und nimmt die Belastung gar nicht mehr so wahr“, bestätigt Tischler Felix Regener. „Das wird später in der Selbständigkeit schließlich auch nicht anders sein, und wir wollen ja keine Angestellten bleiben“, ergänzt Lisa Bussmann. Sie hat auch schon die konkrete Perspektive, den Malerbetrieb ihres Vaters zu übernehmen.
Auch für die anderen Teilnehmer des Trialen Studiengangs, mit denen die Redaktion der bauhandwerk gesprochen hat, ist die Übernahme eines Handwerksunternehmens das wichtigste berufliche Ziel. „Realistisch gesehen werde ich direkt nach dem Abschluss aber noch Defizite in der Praxis haben. Deshalb würde ich gerne noch Arbeitserfahrungen als Angestellter sammeln“, sagt Dachdecker Tim Leuwer. Sorgen um die Zukunft macht sich aber keiner der Studenten. „Wer das geschafft hat, dem stehen eigentliche alle Wege offen. Auch in der Industrie hat man sicherlich gute Chancen“, meint Felix Regener. Eine Vermutung, die HWK-Studienberater Michael Brücken mit Bedauern bestätigt, schließlich sei das Studium ja gerade dazu da, die Karriere im Handwerk attraktiver zu machen.
Die ersten Absolventen sind schon im Beruf
Da das Studium an der privaten FHM nicht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezuschusst wird, müssen die Studenten andere Finanzierungsmöglichkeiten finden. In manchen Fällen unterstützen die Ausbildungsbetriebe ihre ehemaligen Lehrlinge auch in der zweiten Phase, um so qualifizierte und motivierte Nachwuchskräfte an sich zu binden. Häufig sind aber auch die Eltern gefragt. Außerdem kann man Meister-BAFöG beantragen und einen Studienkredit der KfW-Bank in Anspruch nehmen, der zu sehr komfortablen Bedingungen rückzahlbar ist.
Angesichts der hervorragenden Aussichten für die Absolventen hält FHM-Leiter Sascha Lord das im Vergleich zu einer staatlichen Hochschule teurere Studium aber für eine sinnvolle Investition: „Die Studenten erhalten für ihre Studiengebühren als Gegenwert ja auch einen perfekt durchorganisierten Studiengang, der viel Zeit spart“. Kleine Lerngruppen und intensive individuelle Betreuung ermöglichten ein zügiges Studium.
Tatsächlich hat im Mai 2015 der erste Jahrgang das Studium erfolgreich abgeschlossen. Und das trotz der hohen Anforderungen nahezu vollständig. Von 19 Teilnehmern, die sich 2010 eingeschrieben haben, schafften 18 ihren Abschluss – darunter auch Jessica Müller. Sie hat den gesamten Ausbildungsgang nicht nur in der Rekordzeit von exakt 4 Jahren durchlaufen, sondern auch als Jahrgangsbeste. „Ich bin erst im November 2010 als Nachrückerin gestartet und war im November 2014 mit allem fertig“, berichtet die Malermeisterin. Möglich wurde das dadurch, dass sie die Bachelorarbeit schon vor der Meisterprüfung geschrieben hat. „Ich war im Januar mit dem Studium fertig, die Meisterkurse gingen aber erst im März los“, berichtet Jessica Müller. Daher habe sie die Zeit dazwischen genutzt, um wieder im Betrieb zu arbeiten und mit der Bachelorarbeit zu beginnen. Das sei auch sinnvoll, schließlich sind die Inhalte des Studiums und die Routine im Umgang mit der Textverarbeitung zu dieser Zeit noch ganz frisch, wodurch die Doppelbelastung in gewisser Weise aufgewogen werde.
Die hohen Anforderungen, aber auch die finanzielle Belastung des Studiums sind für sie ein zusätzlicher Ansporn gewesen, zügig und fokussiert zu studieren: „Man will einfach fertig werden!“, beschreibt sie das Gefühl während des Studiums. Merklich weniger geworden ist die Belastung seit ihrem Abschluss aber kaum, schließlich ist sie in ihrem Ausbildungsbetrieb (das Malerunternehmen ihres Vaters) direkt nach dem Abschluss voll im Büro eingestiegen und jetzt für das gesamte Rechnungswesen, Marketing und die Auftragsakquise zuständig. „Ich sehe meine Stärken eher im Büro, als auf der Baustelle“, sagt sie. Dort könne sie von ihrem Studium auch am meisten profitieren.
Der Untergrund war zu steinig, die gefallenen Temperaturen machten das Betonieren unmöglich
Mit viel Geschick entstand aus alten Bodendielen ein Regal, Betten und eine Couch
Arbeiten, Klettern, Ski fahren: Ein Dokumentarfilm über das Projekt erscheint erst im Herbst, aber einen Trailer gibt es schon jetzt. Scannen Sie den QR -Code, um zum Video zu kommen.
Das richtige Werkzeug
Die beiden Handwerker haben in den Monaten in der Einöde auf vieles verzichtet – auf gutes Werkzeug aber nicht. Wenn möglich, haben sie auf den lauten Stromgenerator verzichtet und mit akkubetriebenen Maschinen von Mafell gearbeitet. Zudem war das Aggregat zu schwach für die hohen Ströme, die beim Anlauf des Kappschienen-Sägesystems benötigt worden wären. Manuel und Stefan hatten besonders häufig das Kappschienen-Sägesystem „Kss 400 36 V“ von Mafell in der Hand. Es schneidet präzise und ist als Handkreissäge mit und ohne Flexi-Schiene für Längsschnitte, als Kappsäge und als Tauchsäge einsetzbar. Damit wurden beispielsweise die Dielen für den neuen Boden in der alten Kniebohshütte zugeschnitten. Auch die beiden Akku-Bohrschrauber „A10 m“ und „A18 m bl“ von Mafell waren im Dauereinsatz. „Die haben richtig Power und liegen super in der Hand“, sagt Stefan Kiesel rückblickend.