Doppelt gedämmtes Dach
Um die Energieeffizienz seines Fachwerkhauses zu verbessern, entschied sich Architekt Werner Schumacher gegen eine Dämmung der Wände. Stattdessen ließ er das Dach sanieren und dämmen. Dabei setzte er auf eine Kombination aus Aufsparren- und Zwischensparrendämmung.
Eine kleine Gruppe aus Fachwerkhäusern erwartet den Besucher bei Werner Schumacher im idyllischen Reichshof bei Siegen: „Am Anfang stand das 1954 von meinem Vater errichtete Haus“, erzählt Schumacher, „ganz im Stil eines alten Siedlungshauses mit einem quadratischen Grundriss.“ In dem Haus wohnt Schumacher heute nicht nur, er hat darin auch sein Architekturbüro. In zwei weiteren, 1971 und 1994 errichteten Gebäuden sind ebenfalls Büros. Denn Schumacher ist nicht nur Architekt, sondern auch Energieeffizenzexperte der KfW und staatlich anerkannter Sachverständiger für Schall- und Wärmeschutz.
Erste Generation der Glaswolle als Dämmung
Bisher wohnte Schumacher in einem kaum gedämmten Haus: die Außenwände des Fachwerkhauses bestehen zwar aus einem doppelschaligen Mauerwerk. Zwischen dem Fachwerk und einem Innenmauerwerk hatte man vor Jahrzehnten aber nur eine dünne Innendämmung eingebaut. „Die alte Dämmung, die ich vorgefunden habe, war die erste Generation der Glaswolle, auch Engelshaar genannt“, sagt Schumacher. Das rund 300 m² große Schrägdach des Wohnhauses war nicht gedämmt. „Als eine neue Dacheindeckung fällig wurde, war für uns klar: Jetzt nutzen wir die Chance für den Einbau einer Dämmung, um die Energiekosten zu senken“, sagt der Architekt.
Dämmung von innen problematisch
Gerade bei historischem Fachwerk sind die Möglichkeiten einer Dämmung der Außenwände begrenzt. Von außen soll nicht gedämmt werden, damit das Fachwerk sichtbar bleibt. Eine flächendeckende Innendämmung ist aus bauphysikalischer Sicht aber grundsätzlich problematisch. Ein Problem dabei ist, dass Wasserdampf zwischen Wand und Dämmung kondensieren kann und so Schimmel möglich ist. Um das zu vermeiden, kann die Innendämmung mit einer dampfbremsenden Folie abgedichtet werden. Möglich ist das zum Beispiel mit einer gedämmten Ständerkonstruktion, die an der Innenwand montiert wird. So soll vermieden werden, dass Feuchtigkeit in die Dämmschicht und an die Wand gelangt.
Außerdem kommt es auf die Materialität der Innendämmung an. Sorptionsfähige Materialien sind zu bevorzugen (Holzfaser, mineralische Baustoffe).
Mineraldämmplatten als Alternative
Bei Innendämsystemen mit Mineraldämmplatten wird sogar nicht einmal eine Dampfsperre benötigt. Denn die Dämmplatten sind kapillaraktiv, das bedeutet sie nehmen Feuchtigkeit auf und geben sie wieder in den Raum ab. Allerdings ist ein großer Nachteil bei Dämmplatten an der Innenwand, dass Wärmebrücken an Fenstern und einbindenden Wänden entstehen können. Durch ergänzende Dämmkeile soll dieser Effekt vermieden werden. Auch der Platz im Raum wird durch eine Innendämmung kleiner. Für Werner Schumacher kam das Anbringen einer Innendämmung ohnehin nicht in Frage: „Dafür müsste das gesamte Innenmauerwerk aus Bimsstein entfernt werden“, sagt er, „denn eine Innendämmung darf nur direkt auf das Fachwerk aufgebracht werden. Eventuell entstehende Kondensate können dann von der Dämmung aufgesaugt und vom Eichenholz abgeleitet werden. Da der Aufwand jedoch in keinem Verhältnis zum Nutzen steht, habe ich von einer Innendämmung abgesehen.“
Alte Sparren für das neue Dach
Statt der Wände sollte das Dach gedämmt werden. Die Sparren des alten Dachstuhls waren noch in tadellosem Zustand. Sie wurden nach der Abdeckung der alten Ziegel als Basis für den neuen Dachaufbau genutzt. Als erstes bauten die Dachdecker von oben eine 120 mm dicke Zwischensparrendämmung („Klemmrock 035“) ein. Die Mineralwolle wird durch die Spalierlattung gehalten und kann daher nicht absacken. Teilweise mussten die Dämmmatten zurechtgeschnitten werden. Dann verlegte das Team des Dachdeckers Oliver Weller über der Dämmwolle die diffusionsoffene Luftdichtungsbahn „RockTect Meditop“ mit einem sd-Wert von 0,5 m. An schwierigen Anschlussstellen wurde die Bahn mit der pastösen Beschichtung „DeltaLiquixx“ von Dörken abgedichtet.
