Aufstockung mit Nagelplattenbinder

Wohnen unterm Dach ist beliebt, doch noch immer sind viele Dachgeschosse nicht als Wohnraum vorgesehen. Aus Gründen der Nachverdichtung ist es auch in vielen Fällen machbar, Flachdachbauten als Schrägdach aufzustocken. Möglich ist das unter anderem mit Holzkonstruktionen aus Nagelplattenbindern.

Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Bauinfo-Consult im Februar 2015 unter 400 Hausbesitzern wünscht sich jeder zweite Eigentümer eines Ein- oder Zweifamilienhauses in Deutschland ein bewohnbares Dachgeschoss. Ableiten lässt sich aus der Umfrage, dass das „unter dem Dach wohnen“ positiv besetzt ist. Zudem ist aus diesem Umfrageergebnis auch das Wissen um die Wertsteigerung eines Hauses ablesbar. Für „Häuslebauer“ empfiehlt es sich also in mehrfacher Hinsicht, das Dachgeschoss schon während der Planungsphase als Wohnraumreserve anzusehen und direkt bei der Errichtung als bewohnbare Ebene auszuführen. Auch – und da freut sich die Bundesregierung – um den Flächenverbrauch in Deutschland einzudämmen: Der liegt derzeit bei rund 73 ha pro Tag und soll bis 2020 sukzessive auf nur noch 30 ha täglich zurückgehen.  In diesem Zuge werden wohl Baulandpreise damit nochmals teurer – in den Städten, wo bebaubarer Grund und Boden ohnehin Mangelware ist, aber auch auf dem flachen Land. Ebenso ist anzunehmen, dass Nachverdichtungsflächen in den Innenstädten mehr und mehr zu Spekulationsobjekten werden und brach liegen bleiben,  mit der Folge, dass sich die Wohnungsknappheit in den Ballungsräumen nicht wie erhofft entspannt.

Umorientierung nach oben

„So oder so wird das Bauland der Zukunft mehr und mehr über unseren Köpfen zu suchen sein als unter unseren Füßen. Gebaut wird wieder in die Höhe. Auch die Zahl der Flachdachaufstockungen wird zunehmen“, prognostiziert der Sachverständige Dipl.-Ing. Ralf Stoodt, Obmann im GIN-Ausschuss für Gütesicherung und Normung (GIN = Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte e.V. und den Interessenverband Nagelplatten e.V.).

Das Dachgeschoss ausbauen beugt also der Versiegelung vor und bringt Arbeit: Falls dies der Bauhandwerker noch nicht verinnerlicht hat, könnte er es spätestens ab sofort tun und seine Auftraggeber darauf hinweisen, dass sich mit einem bewohnbar ausgeführten Dachgeschoss – neben der größeren Wohn- und Nutzfläche – eine Wertsteigerung des Hauses verbindet. Die Statik des Dachtragwerks ist also von Anfang an so zu planen, dass das Dachgeschoss typischen Wohnraumbeanspruchungen genügt. Das erspart den Eigentümern die im Verhältnis teureren und aufwändigeren Umbaumaßnahmen Jahre später.

Vorhersehbare Auslastung und Arbeitsspitzen

Neben dem klassischen Abbund bietet sich gerade für kleinere und mittlere Zimmerei- und Dachdeckerbetriebe auch die Zusammenarbeit mit einem Nagelplattenbinderhersteller an. Die Branche geht davon aus, dass rund 100 Unternehmen deutschlandweit über das nötige Know-how und die erforderliche Produktionstechnik verfügen. Rund die Hälfte, also rund 50 Unternehmen deutschlandweit, sind Mitgliedsunternehmen beim GIN. Die Mitgliedsunternehmen der Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte e.V. können ihre Produkte dank großer Hallen wetterunabhängig in Vorfertigung abschließen. Als großen Vorteil sieht der GIN dabei die Terminsicherheit bei allen Aufträgen. Auch um die Statik brauchen sich weder der Architekt noch der Bauherr noch der Dachdecker oder Zimmermann zu kümmern, da die objektspezifische Berechnung der Binderstatik bei GIN-Mitgliedsunternehmen inklusive ist.

Niedrigzinsen positiv für die Bauwirtschaft

„Durch die Niedrigzinsen könnte der Zeitpunkt, sich um eine Dachaufstockung zu Wohnzwecken zu kümmern, kaum besser sein als jetzt gerade“, sagt Diplom-Betriebswirt Joachim Hörrmann. Er ist Geschäftsführer des GIN. Denn attraktiv und werthaltig scheinen seiner Meinung nach derzeit nur Investitionen in den Eigenheimneubau oder in den Umbau beziehungsweise die räumliche Erweiterung gebrauchter Immobilien zu sein – vorausgesetzt, sie befinden sich in attraktiver Lage und sind von der Substanz her gut in Schuss.