Aufsparrendämmplatten mit Klebestreifen
Für die zusätzliche Wärmedämmung verlegten die Dachdecker die Aufsparren-Dämmplatten „Masterrock GF kaschiert“ in 140 mm Dicke. Sie sind werkseitig mit einer diffusionsoffenen Unterdeckbahn kaschiert. Die blaue Bahn überlappt an zwei Seiten und ist mit Klebestreifen versehen. Die Kombination aus Zwischensparren- und Aufsparrendämmung war laut Werner Schumacher erforderlich, um die geforderten Dämmwerte der KfW zu erzielen.
Luftdichte Gaubenanschlüsse
Auch die Gaubenwangen wurden mit „Masterrock“-Platten in 140 mm Dicke gedämmt. Der U-Wert des durchgehend in WLG 035 gedämmten Daches liegt insgesamt bei 0,14 W/m²K. Damit liegt der Wert unter dem Richtwert nach EnEV 2014 von Umax = 0,24 W/ m2K. So werden auch die Anforderungen für eine KfW-Förderung eingehalten. Die größte Herausforderung bei diesem Objekt war die Herstellung der luftdichten Ebene. An allen Anschlüssen, etwa im Bereich des Ortgangs oder der Gauben, wurde exakt gearbeitet, um eine Luftzirkulation zuverlässig zu vermeiden.
Kitt zum Abdichten der Giebel
An den Giebeln spritzten die Dachdecker mit einer Silikonkartusche eine etwa 8 mm dicke Kittschicht auf und drückten sie mit den Fingern fest. So kann kein Windzug mehr durch die bestehende Konstruktion der alten Fachwerkwände und der Dachüberstände eindringen. Aufwendig gestalteten sich auch die Detailanschlüsse unter den Gaubenfenstern. Wie auf der Dachschräge wurde zwischen den beiden Dämmlagen die Luftdichtungsbahn verlegt. An den Fensterrahmen und Stichsparren wurde die Bahn mit der „RockTect Multikit“-Klebemasse oder dem „RockTect Twinline“-Klebeband verklebt. Neben den Gauben klemmten die Dachdecker wieder die „Klemmrock 035“-Mineralwolle zwischen die Sparren.
Nageldichtband für jede Konterlatte
Vor dem Verschrauben der 40 x 60 mm Konterlattung auf der Aufsparrendämmung wurde jede Konterlatte mit dem Nageldichtband „RockTect Nailkit“ beklebt. Damit werden Undichtigkeiten, die durch die Schraublöcher in der Konterlatte entstehen, abgedichtet. Ein Nageldichtband ist nach der Fachregel für Dachziegel und Dachsteine vorgeschrieben, wenn die Regeldach-neigung unterschritten wird. Das Dach des Fachwerkhauses hat eine Neigung von 54º und hält damit die Dachneigungswerte für Reformziegel ein.
Zum Abschluss: Reformziegel
Verschraubt wurden die Latten mit 250 mm langen Doppelgewindeschrauben abwechselnd in einem Winkel von 60º beziehungsweise 120º zur Konterlattenebene. Auf die nachfolgend angebrachte 50 x 30 mm Dachlattung verlegten die Dachdecker abschließend die Reformziegel „R 13 S“ in altfarben engobiert von Nelskamp. Sie haben eine fein strukturierte Oberfläche und verleihen damit dem Dach neuen Glanz. Das „S“ steht dabei für „Schiebeziegel“: Die Ziegel sind in der Höhenüberdeckung zwischen 310 und 365 mm variabel, was dem Dachdeckerteam mehr Flexibilität bei der Einteilung der Dachflächen ermöglicht.
Wunsch nach mehr Wohnkomfort erfüllt
In kurzer Zeit erhielt das Fachwerkhaus von Werner Schumacher einen ebenso wärmedämmenden wie langlebigen Dachaufbau. Neben der Energieeinsparung ist natürlich auch der hörbar verbesserte Schallschutz ein Nutzen des neuen Daches. Wichtiger ist aber noch: Alle in Reichshof eingesetzten Dämmstoffe sind diffusionsoffen, sie tragen also auch zum langfristigen Schutz und Erhalt der Bausubstanz und des Fachwerks bei.
Und Eigentümer Werner Schumacher ist überzeugt, dass mehr Wärme bei weniger Heizen in den Wohnräumen bleiben wird. „Der Wunsch nach mehr Wohnkomfort hat sich damit auf alle Fälle erfüllt“, lautet sein Fazit.
Bautafel (Auswahl)
Bauherr/Planung/Architektur Werner Schumacher, Architekt, Sachverständiger für Schall- und Wärmeschutz
Dachdecker Bedachungen Oliver Weller, 51580 Reichshof, www.bedachungenoliverweller.de
Technische Beratung Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH & Co. OHG, Gladbeck, www.rockwool.de
Material Zwischensparrendämmung „Klemmrock 035“, Luftdichtungsbahn „RockTect Meditop“, Aufsparren-Dämmplatten „Masterrock GF kaschiert“, „RockTect Multikit“ Klebemasse, „RockTect Twinline“ Klebeband
Dachziegel „R 13 S“, altfarben engobiert, von Nelskamp
Beschichtung „DeltaLiquixx“ von Dörken