Der Auftragsflut Herr werden

Professionelle Zimmerleute und Dachdecker sehen sich bei der guten Auftragslage einer wachsenden Anzahl an Aufträgen im Dachbau gegenüber. Die entsprechenden Arbeiten gilt es einzuplanen, zu koordinieren und fachgerecht auszuführen. „Beim Errichten des Dachtragwerks darf die Qualität auch unter Zeitdruck keinesfalls auf der Strecke bleiben“, fordert der Sachverständige des GIN, Ralf Stoodt. „Um über die erforderlichen Puffer auch bei weiter entfernt gelegenen Bauvorhaben zu verfügen, bietet sich gerade in Zeiten hoher betrieblicher Auslastung und enger Personaldecke der Einsatz von Nagelplattenbinderkonstruktionen an“, ergänzt er.

Arbeitsteiliges Miteinander

Die Arbeitsteilung des Dachdecker- oder Zimmereibetriebs mit einem Nagelplattenbinderhersteller könnte in der Praxis wie folgt aussehen: Die Zimmerei betreut ihre privaten Hausbaukunden und vergibt die Aufträge zur Tragwerksfertigung an das Nagelplattenbinderunternehmen. Der Nagelplattenbinderhersteller liefert alle wettergeschützt gefertigten Studiobinder auf die Baustelle. Die Montage übernehmen dort entweder die bauausführenden Handwerker selbst oder, wenn der Betrieb ausgelastet ist, das Montageteam des Binderherstellers. Auf diese Weise lassen sich Dachtragwerke für Ein- und Zweifamilienhäuser ebenso wie für Mehrgeschoss- und Bürogebäude, Produktions- und Lagerhallen auch in ländlich strukturierten Regionen preiswert erstellen. Das Modell dürfte vor allem in großräumigen Gebieten mit vergleichsweise geringer Handwerkerdichte und weiten Anfahrtswegen zu den Baustellen für alle Beteiligten Vorteile mit sich bringen.

Studiobinder gekonnt montieren

Für die Montage von Studiobindern, die beim Bau bewohnbarer Dachgeschosse zum Einsatz kommen, gelten die gleichen Grundsätze wie für die Montage anderer Nagelplattenbinderkonstruktionen (so etwa beim Hallenbau, Zelt- und Walmdachkonstruktionen oder bei Flachdachaufstockungen). Darüber hinaus sind die baurechtlichen Bestimmungen und bautechnischen Nachweise zu beachten einschließlich der erforderlichen Pläne (das sind in der Regel der Verlegeplan und die Angaben zu Detailausführungen).

Die Nagelplattenbinder werden vom Handwerksbetrieb entweder selbst im Herstellerwerk abgeholt oder auf die jeweilige Baustelle geliefert. Für den ordnungsgemäßen Transport (Selbstabholer) sowie die sachgemäße Entladung, Lagerung und Montage sowie für die Standsicherheit sowohl der Montagezustände als auch des Endzustands ist allein der Montagebeauftragte verantwortlich. Die bauwerksbezogenen Montageunterlagen sind den mit Nachfolgegewerken beauftragten Unternehmern zur Verfügung zu stellen.

Dachlatten/-pfetten werden zur Weiterleitung der Aussteifungslasten herangezogen. Anschlüsse und Stoßausbildungen sind den Konstruktionsplänen zu entnehmen. Manchmal ist es erforderlich, dass bauwerksbezogene und statische Unterlagen zum Beispiel an Heizungs- und Lüftungsbauer weitergeleitet werden müssen (zum Beispiel bei geplanten Einzellasten an bestimmten Stellen des Binders etc.). Diese Herstellerangaben müssen in den mitgelieferten Unterlagen enthalten sein. Falls das nicht der Fall sein sollte, sind sie nachträglich vom Herstellerwerk der Binder anzufordern.

Autor

Achim Zielke M.A. arbeitet als Baufachjournalist in Bad Honnef und ist u.a. für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der GIN zuständig.

Aufstockungen beugen der Versiegelung vor

und bringen dem Handwerker Arbeit

Neumitglieder willkommen

Für Handwerksbetriebe, die die Nagelplattenbindermontage als weiteres Standbein für sich entdecken, bietet sich eine Mitgliedschaft in der Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte e.V. an. Der GIN führt mehrmals jährlich Schulungen unter der Leitung von Experten durch und ist darüber hinaus bestrebt, an qualifizierte Zimmerei- und Dachdeckerbetriebe das RAL-Gütezeichen 601 für die Montage von Nagelplattenbinderkonstruktionen zu vergeben. Auskünfte über die Mitgliedschaft erteilt die Geschäftsstelle im FORUM HOLZBAU, Hellmuth-Hirth-Str. 7,

73760 Ostfildern, gin@nagelplatten.de,

www.nagelplatten.de.

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